Schwäbische Zeitung (Biberach)
Unser Konsumverhalten im Wandel
Alte Warenbücher und Gegenstände aus Dorfläden für Forschungsprojekt gesucht
- Ab wann konnten die Menschen im Landkreis Biberach in ihrem Dorfladen Bananen kaufen? War die Frucht ein Luxusartikel oder ein Lebensmittel für Jedermann? Was verkaufte sich 1920 gut im Laden um die Ecke und was 1940? Nur wenige dieser Fragen können wir heute beantworten, denn das Konsumverhalten der damaligen Zeit wurde bisher im Landkreis Biberach nicht wissenschaftlich erfasst. Das Team des Museumsdorfs Kürnbach möchte das ändern und bittet die Bevölkerung um Mithilfe.
Einst gab es in fast jedem kleinen Ort einen Dorfladen, in dem die Bewohner alles bekamen, was sie im Alltag brauchten. Nur: Was war das? Denn was wir als Gegenstände des Alltags betrachten, ändert sich kontinuierlich. „In einem typischen Dorfladen von 1920, 1930 gab es neben Mehl und Butter immer auch Knöpfe und Reißverschlüsse“, zählt Jürgen Kniep, Leiter des Museumsdorfs Kürnbach und des Kreisarchivs, auf. Was sich jedoch neben den vier genannten Artikeln noch in den Regalen eines solchen Tante-Emma-Ladens befand, darüber kann Kniep nur spekulieren.
KÜRNBACH
Was wurde verkauft?
Zwar liegen dem Kreisarchiv Listen vor, in welchem Ort im Landkreis Biberach wann ein solcher Laden eröffnet wurde. Verschollen und teils auch vernichtet sind jedoch die Bücher, in denen die Ladeninhaber festhielten, was ihre Kunden kauften. „Das wäre aber interessant zu wissen, da es viel über das Konsumverhalten der Menschen von damals aussagt“, erklärt Jeanette Metz, Kulturwissenschaftlerin und zurzeit Volontärin im Museumsdorf Kürnbach.
Die beiden bitten die Menschen im Landkreis Biberach daher, auf ihren Dachböden nachzusehen, ob jemand noch solche alten Waren- oder Wirtschaftsbücher oder sonstige einstige Gegenstände aus einem früheren Dorfladen hat. Auch Fotos, die das Innere eines früheren Dorfladens zeigen, sind interessant. „Toll wäre es auch, wenn sich Kinder oder Enkel eines einstigen Ladeninhabers melden würden, um zu berichten, woran sie sich erinnern“, sagt Kniep.
Bild der Vergangenheit
Es geht darum, ein Bild der Vergangenheit zu schaffen: Wie waren die Läden sortiert? Hatte der Dorfladen in Unteressendorf das gleiche Sortiment wie der in Ingoldingen? Verkauften die Dorfläden 1950 noch genauso viel Knöpfe und Reißverschlüsse wie 1900? Für welche Waren fuhren die Bauern aus Kürnbach bis nach Biberach? Je mehr Fragen beantwortet werden können, umso detaillierter können Kniep und sein Team skizzieren, wie sich das Konsumverhalten der Menschen im Laufe der Jahrzehnte änderte. „Je nachdem, wie viele Menschen sich bei uns melden, entscheiden wir dann, was wir mit den Daten machen“, so der Museumsleiter. Entweder wird es nach der Auswertung der Daten eine Publikation geben, eine Ausstellung oder sogar ein richtiges Forschungsprojekt. Was schon feststeht: Das Museumsdorf Kürnbach wird seinen Eingangsbereich so vergrößern, dass sich auch der bisherige Ladenbereich vergrößert. „Wir planen, dort das Inventar eines Tante-Emma-Ladens aus Unteressendorf aufzubauen, das wir vor Jahren erworben haben“, erklärt Kniep. Sollten bei den jetzigen Recherchen weitere interessante Fundstücke hinzukommen, könnten diese dort mit ausgestellt werden. „Das Thema ist aus unserer Sicht aktueller denn je, denn gerade in den kleineren Dörfern erleben die Tante-Emma-Läden zurzeit eine Renaissance“, so Kniep. Eventuell lasse sich darum ein Bogen bis in die heutige Zeit spannen: Welche Konzepte früher und welche heute funktionieren. „Die Menschen wollen nicht mehr für jede Kleinigkeit von Rottum bis nach Ochsenhausen fahren, doch es braucht ein schlüssiges Konzept, damit ein Dorfladen auch heute wirtschaftlich funktioniert.“Und vielleicht liege die Antwort hierfür in der Vergangenheit.
Projekt
Wer bei dem mitmachen möchte, kann sich bei Jeanette Metz melden unter der Telefonnummer 07583/9420512 oder per E-Mail an jeanette.metz@biberach.de