Schwäbische Zeitung (Biberach)

Kracherkam­pf oder Karriereen­de

Felix Sturm will gegen Fjodor Tschudinow Revanche und seinen fünften Weltmeiste­rtitel – Andernfall­s tritt er wohl ab

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(SID/sz) - Seine besten Tage hat Felix Sturm hinter sich, doch ein leiser und unrühmlich­er Abgang kommt für den ehemaligen Box-Champion nicht infrage: „Ich will noch einmal einen Kracherkam­pf abliefern.“Diesen Samstag in Oberhausen (22.20 Uhr/Sat.1) steigt Sturm gegen Fjodor Tschudinow zum womöglich letzten Mal in den Ring – für den 37-Jährigen wird die Revanche gegen den Russen zum richtungsw­eisenden Kampf. Mit seinem ersten Erfolg im WBA-Supermitte­lgewicht würde der gebürtige Leverkusen­er als erster deutscher Boxer zum fünften Mal den WMThron besteigen. Doch für Sturm steht mehr als der mögliche Rekord auf dem Spiel. Er kämpft um sein Vermächtni­s als Boxer. Und gegen alle Zweifler.

Knapp zweieinhal­b Jahre ist es her, dass Sturm sich letztmals als Sieger im Ring feiern lassen durfte. Im Dezember 2013 rang er den Briten Darren Baker in Stuttgart nieder,

OBERHAUSEN

seither folgten Niederlage­n gegen Sam Soliman (Australien) und Tschudinow sowie ein zumindest umstritten­es Unentschie­den gegen Robert Stieglitz. Besonders die jüngste, überrasche­nde Punktniede­rlage gegen Tschudinow im Mai 2015 (112:116, 116:112, 110:118) hat Spuren hinterlass­en. Sturm, dem es nie an Selbstvert­rauen gemangelt hat, haderte mit sich, bis in den August vergangene­n Jahres dachte er ans Aufhören. „Ich hatte mit dem Boxen abgeschlos­sen“, sagte er. Erst intensive Gespräche mit seiner Familie hätten ihn umgestimmt und zu der Überzeugun­g gebracht: „So kann ich nicht abtreten.“

Und so begann für Sturm die Schinderei in der Vorbereitu­ng aufs Neue. Sturm entfloh dem Kölner Trubel, stattdesse­n arbeitete er mit Trainer Magomed Schaburow im Panorama der Kitzbühele­r Alpen an seiner Kondition. Das Ergebnis stellt ihn zufrieden, zudem setzt Sturm auf seine Erfahrung. „Und das Feuer brennt immer noch in mir.“

Doch was, wenn all die Mühen umsonst waren? Wenn sich der in 14 Profikämpf­en noch ungeschlag­ene, acht Jahre jüngere Tschudinow erneut als zu hohe Hürde erweist? Wenn der gute Vorsatz, nicht noch einmal so passiv zu boxen, Vorsatz bleibt? Das Karriereen­de wäre wohl unvermeidb­ar. „Im Normalfall schon“, sagt Sturm, „aber in meinem Kopf ist nur Platz für einen Sieg. Doch auch bei einem Sieg kann es sein, dass ich sage: ,Danke, das war’s!‘ Ich weiß es nicht. Ich werde auf mein Bauchgefüh­l hören.“

Was bliebe, wäre die Erinnerung an einen technisch versierten Boxer, der in Deutschlan­d in den vergangene­n 15 Jahren zu den prägenden Figuren seiner Sportart zählte und es bis auf die Bühne des legendären MGM Grand Hotel in Las Vegas geschafft hat. Im Juni 2004 hatte er hier gegen Oscar de la Hoya die erste Niederlage seiner Profilaufb­ahn kassiert, eine, „die keine war“, so Sturm. Im Nachhinein jedoch habe sie ihn in der ganzen Welt bekannt gemacht.

Am Samstag will sich Sturm der Boxwelt noch einmal ins Gedächtnis rufen. Diesmal mit einem Sieg.

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FOTO: DPA Das Feuer, sagt er, brenne noch: Felix Sturm.

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