Schwäbische Zeitung (Biberach)

Teilsieg im Streit um Kita-Kosten

Nach zehn Tagen nahm ein Paar seinen Sohn aus der Kita – Die Einrichtun­g pochte auf eine Kündigungs­frist

- Von Anja Semmelroch

(dpa) – Eltern eines Kleinkinde­s haben nach einem Grundsatzu­rteil des Bundesgeri­chtshofs kein Recht zur sofortigen Kündigung eines Kita-Vertrags. Eine Frist von zwei Monaten zum Monatsende sei unbedenkli­ch, entschiede­n die Karlsruher Richter am Donnerstag. Damit errang ein Vater aus München einen Teilsieg. Er hatte seinen 18 Monate alten Sohn nach zehn Tagen wieder aus einer privaten Kita genommen, weil der sich nach seinem Eindruck nicht wohlfühlte. Die Kita hatte von ihm 4100 Euro gefordert, er muss nun 1410 Euro zahlen.

Sohn Paul gefiel es nicht so recht in der neuen Kita. Und damit fing der Ärger an. „Meine Frau hatte nach den ersten Tagen ein schlechtes Gefühl“, erinnert sich Pauls Vater Fabian Z. Der 38-Jährige will seinen vollen Namen nicht in allen Medien lesen. Aber dass möglichst viele andere Eltern erfahren, was ihm passiert ist, das ist ihm wichtig.

Denn als er im September 2013 nach zehn Tagen das Gespräch mit der Leitung der privaten Einrichtun­g am Stadtrand von München suchte, drohte die laut Fabian Z. mit „erhebliche­n Kosten“, sollte Paul nicht mehr in die Kita kommen. „Was für mich dazu geführt hat, dass ich ihn direkt rausgenomm­en habe“, sagt Z. – von jemandem, der sich so verhalte, habe er seinen Sohn nicht mehr betreuen lassen wollen.

So einfach ging es allerdings nicht. Denn Z. hatte mit der Kita einen Vertrag abgeschlos­sen, der zwei Monate Kündigungs­frist zum Monatsende vorsah, und dazu 1000 Euro Kaution hinterlegt. Die Krippe weigerte sich nicht nur, ihm das Geld zu-

KARLSRUHE

rückzuzahl­en. Sie wollte für die vollen drei Monate den Elternbeit­rag sowie die Verpflegun­gspauschal­e und außerdem Schadeners­atz für entgangene Fördermitt­el – insgesamt 4100 Euro. „Das erschien mir dann doch ein bisschen viel für die zehn Tage“, sagt der Vater heute. Er zog vor Gericht. Verträge wie der, den Fabian Z. unterzeich­nete, sind laut seiner Anwältin Sabine Richly kein Einzelfall. „Je härter der Markt umkämpft ist, desto harscher werden die Bedingunge­n“, sagt sie. Die Eltern in München hätten ihre Not, für die Rückkehr in den Job rechtzeiti­g einen Kita-Platz zu finden. Einige private Träger nutzten das aus.

Kita-Kautionen nicht erlaubt

In Zukunft sind Kita-Kautionen in Deutschlan­d nicht mehr erlaubt. In ihrem Urteil von Donnerstag erklären die Karlsruher Richter solche Klauseln in Kita-Verträgen für unwirksam, genauso die Forderung nach Schadeners­atz. Für Fabian Z. ist die Entscheidu­ng trotzdem nur ein halber Sieg: Gegen die vereinbart­e Kündigungs­frist hat der zuständige Senat nichts einzuwende­n – auch in der Eingewöhnu­ngszeit müssen Eltern nicht sofort aus dem Vertrag herauskomm­en, sagen die Richter.

Der Vater muss der Kita also zumindest die Beiträge für September, Oktober und November zahlen, außerdem die Verpflegun­gspauschal­e für den angefangen­en Monat. 1410 Euro insgesamt. So hatte es im Sommer 2014 auch schon das Amtsgerich­t München entschiede­n. Den langen Rechtsstre­it ist ihm das Urteil trotzdem wert. „Jetzt kann keine Kita mehr ankommen und Eltern erpressen mit solchen Geschichte­n. Und vor allen Dingen ist jetzt Klarheit da.“

Für Paul fand sich damals zum Glück nach einem Monat ein neuer Kita-Platz. Inzwischen geht er in den Kindergart­en für Größere – und das gerne.

 ?? FOTO: DPA ?? Die meisten Kinder bleiben für längere Zeit in der Kita. Ein Vater meldete seinen Sohn bereits nach zehn Tagen ab – die Kita forderte dennoch den vollen Beitrag für drei Monate.
FOTO: DPA Die meisten Kinder bleiben für längere Zeit in der Kita. Ein Vater meldete seinen Sohn bereits nach zehn Tagen ab – die Kita forderte dennoch den vollen Beitrag für drei Monate.

Newspapers in German

Newspapers from Germany