Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
„Inhaltlich krasse Veränderungen“
Pfarrerin Silke Kuczera zur Zukunft der evangelischen Kirchengemeinde Bad Wurzach
- Auf den ersten Blick scheint die evangelische Kirchengemeinde Bad Wurzach bei der Neuordnung der Pfarrstellen im Bezirk sehr gut weggekommen zu sein. Sie darf nach Beschluss der Frühjahrssynode ihre ganze Stelle behalten. „Dieser erste Eindruck täuscht aber leider immens, es wird inhaltlich krasse Veränderungen geben“, sagt Pfarrerin Silke Kuczera. Sie teilt sich mit ihrem Mann Michael die Bad Wurzacher Pfarrstelle.
Es werde vieles verändert, einiges umgekrempelt werden müssen, betont die Pfarrerin. Das liegt nach ihren Worten daran, dass Bad Wurzach künftig eng mit Bad Waldsee und Alttann zusammenarbeiten müsse. Für diese drei Gemeinden werde es künftig nur noch 3,0 Stellen inklusive der Kurund Rehaseelsorge geben, so
Kuczera. Bisher seien es 4,5 gewesen. Konsequenz: „Wir werden nicht mehr von Kirchengemeinde zu Kirchengemeinde denken können, sondern in Kooperationsräumen.“Von Bad Wurzach aus werde man dann Aufgaben in Bad Waldsee und Alttann übernehmen müssen. Wie das genau funktionieren soll, sei nun zwischen den drei Gemeinden zu besprechen. „Wir werden uns in den kommenden Monaten gemeinsam überlegen müssen, wie wir mit reduziertem Personal Kirche noch gut leben und unsere Dienstaufträge noch lebbar machen können.“
Von dem einen oder anderen Liebgewonnenen würden sich die Gläubigen wohl trennen müssen, kündigt Silke Kuczera schon mal vorsorglich an. „Wir Pfarrer haben ja jetzt schon ein krasses Pensum. Da noch was draufzupacken, geht nicht. Wir werden lernen müssen, loszulassen.“Kuczera hofft dabei, dass durch größere Einheiten zumindest die Verwaltungsarbeit etwas einfacher wird.
Allzu viel Zeit habe man nicht, neue Strukturen zu finden und die Angebote zu überarbeiten. Der neue Pfarrstellenplan des Kirchenbezirks greift in jeder Gemeinde dann, wenn dort eine Stelle frei wird. „In Bad Waldsee wird Wolfgang Bertl Ende 2027 in Ruhestand gehen, Kurseelsorgerin Verena Engels-reiniger auch in diesem Zeitraum“, blickt die Pfarrerin von Bad Wurzach voraus.
Zu klären werde auch sein, in welcher Rechtsform die Zusammenarbeit stattfindet, so Silke Kuczera weiter und nennt eine Verbund-kirchengemeinde und eine Fusion als zwei mögliche Varianten. „Die Katholiken haben es uns mit der Bildung von Seelsorgeeinheiten vorgemacht.“In den vergangenen Wochen hätten sich die Gemeinden schon einmal „beschnuppert“, berichtet die Pfarrerin. An Gründonnerstag habe es einen gemeinsamen Gottesdienst in Bad Waldsee gegeben, an Karfreitag war der Bad Waldseer Kirchenchor zu Gast beim Gottesdienst in Bad Wurzach. Und alle drei Gemeinden hätten kürzlich gemeinsam einen Meditationskurs organisiert.
„Veränderungsträge“und als Bewahrer habe man sich in den Gemeinden in den vergangenen Jahrzehnten oft gesehen, sagt Kuczera. „Das geht jetzt nicht mehr.“Nicht zwangsläufig müsse dies aber etwas Negatives nach sich ziehen, hofft sie. „Es kann auch eine Chance sein, dass daraus etwas gutes Neues entsteht und dadurch unserem schmerzhaften Relevanzverlust in der Gesellschaft entgegengewirkt wird.“Und das dann nicht nur auf den ersten Blick.