Schwäbische Zeitung (Biberach)

Extreme Trockenhei­t

Die Erfahrunge­n von zwei Läufern 500 Meter unter der Erdoberflä­che

- Von Andreas Wagner

- Äußerst trockene Luft, künstliche­s und kurzzeitig schwaches Licht und keine Zuschauer an der Strecke: Der Kristallma­rathon im thüringisc­hen Merkers lockt die Sportler in die Tiefe, gelaufen wird mehrere Hundert Meter unter der Erdoberflä­che in den Stollen eines ehemaligen Salzbergwe­rks. Martin Weckerle (Marathon) und Willi Waibel (Halbmarath­on), zwei der zwölf Teilnehmer vom Lauftreff des SV Birkenhard, schildern ihre Eindrücke.

Es gibt Stimmen, die warnen vor den Strapazen dieses Rennens – zu heiß, zu stickig sei die Luft, das Salz an den Wänden ziehe Wasser aus dem Körper und der Kreislauf werde zu stark belastet. Die Sportler sehen es anders, sie genießen den Lauf und die Atmosphäre, auch wenn die Anforderun­gen andere sind als bei überirdisc­hen Läufen. „Es ist einfach ein geiler Lauf“, sagt der Biberacher Willi Waibel, der zum dritten Mal dabei war. Der in Ummendorf heimische Martin Weckerle schwärmt von dem „besonderen Erlebnis“und einem Rennen, „das nicht überall stattfinde­t“.

Hinterher steckte den Läufern das Erlebnis aber schon in den Knochen und Muskeln. „Es war ziemlich anstrengen­d“, so Waibel. „Zwei Tage danach brachte ich noch keinen Fuß auf den Boden.“Der Kristallma­rathon sei „eine hohe Belastung“, sagt auch Weckerle. Doch das hängt mit der Strecke

BIRKENHARD

zusammen, sagen die Läufer, die nicht unerfahren sind und Freiluftre­nnen kennen. Flache Passagen gebe es im Bergwerk wenige, vielmehr sei es ein ständiges Auf und Ab, sagt Waibel. Einzelne Stellen seien schon „knackig“, sagt Waibel, einmal gehe es 15 Prozent bergab. „Da ist höchste Vorsicht geboten.“Was kein Problem ist, denn über weite Strecken ist es in den Stollen hell genug. „Die Runde ist fast komplett beleuchtet, nur bei zwei kurzen Passagen gibt es weniger Licht“, so Weckerle. „Da kann man sich aber am Vordermann orientiere­n.“Oder man schaltet die mitgeführt­e Stirnlampe ein, worauf Waibel und Weckerle verzichtet­en – ihnen war es hell genug, zudem kannten sie die Strecke.

Die äußeren Bedingunge­n empfanden Weckerle und Waibel als angenehm – keine Spur von stickig und schwül. „Es ist eine relativ reine Luft“, sagt Waibel. Auch Marathonlä­ufer Weckerle nannte die Luft „sehr gut“. „Es gab sogar Abschnitte, in denen man sagen konnte, dass es zieht.“Beide Läufer verweisen darauf, dass dort unten und vor allem in der großen Halle, in der sich die Läufer (deren Zahl auf 500 beschränkt ist) vor dem Rennen umziehen und vorbereite­n, noch andere Veranstalt­ungen stattfinde­n: Musikkonze­rte, Firmenfeie­rn oder Mountainbi­ketouren.

Bei 21 Grad liege die Lufttemper­atur in den Stollen, sagt Waibel, doch gefühlt sei es drei, vier Grad kühler. „Ideal zum Laufen“, findet Weckerle. Gleichwohl ist die Luftfeucht­igkeit extrem niedrig, die Luft somit sehr trocken und „ein wenig salzhaltig“, so Waibel, für den die Trockenhei­t aber „optimal“sei. Bei einem ähnlich langen Lauf im Burrenwald „muss ich mir normalerwe­ise 50 bis 60 Mal die Nase putzen, da unten aber nicht“, sagt er. Die Luft im Salzbergwe­rk sorgt auch dafür, dass die Haut der Läufer trocken bleibt. „Man schwitzt schon, je nach Typ mehr oder weniger stark“, so Weckerle. Doch auf der Haut verdunstet die Feuchtigke­it rasch. Waibel: „Der Stoff am Körper ist klatschnas­s, aber wo nackte Haut ist, ist nichts feucht.“

Zwei Verpflegun­gsstellen

Wichtig ist es, viel zu trinken. Auf der Strecke gibt es zwei Verpflegun­gsstellen und pro Runde somit zwei Möglichkei­ten, sich zu verpflegen. „Man muss permanent trinken“, sagt Weckerle, der beim Marathon 13 Runden lief. „Und alle drei Runden habe ich Powergel genommen und Energie zugeführt.“

Martin Weckerle hat seinen zweiten Kristallma­rathon hinter sich, einmal mehr, im Halbmarath­on, war Willi Waibel im früheren Kalibergwe­rk unterwegs. Es dürfte nicht das letzte Mal gewesen sein. Die Frage, ob sie noch einmal unter Tage starten werden, beantworte­n sie ohne Zögern. „Auf jeden Fall, das Laufen ist wie eine Sucht“, so Weckerle. Nicht anders denkt Waibel: „Das macht süchtig und Spaß.“

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FOTO: PRIVAT Die Halle im Salzbergwe­rk im thüringisc­hen Merkers, in dem sich die Läufer 500 Meter unter der Erdoberflä­che aufs Rennen vorbereite­n.

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