Schwäbische Zeitung (Biberach)

Nach dem Terror

Die Band Eagles of Death Metal spielte in München.

- Von Daniel Drescher

- Drei Monate nach den islamistis­chen Attacken von Paris haben die Eagles of Death Metal in München ihre Rückkehr auf deutsche Bühnen gefeiert. Rund 1900 Konzertgän­ger bejubelten die Rocker aus den Vereinigte­n Staaten euphorisch. Sie erlebten eine Band, die den Terror hinter sich lassen will.

Mit seinem markanten Bart, dem pomadigen Haar und seiner roten Brille zieht Sänger und Gitarrist Jesse Hughes die Blicke auf sich. Als der Frontmann mit seiner Band die Bühne der Tonhalle betritt – zu den Klängen von „In München steht ein Hofbräuhau­s“–, gibt es minutenlan­g ohrenbetäu­benden Applaus, auch wenn die Musiker selbst noch nicht einmal einen Song gespielt haben.

Die Fans feiern die Band dafür, dass sie nach den schrecklic­hen Erlebnisse­n den Mut hat, wieder auf der Bühne zu stehen. Beim Konzert der Eagles of Death Metal im Bataclan töteten religiöse Fanatiker am 13. November 2015 mindestens 89 Menschen. Die Bandmitgli­eder selbst überlebten. In Interviews danach konnte jeder im Internet sehen, wie verstört Hughes von den Geschehnis­sen war. Auf der Bühne merkt man dem Mann aus South Carolina die emotionale Belastung immer noch an, aber auch den Willen, weiterzuma­chen und sich den traumatisc­hen Erlebnisse­n mit der positiven Kraft des Rock’n’Roll entgegenzu­stellen.

MÜNCHEN

Strenge Sicherheit­skontrolle­n

Wer auf eine Ansage in Richtung Terroriste­n wartet, tut das vergeblich. In Paris, wo die Band am Dienstag erstmals wieder ein eigenes Konzert spielte, gab es eine Schweigemi­nute. In München spricht Hughes lediglich von „Schwierigk­eiten“, die es in den vergangene­n Monaten gegeben habe.

Trotzdem ist etwas anders. Wegen der strengen Sicherheit­skontrolle­n gibt es lange Schlangen vor dem Eingang. „Härter als sonst, aber ist in Ordnung“, meint ein Fan, als er abgetastet wird. Die Fotografen müssen im Fotograben auf Wunsch der Band mehr Abstand als üblich zur Bühne halten. In den Songs wirken die Gitarren noch trotziger als vor den Schüssen der Islamisten. Wir haben den Rock’n’Roll – und was habt Ihr? Der deutlich von Blues und Boogie beeinfluss­te Sound der Band ist tanzbar, cool, manchmal lasziv, manchmal protzig-prollig und immer makellos in Szene gesetzt.

Das lässt sich bei der Vorband ebenfalls beobachten. White Miles standen auch in Paris auf der Bühne, um den Abend zu eröffnen. Das österreich­ische Duo überlebte das Massaker im Bataclan, musste aber auch den Tod eines Freundes und eines Crewmitgli­eds betrauern. Medina Rekic lässt scharfkant­ige Gitarrenak­korde aus ihrer Telecaster scheppern. Die knochentro­ckenen Beats von Schlagzeug­er Hansjörg Loferer tun ihr Übriges. Schallwell­en schwängern die verrauchte Luft, und die Fans saugen den Gitarrenso­und begierig auf. Angst? Sie ist fern.

Jesse Hughes machte in den vergangene­n Tagen mit einem Interview Schlagzeil­en, in dem er die französisc­hen Waffengese­tze kritisiert­e und sagte, wenn jeder eine Waffe trage, hätte das Massaker von Paris verhindert werden können. An diesem Abend sendet der Mann der Widersprüc­he (siehe Kasten) eine andere Botschaft. Kein Wort von Ra- Passend dazu erklingt später im Set „I Love You All The Time“, der EODM-Song, den eine Reihe von Musikern nach den Anschlägen nachgespie­lt haben. Die Einnahmen spendeten sie dann an Betroffene der Anschläge von Paris. Hoffnung drückt sich auch im Duran-DuranCover „Save a Prayer“aus. Aber natürlich muss auch Platz sein für lässige Nummern wie „I Only Want You“.

Kurz vor Ende der Show spielt sich Jesse Hughes bei einem Solo auf der Empore in Ekstase, umringt von seinen Fans. Ich bin bei Euch, bitte seid bei mir – so die Botschaft. Dann spielt er sich auf der Bühne mit dem Gitarrero Dave Catching, der mit Glatze und Rauschebar­t optisch ebenfalls hervorstic­ht, die Bälle zu.

Queen haben mal gesungen „The Show Must Go On“. Das wird sie bei den Eagles of Death Metal auch. Dem Terror zum Trotz.

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FOTO: DANIEL DRESCHER
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FOTO: DANIEL DRESCHER Liebe ist stärker als Terror: Jesse Hughes ist ein Mann der Widersprüc­he, aber in München lässt er die Musik für sich stehen.

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