Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Die Infrastruktur ist wichtig, aber nicht alles
Spitzenvereine aus der Region möchten bei ihren Entscheidungen auch den Nachwuchs im Blick behalten
- Der „Medienhauslive: Sporttalk“von Schwäbisch Media hat die Situation von vier Spitzenvereinen aus der Region beleuchtet. An der Karlstraße 16 versammelten sich am Donnerstag deshalb vier Clubverantwortliche auf der Bühne. Hauptthema waren die Infrastrukturprobleme, die vor allem die Volleyballer des VFB Friedrichshafen, die Zweitliga-eishockeymannschaft der Ravensburg Towerstars und die Bundesliga-footballer der ifm Razorbacks Ravensburg eint. Auch beim Fußball-oberligisten FV Ravensburg ist trotz struktureller Verbesserungen noch einiges anzugehen, wie der langjährige Sportliche Leiter Fabian Hummel im Talk mit Sportredakteur Thorsten Kern und Michael Meiners von Regio TV berichtete. Für die Veranstaltung meldeten sich rund 140 Besucher an, die auch Fragen stellen und sich um Freikarten für Heimspiele der Vereine bemühen durften.
„Wir sind der Verein, der sich am wenigsten über die infrastrukturelle Situation beklagen kann“, betonte Hummel vom FV Ravensburg. Im September 2023 eröffnete der Oberligist feierlich seine neue Lounge. Das 1,2 Millionen Euro teure Projekt wurde privat finanziert und bietet Platz für 100 Gäste sowie Büros für Trainer und sportlich Verantwortliche. Bald fertiggestellt sein wird das Nachwuchsförderzentrum (NFZ). Aber dennoch gibt es noch offene Themen. „Momentan können wir keine Flutlichtspiele machen“, haderte Hummel. Suboptimal sind außerdem die Platzverhältnisse. Und in den Wintermonaten steht den Fußballteams des FV und des TSB Ravensburg lediglich der Kunstrasenplatz zur Verfügung. Dort herrscht ein dichtes Gedränge, für die Leistungsförderung ist das nicht unbedingt die Wunschsituation. Die Umwandlung eines bestehenden Rasens in einen Kunstrasen könnte Abhilfe schaffen.
Von der Platzthematik im Winter sind ebenso die American Footballer der ifm Razorbacks Ravensburg betroffen. Auch ihre Trainingsmöglichkeiten auf dem Gelände des TSB Ravensburg sind begrenzt, schließlich beanspruchen auch andere Sportmannschaften wie die Ravensburg Leprechauns (Baseball) Zeiten. Generell
bekommen die Razorbacks an ihrem Standort nicht die Infrastruktur, die sie benötigen. In der vorherigen Spielzeit spielten die Footballer aufgrund der Sanierung des Weingartener Lindenhofstadions für eine Saison zu Hause im Stadion des TSB Ravensburg. Die Saison hat aber gezeigt, dass das nicht zur Dauerlösung taugt. Ron Rühlemann, Leiter Marketing bei den ifm Razorbacks Ravensburg, begründete das im Sporttalk unter anderem mit Schwierigkeiten bei den Behindertenparkplätzen und den Toiletten. Besser sind die Bedingungen in Weingarten, weshalb die 2019 in die erste Liga aufgestiegenen American Footballer des TSB Ravensburg in der kommenden Saison wieder in Weingarten spielen.
