Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Ein neues Gebäude für Geflüchtete
Bau einer Modul-unterkunft an der Säntisstraße beschlossen – Leutkirch hat ein Aufnahmedefizit
- Die Stadt Leutkirch lässt an der Säntisstraße ein sogenanntes Holzmodulgebäude für Gef lüchtete erstellen. Das hat der Gemeinderat am Montagabend einstimmig beschlossen. Entstehen sollen dort 30 Module mit Wohnungen für rund 100 Menschen. Aktuell gibt es in Leutkirch bei der Unterbringung von Flüchtlingen ein erhebliches Defizit. Wie Bürgermeisterin Christina Schnitzler erläuterte, leben im Landkreis Ravensburg derzeit rund 7900 Geflüchtete. Nach der sogenannten Vorläufigen Unterbringung (VU), für die das Landratsamt zuständig ist, werden die Menschen proportional zu den Einwohnerzahlen den Städten und Gemeinden zugewiesen – in sogenannte Anschlussunterbringungen (AU).
Die Berechnung ergibt, dass in Leutkirch derzeit insgesamt 634 Geflüchtete untergebracht werden müssten. Ende März wohnten in der Allgäu-stadt allerdings weniger als 450 Menschen. Unter dem Strich steht ein sogenanntes Aufnahmedefizit. Es fehlen Plätze für weitere 179 Personen.
Weil weiterhin Gef lüchtete aus verschiedenen Ländern im Landkreis ankommen, wird sich die Zahl der Menschen, die in Leutkirch eine Wohnung benötigen, nach Angaben von Schnitzler im Laufe des Jahres entsprechend erhöhen. Die Bürgermeisterin geht davon aus, dass Ende Dezember bereits 725 Flüchtlinge untergebracht werden müssen.
„Wir sind aktuell mit Abstand Schlusslicht im Landkreis Ravensburg“, sagte Schnitzler mit Blick auf die sogenannte Unterbringungsquote. Das liege vor allem daran, dass die Gef lüchteten, die lange Zeit in der Sporthalle der Geschwister-scholl-schule ein Quartier bezogen, auf die Quote angerechnet wurden. Mit dem Ende der Belegung fielen sie – statistisch gesehen – von einem Tag auf den anderen weg. Die Stadtverwaltung und der Gemeinderat seien deshalb nun gefordert, aufzuzeigen, „wie wir die Quote künftig erfüllen wollen“. Zwischenzeitlich seien alle städtischen Wohnungen vollständig belegt. Eine weitere Nutzung von Sporthallen kommt für die Verantwortlichen nicht in Frage.
Eine erste Lösung soll nun das Holzmodulgebäude an der Säntisstraße darstellen. Ursprünglich wollte der Landkreis das Gebäude dort im Rahmen einer Vorläufigen Unterbringung erstellen lassen. Das Landratsamt plant nach Angaben der Stadt zunächst nun allerdings mit einer Unterkunft beim ehemaligen Leutkircher Krankenhaus. Wie Oberbürgermeister Hans-jörg Henle erklärte, sei das auch der Wunsch zahlreicher Bürger gewesen, die nahe der Säntisstraße wohnen.
Konkret vorgesehen sind auf der Fläche hinter dem Autohaus Seitz zwei Baukörper, die sich gegenüberstehen und mit einem offenen, überdachten Gang miteinander verbunden werden. Die Bauweise mit den insgesamt 30 Holzmodulen ermöglicht es, dass die Gebäude sehr schnell „in einer Art Baukastensystem“geplant und den entsprechenden Bedürfnissen angepasst werden können. So entstehen Wohnungen mit zwischen einem und vier Zimmer, die in bis zu drei Stockwerken verteilt werden können.
Wie Schnitzler weiter ausführt, sollen pro Person sieben Quadratmeter zur Verfügung gestellt werden – entsprechend des Flüchtlingsaufnahmegesetzes. Demnach könnten im Gebäude fast 100 Personen unterkommen. Die Kosten für den Bau werden mit mehr als drei Millionen Euro veranschlagt. Auch weil sich der Gemeinderat für die „kleinere Variante“mit 30 Modulen ausgesprochen hat – diskutiert wurden auch 42 Module – wird die Stadtverwaltung zeitnah Grundstücke vorschlagen, auf denen ein weiteres, vergleichbares Gebäude für Gef lüchtete errichtet werden könnte. Oberbürgermeister Hans-jörg Henle sah in der beschlossenen Variante mehrere Vorteile. Der Gebäudekomplex sei „relativ schnell“umsetzbar, sei attraktiv anzusehen und könne möglicherweise nach Auszug von Gef lüchteten als sozialer Wohnraum zur Verfügung gestellt werden.