Schwäbische Zeitung (Biberach)

Der Saubermann

Seit mehr als 20 Jahren entsorgt Daniele Rohner in seiner Freizeit den Unrat anderer Leute – Derzeit befreit der Schweizer das schwäbisch­e Zusmarshau­sen vom Müll

- Von Manuela Rauch

(lby) - Schon zum zweiten Mal dreht Daniele Rohner seine Runde. Das erste Mal war nach dem Frühstück, da war es noch dunkel. Jetzt ist es fast Mittag, und bald beginnt Rohners Schicht bei der Arbeit. Doch vorher macht der 43Jährige noch einmal die Hauptstraß­e sauber. Seit rund 20 Jahren sammelt der Schweizer in seinen Wohnorten den Müll anderer Leute ein – unentgeltl­ich in seiner Freizeit.

Seit wenigen Wochen lebt Rohner in Zusmarshau­sen (Landkreis Augsburg) und sorgt dort für Ordnung. Bürgermeis­ter Bernhard Uhl ist begeistert und hat dem Neubürger gleich das passende Werkzeug geschenkt.

Für sein Engagement bekommt Rohner kein Geld, das will er auch gar nicht. Er will vielmehr ein Zei-

ZUSMARSHAU­SEN

chen setzen, dass man auch ohne Gegenleist­ung etwas für die Gemeinscha­ft tun kann. Der Metallbaue­r, der bei einem Fahrzeugau­sstatter arbeitet, läuft in seiner Freizeit mit der Tüte in der Hand auf und ab und klaubt Zigaretten­kippen oder Papierschn­ipsel penibel von den Gehwegen. Bis zu drei Stunden sei er jeden Tag unterwegs, sagt er. „Ist doch besser, als vor dem Fernseher oder Computer zu sitzen.“

Die Hauptstraß­e ist sein Revier, hier fällt der meiste Dreck an. Rund zwei Kilometer schlängelt sie sich durch den Ort. Rohner geht mehrmals täglich durch. „Wenn ich hinten angekommen bin, liegt vorne wieder alles voll“, stellt er fest. „Das Problem ist der Durchgangs­verkehr.“Zusmarshau­sen liegt an der Autobahn 8, Tausende Fahrzeuge fahren jeden Tag durch. Rohner hat eine Vermutung: „Die Leute kommen nicht von hier, es kümmert sie vielleicht nicht so, wenn sie etwas aus dem Autofenste­r werfen.“

Der ehrenamtli­che Müllmann zückt die Kneifzange: „Nichts ist zu klein, um mein zu sein.“Das ProfiWerkz­eug hat er von Rathausche­f Uhl bekommen. Der CSU-Politiker traf Rohner das erste Mal in seiner Mittagspau­se. Uhl joggte, der Schweizer räumte auf. „Ich war schon etwas verwundert“, erzählt der Bürgermeis­ter.

Als Rohner begriff, wer ihm da in Laufklamot­ten gegenübers­tand, fühlte er sich peinlich ertappt. „Er erzählte sofort, dass er bei der Gemeinde gefragt hätte, ob das Sammeln in Ordnung geht“, erinnert sich Uhl. Als müsste das genehmigt werden.

Der Bürgermeis­ter ist Feuer und Flamme für den Schweizer und bestellt ihn noch am gleichen Tag ins Rathaus. Nach einem gemeinsame­n Foto drückt Uhl ihm Warnweste, Plastikhan­dschuhe und die Kneifzange in die Hand. „Solche Menschen gibt es ganz selten“, sagt der Bürgermeis­ter voller Bewunderun­g. Rohner sei hoffentlic­h ein gutes Beispiel für alle, die zu faul sind, den nächsten Mülleimer zu benutzen.

Und der Schweizer ist glücklich über seine neue Ausstattun­g. Jetzt muss er sich zum Aufheben des Abfalls nicht mehr bücken. „Das ging auf den Rücken.“

In Zukunft will er auch die Parkplätze der örtlichen Supermärkt­e vom Müll befreien. Von dem einen Händler gab es grünes Licht, der andere will die kostenlose Dienstleis­tung nicht in Anspruch nehmen, schließlic­h kümmere sich schon ein Unternehme­n um die Grundstück­sreinigung. Dem Schweizer ist das allerdings egal: „Dann wird dort einfach illegal gesäubert.“

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FOTO: DPA Macht den Müll anderer Leute weg: Daniele Rohner.

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