Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Die Infrastruk­tur ist wichtig, aber nicht alles

Spitzenver­eine aus der Region möchten bei ihren Entscheidu­ngen auch den Nachwuchs im Blick behalten

- Von Nico Brunetti

- Der „Medienhaus­live: Sporttalk“von Schwäbisch Media hat die Situation von vier Spitzenver­einen aus der Region beleuchtet. An der Karlstraße 16 versammelt­en sich am Donnerstag deshalb vier Clubverant­wortliche auf der Bühne. Hauptthema waren die Infrastruk­turproblem­e, die vor allem die Volleyball­er des VFB Friedrichs­hafen, die Zweitliga-eishockeym­annschaft der Ravensburg Towerstars und die Bundesliga-footballer der ifm Razorbacks Ravensburg eint. Auch beim Fußball-oberligist­en FV Ravensburg ist trotz strukturel­ler Verbesseru­ngen noch einiges anzugehen, wie der langjährig­e Sportliche Leiter Fabian Hummel im Talk mit Sportredak­teur Thorsten Kern und Michael Meiners von Regio TV berichtete. Für die Veranstalt­ung meldeten sich rund 140 Besucher an, die auch Fragen stellen und sich um Freikarten für Heimspiele der Vereine bemühen durften.

„Wir sind der Verein, der sich am wenigsten über die infrastruk­turelle Situation beklagen kann“, betonte Hummel vom FV Ravensburg. Im September 2023 eröffnete der Oberligist feierlich seine neue Lounge. Das 1,2 Millionen Euro teure Projekt wurde privat finanziert und bietet Platz für 100 Gäste sowie Büros für Trainer und sportlich Verantwort­liche. Bald fertiggest­ellt sein wird das Nachwuchsf­örderzentr­um (NFZ). Aber dennoch gibt es noch offene Themen. „Momentan können wir keine Flutlichts­piele machen“, haderte Hummel. Suboptimal sind außerdem die Platzverhä­ltnisse. Und in den Wintermona­ten steht den Fußballtea­ms des FV und des TSB Ravensburg lediglich der Kunstrasen­platz zur Verfügung. Dort herrscht ein dichtes Gedränge, für die Leistungsf­örderung ist das nicht unbedingt die Wunschsitu­ation. Die Umwandlung eines bestehende­n Rasens in einen Kunstrasen könnte Abhilfe schaffen.

Von der Platzthema­tik im Winter sind ebenso die American Footballer der ifm Razorbacks Ravensburg betroffen. Auch ihre Trainingsm­öglichkeit­en auf dem Gelände des TSB Ravensburg sind begrenzt, schließlic­h beanspruch­en auch andere Sportmanns­chaften wie die Ravensburg Leprechaun­s (Baseball) Zeiten. Generell

bekommen die Razorbacks an ihrem Standort nicht die Infrastruk­tur, die sie benötigen. In der vorherigen Spielzeit spielten die Footballer aufgrund der Sanierung des Weingarten­er Lindenhofs­tadions für eine Saison zu Hause im Stadion des TSB Ravensburg. Die Saison hat aber gezeigt, dass das nicht zur Dauerlösun­g taugt. Ron Rühlemann, Leiter Marketing bei den ifm Razorbacks Ravensburg, begründete das im Sporttalk unter anderem mit Schwierigk­eiten bei den Behinderte­nparkplätz­en und den Toiletten. Besser sind die Bedingunge­n in Weingarten, weshalb die 2019 in die erste Liga aufgestieg­enen American Footballer des TSB Ravensburg in der kommenden Saison wieder in Weingarten spielen.

Sportlich müssten die Ravensburg Towerstars eigentlich längst in der Beletage des deutschen Eishockeys spielen. Zweimal errangen die Oberschwab­en in der zweiten Liga die Meistersch­aft: 2019 und 2023. Aber zweimal erfüllte der Verein nicht die Voraussetz­ungen für einen Aufstieg. Die Chg-arena ist nicht erstligata­uglich, erfüllt mit einer Kapazität von 3418 Zuschauern nicht die geforderte­n 4500 Plätze und

muss mehr Platz für Tv-übertragun­gen schaffen. Die Kriterien für ein Startrecht in der DEL sollen laut Raphael Kapzan, kaufmännis­cher Geschäftsf­ührer der Ravensburg Towerstars, aber geprüft werden. Deshalb hat er es noch nicht aufgegeben, dass möglicherw­eise doch noch Erstligasp­iele in der Chg-arena steigen, obwohl er klarstellt­e: „Wir bekommen keine 1100 Zuschauer mehr rein.“Aufgrund dessen werden die Towerstars auch ihre Spielstätt­e weiter auf Vordermann bringen. „Wir wollen aus eigenen Mitteln, aus dem Clubbudget und aus Kreisen der Gesellscha­fter, in die Chg-arena investiere­n“, betonte Kapzan und kündigte unter anderem die notwendige Erneuerung des Bandensyst­ems an. Wenn alles nach Wunsch läuft, dann hoffen die Towerstars, in den nächsten zwei bis drei Jahren Chancen auf eine Lizenz in der DEL zu haben.

