Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Krisen beschäftigen die Menschen
93 Ehrenamtliche führten im vergangenen Jahr 10.486 Seelsorge- und Beratungsgespräche
(sz) - Die Telefonseelsorge Oberschwaben-allgäu-bodensee mit Sitz in Ravensburg blickt auf ein anstrengendes, aber zufriedenstellendes Jahr 2023 zurück. Das geht aus dem Jahresbericht der Organisation hervor, der aufzeigt, was die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt hat.
„Ich hatte eine Nacht, in der ich ganz alleine war, und wusste nicht mehr weiter. Ein Gedanke hat mich dann doch zum Telefon greifen lassen, und ich hatte einen Menschen am Telefon, der mich durch die Nacht gebracht hat. Danke! Ich denke, dass Euer Angebot ein extrem wichtiger Teil unserer Gesellschaft ist, um viele Menschen zu trösten, zu verstehen und diesen einfach beizustehen.“In dieser Rückmeldung einer Anruferin spiegelt sich laut Pressemitteilung der Telefonseelsorge die persönliche Not und zugleich Dankbarkeit von vielen Menschen wider, die bei der Telefonseelsorge anrufen, mailen und chatten.
Neben den ganz persönlichen Topthemen von Einsamkeit und Isolation sei im Jahr 2023 das aktuelle Thema „Existenznöte durch Kostenexplosionen“vom Thema „Aktuelle Krisen und Kriegssituationen in der Welt“abgelöst worden. Verunsicherungen, Ängste, Sehnsucht nach Verbundenheit und Wertschätzung für ein offenes Ohr stünden bei der Telefonseelsorge an der Tagesordnung, wie aus der Pressemitteilung hervorgeht.
Die 93 aktiven Ehrenamtlichen waren im vergangenen Jahr am
Telefon rund um die Uhr und stundenweise per Mail und Chat im Einsatz. In Zahlen ausgedrückt: an 365 Tagen und Nächten wurde 12.168-mal der Hörer in die Hand genommen und 10.486 Seelsorgeund Beratungsgespräche geführt. Dazu kam die Arbeit in der Internetseelsorge von 34 Ehrenamtlichen, die 580 Chats und 439 Mails geschrieben haben.
Dass die Arbeit in der Telefonseelsorge nicht nur schwer und belastend sei, sondern ein abwechslungsreicher und bereichernder Dienst, drückt eine ehrenamtliche Mitarbeiterin im Jahresbericht aus: „Heute Morgen habe ich mich einfach gefreut, so unterschiedliche Menschen mit so unterschiedlichen Strukturen und Themen begleiten zu können. Mitzuerleben, wie die Konturen dieser Menschen
sich nach und nach herausschälen. Innere Bilder der Menschen zu bekommen: ein vierjähriges Mädchen, was ins Telefon heult, ein sehnsüchtig-schwärmerischer Teenie, eine erwachsene Frau, die Rückmeldung braucht, und manchmal dabei den einen oder anderen Impuls setzen zu können.“
Die politischen, gesellschaftlichen, ökologischen und ökonomischen Krisen werden die Telefonseelsorge weiter beschäftigen. „Daher werden wir auch in Zukunft bei den steigenden Kosten nicht nur finanzielle Ressourcen brauchen, sondern auch psychisch und seelisch gute Energien (...), um unsere Arbeit (...) verantwortlich und freudvoll tun zu können“, heißt es in der Pressemitteilung.