Schwäbische Zeitung (Biberach)
Arbeit an Kerneuropa beginnt
Der wichtigste Teil des EU-Gipfels fiel am Donnerstag aus. Elf der 28 EUStaaten hatten sich mit dem türkischen Ministerpräsidenten darüber beraten wollen, welche Gegenleistungen Ankara dafür erwarten kann, dass es weniger Flüchtlinge aus der Türkei weiterreisen lässt. Vor allem die deutsche Kanzlerin setzt große Hoffnungen in diese Zusammenarbeit, seit klar ist, dass die EU-Nachbarn nicht in der Lage oder nicht willens sind, die Antworten auf das Problem zu finden.
Da das Flüchtlingsproblem ohne türkische Mithilfe nicht gelöst werden kann, bleiben Großbritanniens Sonderwünsche fast das einzige Thema auf der Tagesordnung. Überstunden werden die Chefs trotzdem schieben, denn die Details sind knifflig. Man fragt sich allerdings, ob das Leitungspersonal der EU keine anderen Sorgen hat. Am Mittwoch enthüllten belgische Medien, dass Islamisten möglicherweise die Entwendung von radioaktivem Material geplant hatten. Das zeigt, dass Brüssel und Ankara das gleiche Interesse haben müssen, das Terrornetzwerk auszuleuchten und die Einreise von Fanatikern zu verhindern.
Obwohl der Vorabgipfel der „Willigen“nicht stattfand, ist er das wichtigste Signal dieses Gipfels. Nach langen Debatten zeichnen sich erste Konturen eines Kerneuropa ab. Und die juristische Vorarbeit für alle anderen, die auch in Zukunft am europäischen Binnenmarkt teilnehmen wollen, ohne eine Grenze, eine Währung und eine Wertegemeinschaft zu teilen, wird in Angriff genommen.