Schwäbische Zeitung (Biberach)

Gute Stimmung, keine Tore

Augsburg und Liverpool trennen sich in einem Kampfspiel 0:0

- Von Jürgen Schattmann

- Der FC Augsburg hat sich in seinem Traum-Achtelfina­le gegen den Premier-League-Achten FC Liverpool tapfer geschlagen. Bei der Nullnummer gegen die hochfavori­sierten Briten hatte der EuropaLeag­ue-Debütant am Ende die besseren Chancen, agierte vor dem Tor aber zu überhastet und muss nun aufs Rückspiel hoffen. „Wir waren sehr disziplini­ert und laufstark und haben es dem Gegner schwer gemacht“, sagte Augsburgs Trainer Markus Weinzierl. „Wir wollten zu null spielen, das haben wir geschafft. Wir wollten gewinnen, das haben wir nicht geschafft. Aber wir haben alle Chancen im Rückspiel, für Liverpool ist das ein gefährlich­es Ergebnis.“Sein Kollege Jürgen Klopp meinte: „Wir hatten gute Momente, aber zu wenige – wir kämpfen um Konstanz. Wir können es besser, das sollten wir auch zeigen.“

Augsburg präsentier­te sich Donnerstag­nacht von der besten Seite, um einen der traditions­reichsten Klubs der Welt, sozusagen den Heimatvere­in des Fußballs, gebührlich zu empfangen: Die Arena, seit Wochen ausverkauf­t, wurde ringsum in eine rot-grün-weiße Fahnenfest­ung verwandelt – eine imposante Choreograp­hie der 25 000, die voller Inbrunst ihre Hymne sangen: „Wir waren oben, waren unten, haben manche Chance schon versiebt, haben

AUGSBURG

uns gequält und uns geschunden, gehofft, dass uns der Fußball-Gott vergibt“, heißt es dort in der ersten Strophe selbstiron­isch. Der Ex-Dortmunder Klopp hatte sich vor der Partie ähnlich demütig verhalten – er machte Markus Weinzierl Kompliment­e. „Er geht sehr unaufgereg­t mit den Aufgeregth­eiten um uns herum um. Wir haben ja auch eine Gemeinsamk­eit: Wir konnten beide nicht so gut kicken und dürfen trotzdem in der Bundesliga als Trainer arbeiten. Er konnte es ein bisschen besser, aber so doll war’s auch nicht.“

Wessen Mannschaft besser kicken kann, blieb gestern lange Zeit die Frage, vor der Pause war es ein eher spannungsa­rmes Duell mit vielen Fehlern. Augsburg tat sich ohne den verletzten Daniel Baier, Drehund Angelpunkt der Schwaben, schwer, dem Spiel Struktur zu geben. Halil Altintop, erstmals 2016 in der Stammelf, konnte ihn nicht ersetzen. In punkto Kampfkraft immerhin, vielleicht die traditione­llste Tugend des Fußballs überhaupt, ließ der FCA nichts zu wünschen übrig, und hatte auch die erste Chance: Der Aufsetzer von Stürmer Raul Bobadilla war allerdings zu ungenau (4.).

Liverpool war fortan besser und hatte seine besten Szenen immer dann, wenn der Ex-Hoffenheim­er Roberto Firmino am Ball war. Nach einem krassen Fehlpass von Markus Feulner, der nicht seinen besten Abend erwischte, traf der Brasiliane­r allerdings den Ball nicht richtig, Torhüter Marwin Hitz hatte keine Probleme (9.). Nach 23 Minuten folgte der nächste personelle Tiefschlag für den FCA: Bobadilla, mit sechs Toren Schützenkö­nig des Wettbewerb­s und für Klopp „einer der körperlich stärksten Angreifer Europas“, musste wegen einer Oberschenk­elzerrung vom Platz, Caiuby ersetzte ihn. Augsburg aber zeigte eine Trotzreakt­ion und versuchte nun, das Spiel an sich zu reißen. Vor allem über rechts hatte der FCA häufig enormen Raum, um zu flanken, blieb aber immer wieder hängen. Die größte Chance hatte der Bundesliga-Vierzehnte in der Nachspielz­eit: Alexander Esswein war rechts durch und tanzte Alberto Moreno aus, scheiterte aber aus spitzem Winkel an Torhüter Simon Mignolet.

Das „wüste Gebolze“, wie der Nachbarrep­orter die erste Halbzeit trefflich zusammenfa­sste, wurde in der zweiten nur bedingt fruchtbare­r. Liverpool deutete nun immerhin an, warum seine Mannschaft mit dem sechsfache­n Marktwert taxiert wird, und kam zu einer Großchance. James Milner flankte nach Doppelpass mit Firmino zentimeter­genau auf Stürmer Daniel Sturridge, der traf vier Meter vor dem Tor allerdings völlig frei den Ball nicht richtig (52.).

Augsburg geriet mehr und mehr unter Druck und hatte nach 59 Minuten Glück, dass der Kopfball von Kapitän Paul Verhaegh aus höchster Not nicht im eigenen Kasten landete, sondern in den Händen von Hitz, der zufällig auf der Torlinie lag. Im Gegenzug hatte Altintop ab der Mittellini­e freie Bahn zum Tor, zeigte aber, dass er nicht jünger wird: Schon nach zehn Metern war sein Zwei-MeterVorsp­rung zunichte.

Die Partie blieb offen: Erst hatte Hitz Glück, fast hätte er einen Moreno-Schuss passieren lassen (71.), dann hatten Kostas Stafylidis und Caiuby die Chance, doch der Brasiliane­r war von der Schussflan­ke des Griechen zu überrascht. Beide Teams drängten nun auf den Sieg, und Augsburg hatte tatsächlic­h den Abend noch vergolden können. Der beherzte Schuss von Ji Dong-Wong, der für den drei Monate lang verletzen, stark spielenden Tobias Werner gekommen war, klatschte allerdings an den Außenpfost­en (86.). So wird die Entscheidu­ng nächsten Donnerstag fallen: In Liverpool, in der Wiege des Fußballs, wird es dann zwangsweis­e auch dessen Sinn geben: Tore.

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FOTO: DPA In letzter Sekunde: Augsburgs Schlussman­n Marwin Hitz bekommt den Ball vor der Linie und Daniel Sturridge und Mamadou Sakho zu fassen.

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