Sportlich müssten die Ravensburg Towerstars eigentlich längst in der Beletage des deutschen Eishockeys spielen. Zweimal errangen die Oberschwaben in der zweiten Liga die Meisterschaft: 2019 und 2023. Aber zweimal erfüllte der Verein nicht die Voraussetzungen für einen Aufstieg. Die Chg-arena ist nicht erstligatauglich, erfüllt mit einer Kapazität von 3418 Zuschauern nicht die geforderten 4500 Plätze und
muss mehr Platz für Tv-übertragungen schaffen. Die Kriterien für ein Startrecht in der DEL sollen laut Raphael Kapzan, kaufmännischer Geschäftsführer der Ravensburg Towerstars, aber geprüft werden. Deshalb hat er es noch nicht aufgegeben, dass möglicherweise doch noch Erstligaspiele in der Chg-arena steigen, obwohl er klarstellte: „Wir bekommen keine 1100 Zuschauer mehr rein.“Aufgrund dessen werden die Towerstars auch ihre Spielstätte weiter auf Vordermann bringen. „Wir wollen aus eigenen Mitteln, aus dem Clubbudget und aus Kreisen der Gesellschafter, in die Chg-arena investieren“, betonte Kapzan und kündigte unter anderem die notwendige Erneuerung des Bandensystems an. Wenn alles nach Wunsch läuft, dann hoffen die Towerstars, in den nächsten zwei bis drei Jahren Chancen auf eine Lizenz in der DEL zu haben.
„Für den Moment zufrieden“ist der Volleyball-bundesligist VFB Friedrichshafen. Das machte Geschäftsführer Thilo Späthwesterholt deutlich. Nach der baubedingten Schließung der Zfarena im Jahr 2020 tingelten die Häf ler von Halle zu Halle. Damit ist aktuell Schluss. Die Häf ler
bauten den Hangar R am Flughafen in eine Volleyballarena um, dafür erhielten sie von der Stadt einen einmaligen Zuschuss von 1,8 Millionen Euro. Nach ungeplanten Verzögerungen zog der VFB dort im Jahr 2023 ein und freut sich regelmäßig über ein ausverkauftes Haus. Allerdings passen nur rund 1000 Zuschauer in die Halle – zu wenig, um in der Champions League antreten zu dürfen, was zum freiwilligen Verzicht in der laufenden Saison 2023/2024 führte. „Deshalb braucht es mittelfristig eine andere Lösung“, sagte Späth-westerholt. Der Vfb-geschäftsführer weiß aber auch, „dass man eine Halle nicht aus dem Boden stampfen kann“. Mit dem Gesamtverein arbeiten die Volleyballer unter anderem an der Verwirklichung einer Multifunktionsarena. 2028 soll bestenfalls eine neue Sporthalle erbaut sein.
Eine solche Idee für Ravensburg treibt auch Rühlemann von den ifm Razorbacks unter dem Namen Projekt Campus Ravensburg voran. „Es ist löblich, wir sehen da aber nicht wirklich Licht am Ende des Tunnels“, sagt Kapzan. Die Ravensburg Towerstars stecken ihre Energie zurzeit lieber in die Chg-arena, auch um
das „ganze Drumherum“nicht zu vernachlässigen. „Eine Del-taugliche Halle wäre schön, aber das ist nicht alles. Wir wollen die Jugend fördern und können nicht sagen: Nach mir die Sintflut. Es gibt den EV Ravensburg, den Eislaufverein – eine zweite Eisf läche würde allen helfen.“Um die Entwicklung anzuschieben, hat sich ebenfalls der FV Ravensburg bewusst dazu entschlossen, das eigene Gelände aufzuwerten. Der VFB Friedrichshafen „bevorzugt eine Lösung in Friedrichshafen, weil wir so alle Bedarfe abdecken können“, so Späth-westerholt, der dabei an den eigenen Nachwuchs dachte.
So oder so, ganz unabhängig von der Infrastruktur, geben sich die Vereine ambitioniert. Der VFB Friedrichshafen will nationale Spitze bleiben. Die Ravensburg Towerstars wollen die Menschen weiter mit erfolgreichem Eishockey begeistern. Die ifm Razorbacks Ravensburg peilen die Playoffs an und hoffen, weiter an Stärke zuzulegen. „Das größte Ziel ist es, den Erima German Bowl zu gewinnen“, sagte Rühlemann. Und der FV Ravensburg will zunächst die Klasse halten, um sich dann zu einem Topteam der Oberliga zu entwickeln.