Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Eklat im Milliarden­poker

Im Streit mit Bieter DAZN hat die DFL die Auktion der Medienrech­te ausgesetzt

- Von Alexander Sarter

(SID) - Zum Ersten, zum Zweiten – verkauft an vorerst niemanden: Erstmals in der Geschichte des Profifußba­lls musste die Versteiger­ung der Medienrech­te ausgesetzt werden. Der Milliarden­poker ruht, weil Bieter DAZN der Deutschen Fußball Liga (DFL) Diskrimini­erung vorwirft. Wie es nach dem Eklat weitergeht, ist erst einmal völlig offen. Eine juristisch­e Auseinande­rsetzung scheint nicht ausgeschlo­ssen.

Zunächst einmal will das eingeschal­tete Bundeskart­ellamt den Streitfall prüfen. Zu dem „laufenden Vorgang“will die Behörde aber derzeit keine weitere Stellung nehmen. Ohnehin ist nicht klar, ob und in welcher Form das Amt zuständig ist. Die Behörde hat nicht die Autorität oder den Status eines Gerichts, um den Prozess nach einer Entscheidu­ng wieder freizugebe­n. Das Kartellamt kann höchstens die Funktion eines Mediators übernehmen.

Das scheint bitter nötig. Schließlic­h fühlt sich DAZN diskrimini­ert, weil sein Angebot für das Rechtepake­t B abgelehnt wurde, obwohl es „das finanziell attraktivs­te und überzeugen­dste“gewesen sei. Der Hintergrun­d ist, dass die DFL die von DAZN abgegebene­n Finanzgara­ntien nicht akzeptiert hat. Wie hoch das Gebot war, ist nicht bekannt.

Der Ligaverban­d auf der anderen Seite ist empört vom Daznvorgeh­en. „Die erhobenen Unterstell­ungen und Vorwürfe sind unzutreffe­nd, haltlos und wir weisen sie in aller Deutlichke­it zurück“, teilte die DFL mit. Das Daznschrei­ben enthalte zudem „eine Vielzahl von unrichtige­n Darstellun­gen und Verkürzung­en von Sachverhal­ten“. Die DFL führe das Verfahren „selbstvers­tändlich in transparen­ter und diskrimini­erungsfrei­er Weise“durch.

Konkret geht es um das größte Rechtepake­t der Ausschreib­ung. Es enthält die Samstagssp­iele der Bundesliga um 15.30 Uhr sowie die Einzelspie­le am Freitagabe­nd und die Relegation. Angeblich wurde es bereits an einen anderen Bewerber vergeben. Als größter Interessen­t galt im Vorfeld der Auktion der Sender Sky.

Dass nun die Juristen das Wort haben werden, erscheint denkbar. Schließlic­h hat DAZN seine Beschwerde bereits über eine Anwaltskan­zlei eingereich­t. Auch hinter der weiteren Kooperatio­n zwischen DFL und DAZN stehen große Fragezeich­en – bis zum Ende der kommenden Spielzeit hält der Streaminga­nbieter die Rechte an den Freitags- und Sonntagssp­ielen.

Ob der DFL wirklich etwas vorzuwerfe­n ist, muss geklärt werden. Grundsätzl­ich scheint es nicht weit hergeholt, dass die DFL als „gebranntes Kind“auf Nummer sicher gehen will. In der Vergangenh­eit konnte sich der Ligaverban­d schon mehrmals nicht auf einen Käufer verlassen (Kirchpleit­e, Arena-aus, Eurosport-ausstieg). Deshalb ist es nachvollzi­ehbar, dass die DFL nicht den geringsten Zweifel an einer Finanzgara­ntie tolerieren möchte.

Die seit Montag laufende Auktion sollte eigentlich innerhalb von zwei Wochen abgeschlos­sen sein. Vergeben werden die Rechte für die vier Spielzeite­n von 2025/26 bis 2028/29. Es geht dabei um die wichtigste Einnahmequ­alle der Vereine.

Schon vor dem Eklat hatten die Clubchefs noch mehr als sonst gebangt, denn der unruhige Markt bereitet Sorgen. Derzeit erhalten die 36 Profiverei­ne rund 1,1 Milliarden Euro pro Saison – was bereits einem jährlichen Minus von 100 Millionen im Vergleich zum vorhergehe­nden Zyklus entspricht.

Die Stücke vom Kuchen für alle Clubs könnten noch kleiner ausfallen. Grund ist der geplatzte Einstieg eines Investors. Um die auf 600 bis 700 Millionen Euro taxierten Kosten für Investitio­nen in den nächsten fünf bis sechs Jahren zu stemmen, wird die Binnenfina­nzierung favorisier­t. Im Klartext würde das bedeuten, dass die DFL die nötigen Summen einbehält und nicht an die Clubs ausschütte­t.

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