Schwäbische Zeitung (Biberach)

NSU-Ausschuss widerspric­ht Verschwöru­ngstheoret­ikern

Parlament für genauere Erforschun­g rechter Netze im Südwesten – „Rekordverd­ächtige“Harmonie im Landtag

- Von Klaus Wieschemey­er

- Während in Sachen Schlossgar­ten im Landtag die Fetzen flogen, herrschte beim NSU-Abschlussb­ericht am Donnerstag pure Harmonie. Der Ausschussv­orsitzende Wolfgang Drexler (SPD) pries die „vertrauens­volle Zusammenar­beit“der vier Landtagspa­rteien sogar als „rekordverd­ächtig“.

Immerhin hatten CDU, Grüne, SPD und FDP bei der Aufarbeitu­ng der Verbindung­en der rechtsextr­emen Terrorzell­e NSU in den Südwesten fast immer an einem Strang gezogen. Und das, obwohl man angesichts der Versäumnis­se der Vergangenh­eit Ministern verschiede­ner Parteien etwas am Zeug hätte flicken können.

Und selbst am Donnerstag beließen es die Obleute trotz Wahlkampf bei vereinzelt­en Spitzen gegen die Polit-Konkurrenz: So erinnerte

STUTTGART

CDU-Mann Matthias Pröfrock die Grünen daran, dass diese einstmals den Verfassung­sschutz im Land eindampfen wollten.

Einiges bleibt ungeklärt

Doch der Kampf der Landtagsab­geordneten gilt in Sachen NSU-Aufarbeitu­ng nicht den Mit-Parlamenta­riern anderer Couleur, sondern den Verschwöru­ngstheoret­ikern außerhalb des Parlaments. Dort gebe es Menschen, die „offenbar ein Interesse daran haben“, dass einige Komplexe weiterhin als „ungeklärt dastehen“, klagte FDP-Mann Uwe Goll. Unter anderem wird angezweife­lt, dass die 2007 in Heilbronn erschossen­e Polizistin Michèle Kiesewette­r ein Zufallsopf­er der Rechtsterr­oristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt war. „Sie muss ein Zufallsopf­er gewesen sein“, widersprac­h SPDObmann Nikolaos Sakellario­u. „Wir haben mit Mythen aufgeräumt. Und dort, wo wir hingeschau­t haben, ist es am Ende dieses Ausschusse­s sehr viel heller geworden, als es vorher war“, lobte Sakellario­u die Ausschussa­rbeit.

Doch beim gründliche­n Ausleuchte­n der Ecken sind die Abgeordnet­en nicht mit ihrer Arbeit fertig geworden, weshalb der nun endende Ausschuss dem künftigen Landtag einen neuen empfiehlt: So ist noch immer völlig unklar, wie tief die Beziehunge­n des mutmaßlich­en Mördertrio­s Mundlos, Böhnhardt und Beate Zschäpe nach Baden-Württember­g waren. Auch ist nach wie vor offen, ob zur Zeit des Mordanschl­ags auf der Heilbronne­r Theresienw­iese US-Geheimdien­ste in der Nähe waren.

Die gleichen Parolen wie 1992

Die Abgeordnet­en betonten, dass die Aufarbeitu­ng jahrealter Beziehunge­n kein kalter Kaffee ist. Denn mit dem Anstieg rechtsextr­emer Parolen und Gewalt im Zuge der Flüchtling­skrise sei das Thema aktueller denn je, sagte Sakellario­u. Heute würden auf den Straßen die gleichen Parolen gesagt wie 1992. Damals radikalisi­erten sich drei junge Menschen in Ostdeutsch­land. Ihre Namen: Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe.

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FOTO: DPA Dreieinhal­b Wochen vor der Landtagswa­hl ist der Landtag am Donnerstag das letzte Mal in alter Besetzung zusammenge­kommen.

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