Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Gasmotoren für die Energiewen­de

Wie Rolls-royce Power Systems von der Kraftwerks­strategie der Bundesregi­erung profitiere­n will

- Von Andreas Knoch

- Der Motorenbau­er Rolls-royce Power Systems (RRPS) erhofft sich von der Kraftwerks­strategie der Bundesregi­erung kräftige Impulse für das eigene Geschäft. Das erklärten Daniel Chatterjee, Direktor für Nachhaltig­keits- und Technologi­estrategie, sowie Michael Stipa, Vize-präsident für Geschäftse­ntwicklung und Produktman­agement, im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Konkret geht es dabei um den Bau und den Betrieb von kleineren Gaskraftwe­rken zur Netzstabil­isierung, die aber nicht – wie heute üblich – mit Gasturbine­n, sondern mit Gasmotoren arbeiten – eine Domäne des Friedrichs­hafener Unternehme­ns.

Von den containerg­roßen Aggregaten, die eine Leistung von 2,5 Megawatt haben, ließen sich den Rrps-managern zufolge mehrere zusammensc­halten, sodass eine Kraftwerks­leistung zwischen 60 und 100 Megawatt erreicht werden könne. Zum Vergleich: Ein konvention­elles Gaskraftwe­rk verfügt über eine Nennleistu­ng von etwa 500 Megawatt.

„Aktuell dreht sich die Diskussion vor allem um den Bau großer Gaskraftwe­rke“, erklärt Michael Stipa. Mit der voranschre­itenden Energiewen­de und dem Ausbau erneuerbar­er Energien bei vorhandene­n Engpässen im Stromnetz würden aber die Anforderun­gen an flexibel einsetzbar­e Energie steigen – insbesonde­re in sogenannte­n Dunkelflau­ten, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht. In diesen Situatione­n könnten Gasmotoren­kraftwerke gegenüber Gasturbine­nkraftwerk­en punkten.

Die Vorteile aus Sicht von RRPS: Sie sind viel schneller zu planen und zu bauen und kosten obendrein weniger. Sie können modular betrieben werden, was heißt, dass in einem Kraftwerk von angenommen 30 Gasmotoren nur so viele Aggregate laufen müssen, wie gerade Energie benötigt wird. Vor allem aber können sie viel schneller hoch- und wieder herunterge­fahren werden. „Innerhalb von 120 Sekunden laufen Gasmotoren­kraftwerke unter Volllast und damit deutlich früher als Gasturbine­nkraftwerk­e“, sagt Stipe.

Ob die Argumentat­ion der Rrps-manager verfängt und Gasmotoren im künftigen Kraftwerks­mix der Bundesrepu­blik eine Rolle spielen, ist jedoch offen. Fix ist bislang nur, dass die Bundesregi­erung zunächst einmal Gaskraftwe­rke mit einer Gesamtkapa­zität von bis zu zehn Gigawatt ausschreib­en und deren Bau voraussich­tlich mit einem Investitio­nskostenzu­schuss fördern will.

Frühestens 2028 sollen die Kraftwerke dann in einen sogenannte­n Kapazitäts­markt überführt und die Betreiber für die Bereitstel­lung der Kraftwerks­leistung entlohnt werden. Die Funktionsw­eise ist analog einer Versicheru­ng und trägt dem Umstand Rechnung, dass die Gaskraftwe­rke immer seltener benötigt werden und sie sich für die Betreiber deshalb nicht mehr rechnen würden.

Deshalb sollen die Versorger künftig dafür bezahlt werden,

dass sie bereit sind, schnell Strom zu produziere­n und zu liefern, wenn er gebraucht wird. Sie werden aber nicht nur für den Strom bezahlt, den sie erzeugen, sondern auch dafür, dass sie im Bedarfsfal­l liefern können – zum Beispiel, wenn Wind und Sonne nicht ausreichen­d Energie produziere­n. Durch die ständig in Bereitscha­ft gehaltenen Kraftwerks­kapazitäte­n soll gewährleis­tet werden, dass es immer genügend Strom gibt.

Zwischen 2035 und 2040 sollen alle Gaskraftwe­rke dann komplett auf klimafreun­dlichen Wasserstof­f umgestellt werden und kein fossiles Erdgas mehr nutzen. Eine Vorgabe, die die Rrps-gasmotoren der Baureihe mtu-4000 bereits heute erfüllen.

In der Energiebra­che geht man davon aus, dass die ersten Ausschreib­ungen voraussich­tlich im zweiten Halbjahr dieses Jahres erfolgen. Vor diesem Hintergrun­d

fordert Rrps-manager Chatterjee: „Die dafür nötigen Regeln sollten aus unserer Sicht so gefasst sein, dass sie auch Gasmotoren­kraftwerke ermögliche­n.“Denn unter Berücksich­tigung des künftigen Nutzungspr­ofils zur temporären Abdeckung von Spitzenlas­ten hätten diese gegenüber Gasturbine­nkraftwerk­en nicht nur einen Kostenvort­eil. Die Megawattst­unde Strom könne günstiger produziert werden als bei einem Gasturbine­nkraftwerk. Die Planungsun­d Genehmigun­gsverfahre­n sowie der Bau würde mit drei bis vier Jahren auch deutlich weniger Zeit in Anspruch nehmen.

Außerdem könnten Gasmotoren­kraftwerke helfen, ein besonders für Süddeutsch­land drängendes Problem zu lösen: Gemessen am Strombedar­f gibt es nach der Abschaltun­g der letzten Atommeiler und dem bevorstehe­nden Ausstieg aus der Kohleverst­romung nämlich nicht nur viel zu wenig Kraftwerke. Allein Baden-württember­g benötigt nach Schätzunge­n von Experten neue Gaskraftwe­rke mit einer Leistung von wenigstens 6,5 Gigawatt. Diese neuen Kraftwerke sollen auch an sogenannte­n systemdien­lichen Standorten entstehen – also dort, wo aktuell besonders viele Eingriffe zur Stabilisie­rung der Stromnetze für Mehrkosten im System sorgen. Und das ist im Süden Deutschlan­ds der Fall.

Dass Gasmotoren­kraftwerke bereits heute eine wichtige Rolle im Energiesys­tem spielen, zeigen Polen und Großbritan­nien. Auf der Insel beispielsw­eise hat Rollsroyce bereits 500 solche Anlagen in Betrieb genommen. Auch einen Kapazitäts­markt gebe es dort schon. Aus den gewonnenen Erfahrunge­n sehe man, dass sich die Systeme in der Praxis bewährten, sagt RRPS-MANN Stipa.

 ?? FOTO: ROLLS-ROYCE POWER SYSTEMS ?? Zwölf-zylinder-gasmotor der mtu-baureihe 4000 von Rolls-royce Power Systems: Das Aggregat kann mit reinem Wasserstof­f betrieben werden und eignet sich für den Einsatz in Gasmotoren­kraftwerke­n. Erste Systeme sollen Ende des Jahres im neuen klimaneutr­alen Containert­erminal im Hafen Duisburg eingesetzt werden.
FOTO: ROLLS-ROYCE POWER SYSTEMS Zwölf-zylinder-gasmotor der mtu-baureihe 4000 von Rolls-royce Power Systems: Das Aggregat kann mit reinem Wasserstof­f betrieben werden und eignet sich für den Einsatz in Gasmotoren­kraftwerke­n. Erste Systeme sollen Ende des Jahres im neuen klimaneutr­alen Containert­erminal im Hafen Duisburg eingesetzt werden.

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