Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Feuerwehrler haben erhöhtes Krebsrisiko
Kreisbrandmeister erklärt, wie sich die freiwilligen Einsatzkräfte im Kreis schützen
(pama/dpa) Feuerwehrleute leiden häufiger als andere an bösartigen Krebserkrankungen. Zum Schutz davor hat sich laut Kreisbrandmeister Oliver Surbeck eine hohe Sensibilität entwickelt. Im Gespräch mit der Redaktion erklärt er, warum neue Feuerwehrhäuser – wie in Weingarten oder im Norden von Wangen – allein wegen der Krebsprävention anders gebaut werden als bestehende. Und was die Träger von Atemschutzgeräten beachten müssen, wenn sie nach dem Einsatz einen Wurstwecken essen wollen.
Zur Ausgangslage: „In den vergangenen zwei bis drei Jahrzehnten ist aufgefallen, dass unter Brandbekämpfern eine Häufung von bösartigen Erkrankungen zu beobachten ist“, erklärte der baden-württembergische Landesfeuerwehrarzt Andreas Häcker vor Kurzem der Deutschen Presseagentur. Im Juni 2022 habe die Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation eine wissenschaftliche Arbeit verfasst, nach der Brandbekämpfung als krebsauslösend zu bewerten sei. Auf der Suche nach Ursachen sei schnell der Verdacht entstanden, dass der Ursprung im Kontakt mit Schadstoffen in Brandrauch und Ruß liegen müsse.
Auffallend sei, dass Tumore der Atemwege eher die Ausnahme darstellten, Tumore im Intimbereich und Bauchraum dagegen eine signifikante Häufung zeigten,
erläuterte Häcker. Offensichtlich seien die Atemwege durch Atemschutz im Einsatz mit Feuer also ausreichend geschützt, eine Schadstoffaufnahme über andere Wege – wie die Haut oder den Magen-darm-trakt – gelte als sehr wahrscheinlich.
So sei die sogenannte Schwarzweiß-trennung ins Gespräch gekommen: Durch Brandrauch oder andere Gefahrstoffe kontaminierte („schwarze“) Gegenstände oder Menschen sollen strikt von nichtkontaminierten („weißen“) Gegenständen oder Menschen separiert werden. „Personen, die mit Brandrauch oder Ruß in Kontakt waren, dürfen nicht in Bereiche gelangen, die als ,weiß’ gelten – zum Beispiel Aufenthaltsoder Essensräume, Mannschaftskabinen in Fahrzeugen sowie Umkleideräume“, erläuterte Häcker, Internist und
selbst Mitglied in einer Freiwilligen Feuerwehr.
Auch im Kreis Ravensburg ist die Sensibilität für dieses Thema in den vergangenen Jahren gewachsen. „Fakt ist: Wir haben in unserem täglichen Einsatzbetrieb eigentlich immer mit krebserregenden Stoffen zu tun“, erklärt dazu Kreisbrandmeister Oliver Surbeck. Das sei in den vergangenen Jahren auch nicht besser geworden. „Bei Bränden haben wir inzwischen überall Kunststoffe.“Was sich aber verändert habe, sei der Umgang damit.
„Das fängt ganz einfach an“, holt Surbeck aus. „Früher hat man Atemschutzgeräteträgern, direkt wenn sie aus der Brandstelle gekommen sind, eine Kiste Wasser hingestellt.“Ohne Händewaschen würden dabei Schadstoffe ohne jeden Schutz im Körper aufgenommen. Mit einfachen organisatorischen Veränderungen könne man dem aus dem Weg gehen. „Am besten wird ein Wurstwecken erst dann gegessen, wenn man die Klamotten getauscht hat.“Die Gefahr könne man sehen. „Wenn ich schwarze Hände habe, weil die Handschuhe nicht sauber abgeschlossen haben, dann habe ich die Sauerei schnell im Körper. Dort wo Ruß ist, sind die Krebserreger“, erklärt Surbeck. Früher sei das anders gewesen. „Wenn eine Brandwohnung gelöscht war und der Rauch weg war, hat man den Krempel ohne jeden Schutz rausgetragen.“Bei solchen Nachlöscharbeiten seien die Mannschaften heute gut darauf sensibilisiert, sich selbst zu schützen. Das gehe, so Surbeck, oft ohne großen (finanziellen) Aufwand.
Letzteren habe man eher bei baulichen Veränderungen. Ausschließlich aufgrund der eingangs beschriebenen Schwarzweiß-trennung ist laut dem baden-württembergischen Innenministerium in der Regel kein Umbau eines Bestandsgebäudes notwendig. Die Feuerwehr Ravensburg habe das in den vergangenen Jahren aber auch im Bestand „gut umgesetzt“so Surbeck. Und bei Feuerwehr-neubauten wie jüngst in Weingarten und Schlier oder demnächst im Wangener Norden zwischen Karsee und Leupolz „denkt man das von Anfang an mit“, sagt der Kreisbrandmeister.