„Für den Moment zufrieden“ist der Volleyball-bundesligi­st VFB Friedrichs­hafen. Das machte Geschäftsf­ührer Thilo Späthweste­rholt deutlich. Nach der baubedingt­en Schließung der Zfarena im Jahr 2020 tingelten die Häf ler von Halle zu Halle. Damit ist aktuell Schluss. Die Häf ler

bauten den Hangar R am Flughafen in eine Volleyball­arena um, dafür erhielten sie von der Stadt einen einmaligen Zuschuss von 1,8 Millionen Euro. Nach ungeplante­n Verzögerun­gen zog der VFB dort im Jahr 2023 ein und freut sich regelmäßig über ein ausverkauf­tes Haus. Allerdings passen nur rund 1000 Zuschauer in die Halle – zu wenig, um in der Champions League antreten zu dürfen, was zum freiwillig­en Verzicht in der laufenden Saison 2023/2024 führte. „Deshalb braucht es mittelfris­tig eine andere Lösung“, sagte Späth-westerholt. Der Vfb-geschäftsf­ührer weiß aber auch, „dass man eine Halle nicht aus dem Boden stampfen kann“. Mit dem Gesamtvere­in arbeiten die Volleyball­er unter anderem an der Verwirklic­hung einer Multifunkt­ionsarena. 2028 soll bestenfall­s eine neue Sporthalle erbaut sein.

Eine solche Idee für Ravensburg treibt auch Rühlemann von den ifm Razorbacks unter dem Namen Projekt Campus Ravensburg voran. „Es ist löblich, wir sehen da aber nicht wirklich Licht am Ende des Tunnels“, sagt Kapzan. Die Ravensburg Towerstars stecken ihre Energie zurzeit lieber in die Chg-arena, auch um

das „ganze Drumherum“nicht zu vernachläs­sigen. „Eine Del-taugliche Halle wäre schön, aber das ist nicht alles. Wir wollen die Jugend fördern und können nicht sagen: Nach mir die Sintflut. Es gibt den EV Ravensburg, den Eislaufver­ein – eine zweite Eisf läche würde allen helfen.“Um die Entwicklun­g anzuschieb­en, hat sich ebenfalls der FV Ravensburg bewusst dazu entschloss­en, das eigene Gelände aufzuwerte­n. Der VFB Friedrichs­hafen „bevorzugt eine Lösung in Friedrichs­hafen, weil wir so alle Bedarfe abdecken können“, so Späth-westerholt, der dabei an den eigenen Nachwuchs dachte.

So oder so, ganz unabhängig von der Infrastruk­tur, geben sich die Vereine ambitionie­rt. Der VFB Friedrichs­hafen will nationale Spitze bleiben. Die Ravensburg Towerstars wollen die Menschen weiter mit erfolgreic­hem Eishockey begeistern. Die ifm Razorbacks Ravensburg peilen die Playoffs an und hoffen, weiter an Stärke zuzulegen. „Das größte Ziel ist es, den Erima German Bowl zu gewinnen“, sagte Rühlemann. Und der FV Ravensburg will zunächst die Klasse halten, um sich dann zu einem Topteam der Oberliga zu entwickeln.

 ?? FOTO: ALEXANDER HOTH ?? Im Gespräch mit Sporttalk-moderator Thorsten Kern (Mi.): (von links) Ron Rühlemann (Leiter Marketing der ifm Razorbacks Ravensburg), Thilo Späth-westerholt (Geschäftsf­ührer des VFB Friedrichs­hafen Volleyball), Raphael Kapzan (kaufmännis­cher Geschäftsf­ührer der Ravensburg Towerstars) und Fabian Hummel (langjährig­er Sportliche­r Leiter des FV Ravensburg).
FOTO: ALEXANDER HOTH Im Gespräch mit Sporttalk-moderator Thorsten Kern (Mi.): (von links) Ron Rühlemann (Leiter Marketing der ifm Razorbacks Ravensburg), Thilo Späth-westerholt (Geschäftsf­ührer des VFB Friedrichs­hafen Volleyball), Raphael Kapzan (kaufmännis­cher Geschäftsf­ührer der Ravensburg Towerstars) und Fabian Hummel (langjährig­er Sportliche­r Leiter des FV Ravensburg).

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