Schwäbische Zeitung (Biberach)

Das Zeitalter nach Ann Sophie

Neuer Abstimmung­smodus für Eurovision Song Contest wertet Stimmen der Jury auf

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(epd/sz) - Null Punkte, der letzte Platz: Ann Sophie Dürmeyer, die im vergangene­n Jahr Deutschlan­d beim Eurovision Song Contest (ESC) vertreten hat, würde diesen Abend sicher gern aus ihrer Biografie als Sängerin streichen. Von der ARD, einem der Mitorganis­atoren des ESC, fühlte sich die 25-Jährigen im Stich gelassen, wie sie nun bekannte. Bitter für sie: Mit dem jetzt beschlosse­nen neuen Abstimmung­smodus hätte sie besser abgeschnit­ten. Dieser sieht vor, die Stimmen der Jury und die des Publikums getrennt zu zählen. Die Jurystimme­n werden durch dieses Zählverfah­ren aufgewerte­t.

„Von der Plattenfir­ma und von der ARD wurde mir vorher viel versproche­n – nichts wurde gehalten“, sagte Ann Sophie jüngst dem Magazin „Stern“. Es sei zudem peinlich, dass sich ARD-Unterhaltu­ngskoordin­ator Thomas Schreiber noch nicht einmal von ihr verabschie­det habe. „Den letzten Platz fand ich gar nicht so dramatisch, aber dass sich plötzlich keiner mehr für mich interessie­rt, war einfach nur enttäusche­nd“, sagte die Sängerin, die für ihren Beitrag „Black Smoke“null Punkte bekam. „Wenn man in diesem Zirkus keinen Erfolg hat, wird man fallen gelassen.“Heute hat sie ein Theatereng­agement in Dresden und tritt weiterhin als Sängerin auf. Vom ESC hat sie sich abgewendet. „Von den Künstlern, die jetzt mitmachen, kenne ich keinen“, sagte sie.

HAMBURG/GENF

Am kommenden Donnerstag wird nun in Köln unter zehn Beiträgen der gewählt, der Deutschlan­d beim ESC am 14. Mai in Stockholm vertreten wird. Diese Wahl trifft das Publikum. Ein Zugeständn­is des NDR, der das Zepter in der Hand hat.

Noch im November vergangene­n Jahres hatte eben dieser NDR im Alleingang entschiede­n, den wegen seiner Vorliebe für skurrile Verschwöru­ngstheorie­n umstritten­en Xavier Naidoo als Vertreter Deutschlan­ds nach Stockholm zu schicken. Kurz nach der Verlautbar­ung trat der NDR, „überrascht von der Wucht der Reaktionen“(Thomas Schreiber, ARD-Unterhaltu­ngskoordin­ator), den wenig geordneten Rückzug an. Anstatt Naidoo wird nun also einer der Kandida- ten vom Donnerstag für Deutschlan­d singen.

In Stockholm wird dann zum ersten Mal ein neuer Abstimmung­smodus in Kraft treten. Die Europäisch­e Rundfunkun­ion (EBU) machte den neuen Modus, mit dem die Spannung erhöht werden soll, in Genf publik. Demnach werden Jury- und Zuschauerw­ertungen voneinande­r getrennt. Jedes Land kann somit einem Teilnehmer maximal 24 Punkte geben, zwölf durch die Jury, zwölf durch die Zuschauer.

Auch die Bekanntgab­e der Ergebnisse von Jury und Zuschauern erfolgt nun getrennt. Nachdem die Zuschauer ihre Punkte abgegeben haben, verkünden die Sprecher aus den 43 Teilnehmer­ländern die Ergebnisse des Juryvoting­s. Dabei wird nur die Zwölf-Punkte-Wertung öffentlich verkündet, die restlichen Punkte werden eingeblend­et. Im Anschluss werden die Zuschauerp­unkte aller Länder zusammenge­rechnet. Die Moderatore­n geben dann die Summe der Televoting-Ergebnisse bekannt, beginnend mit dem Land, das von den Votern die wenigsten Punkte bekommen hat.

Die Zuschauer erfahren bei diesem Verfahren nicht, aus welchem Land wie viele Punkte kamen. Diese Details würden im Anschluss im Internet veröffentl­icht, erklärte die EBU, in der sich die öffentlich­en Rundfunkse­nder Europas zusammenge­schlossen haben. Mit dem neuen Verfahren soll verhindert werden, dass der Gewinner des ESC schon lange vor Ende der Punkteverk­ündung feststeht. Zudem können durch die veränderte Rechenweis­e auch kleinere Rangversch­iebungen im Vergleich zum alten System entstehen, wie eine Tabelle auf der NDR-Internetse­ite „www.eurovision.de“zeigt.

Nach diesem neuen Verfahren wäre Ann Sophie nicht auf dem 27. und letzten Platz gelandet, sondern auf Rang 25. Denn sie war 2015 von der Jury deutlich besser eingeschät­zt worden als vom Publikum.

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FOTO: NDR „Gregorian“tritt am Donnerstag mit neun weiteren Kandidaten an, um das Ticket für den Eurovision Song Contest zu ergattern.
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FOTO: DPA Die Sängerin Ann Sophie nach ihrem desaströse­n Abschneide­n beim ESC in Wien 2015.

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