Schwäbische Zeitung (Biberach)
Extreme Trockenheit
Die Erfahrungen von zwei Läufern 500 Meter unter der Erdoberfläche
- Äußerst trockene Luft, künstliches und kurzzeitig schwaches Licht und keine Zuschauer an der Strecke: Der Kristallmarathon im thüringischen Merkers lockt die Sportler in die Tiefe, gelaufen wird mehrere Hundert Meter unter der Erdoberfläche in den Stollen eines ehemaligen Salzbergwerks. Martin Weckerle (Marathon) und Willi Waibel (Halbmarathon), zwei der zwölf Teilnehmer vom Lauftreff des SV Birkenhard, schildern ihre Eindrücke.
Es gibt Stimmen, die warnen vor den Strapazen dieses Rennens – zu heiß, zu stickig sei die Luft, das Salz an den Wänden ziehe Wasser aus dem Körper und der Kreislauf werde zu stark belastet. Die Sportler sehen es anders, sie genießen den Lauf und die Atmosphäre, auch wenn die Anforderungen andere sind als bei überirdischen Läufen. „Es ist einfach ein geiler Lauf“, sagt der Biberacher Willi Waibel, der zum dritten Mal dabei war. Der in Ummendorf heimische Martin Weckerle schwärmt von dem „besonderen Erlebnis“und einem Rennen, „das nicht überall stattfindet“.
Hinterher steckte den Läufern das Erlebnis aber schon in den Knochen und Muskeln. „Es war ziemlich anstrengend“, so Waibel. „Zwei Tage danach brachte ich noch keinen Fuß auf den Boden.“Der Kristallmarathon sei „eine hohe Belastung“, sagt auch Weckerle. Doch das hängt mit der Strecke
BIRKENHARD
zusammen, sagen die Läufer, die nicht unerfahren sind und Freiluftrennen kennen. Flache Passagen gebe es im Bergwerk wenige, vielmehr sei es ein ständiges Auf und Ab, sagt Waibel. Einzelne Stellen seien schon „knackig“, sagt Waibel, einmal gehe es 15 Prozent bergab. „Da ist höchste Vorsicht geboten.“Was kein Problem ist, denn über weite Strecken ist es in den Stollen hell genug. „Die Runde ist fast komplett beleuchtet, nur bei zwei kurzen Passagen gibt es weniger Licht“, so Weckerle. „Da kann man sich aber am Vordermann orientieren.“Oder man schaltet die mitgeführte Stirnlampe ein, worauf Waibel und Weckerle verzichteten – ihnen war es hell genug, zudem kannten sie die Strecke.
Die äußeren Bedingungen empfanden Weckerle und Waibel als angenehm – keine Spur von stickig und schwül. „Es ist eine relativ reine Luft“, sagt Waibel. Auch Marathonläufer Weckerle nannte die Luft „sehr gut“. „Es gab sogar Abschnitte, in denen man sagen konnte, dass es zieht.“Beide Läufer verweisen darauf, dass dort unten und vor allem in der großen Halle, in der sich die Läufer (deren Zahl auf 500 beschränkt ist) vor dem Rennen umziehen und vorbereiten, noch andere Veranstaltungen stattfinden: Musikkonzerte, Firmenfeiern oder Mountainbiketouren.
Bei 21 Grad liege die Lufttemperatur in den Stollen, sagt Waibel, doch gefühlt sei es drei, vier Grad kühler. „Ideal zum Laufen“, findet Weckerle. Gleichwohl ist die Luftfeuchtigkeit extrem niedrig, die Luft somit sehr trocken und „ein wenig salzhaltig“, so Waibel, für den die Trockenheit aber „optimal“sei. Bei einem ähnlich langen Lauf im Burrenwald „muss ich mir normalerweise 50 bis 60 Mal die Nase putzen, da unten aber nicht“, sagt er. Die Luft im Salzbergwerk sorgt auch dafür, dass die Haut der Läufer trocken bleibt. „Man schwitzt schon, je nach Typ mehr oder weniger stark“, so Weckerle. Doch auf der Haut verdunstet die Feuchtigkeit rasch. Waibel: „Der Stoff am Körper ist klatschnass, aber wo nackte Haut ist, ist nichts feucht.“
Zwei Verpflegungsstellen
Wichtig ist es, viel zu trinken. Auf der Strecke gibt es zwei Verpflegungsstellen und pro Runde somit zwei Möglichkeiten, sich zu verpflegen. „Man muss permanent trinken“, sagt Weckerle, der beim Marathon 13 Runden lief. „Und alle drei Runden habe ich Powergel genommen und Energie zugeführt.“
Martin Weckerle hat seinen zweiten Kristallmarathon hinter sich, einmal mehr, im Halbmarathon, war Willi Waibel im früheren Kalibergwerk unterwegs. Es dürfte nicht das letzte Mal gewesen sein. Die Frage, ob sie noch einmal unter Tage starten werden, beantworten sie ohne Zögern. „Auf jeden Fall, das Laufen ist wie eine Sucht“, so Weckerle. Nicht anders denkt Waibel: „Das macht süchtig und Spaß.“