Schwäbische Zeitung (Biberach)

„Nicht jeder, der in Sorge ist, ist rechts“

Grünen-Landtagska­ndidat Josef Weber lädt umstritten­en Parteikoll­egen Boris Palmer ein

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(tab) - Unter dem Titel „Wir schaffen das! – Schaffen wir das?“hat Josef Weber, Landtagska­ndidat der Grünen für den Wahlkreis Biberach, einen Politiker nach Biberach eingeladen, der momentan stark die Schlagzeil­en bestimmt. Tübingens grüner Oberbürger­meister Boris Palmer polarisier­t seit Wochen mit seiner Haltung in der Flüchtling­spolitik. Auch deshalb sind rund 50 Gäste der Einladung ins „Tweety“gefolgt. Als Palmer die Kneipe gemeinsam mit dem Maselheime­r Bürgermeis­ter Elmar Braun mit etwas Verspätung betritt, ist der Applaus groß. Und Josef Weber erkennt bei seiner Begrüßung an: „Ich habe vorher schon zu spüren bekommen, dass ich heute gar nicht so wichtig bin.“

Als Josef Weber seinen Parteifreu­nd vor einiger Zeit nach Biberach einlud, konnte er nicht ahnen, welchen Wirbel gerade um dessen Person gemacht wird. „Ich glaube aber, wir zwei passen gut zusammen, wir sind aber doch ein bisschen anders gestrickt“, sagte Weber. Nach einer kurzen Vorstellun­g war es das aber auch schon vom Landtagska­ndidaten. Er überließ das Feld ganz den beiden Bürgermeis­tern, Boris Palmer und Elmar Braun.

Passend zur aktuellen Diskussion, blieb Palmer wohl nichts anderes übrig, als voll ins Thema einzusteig­en: „Es ist ja ein gewisses Risiko, mich einzuladen. Das liegt daran, dass ich meine Gosch nicht halten kann.“Denn in einem „Spiegel“-Interview hatte der OB unter anderem gesagt: „Spätestens seit den Übergriffe­n in der Silvestern­acht in Köln kommen selbst grüne Professore­n zu mir, die sagen: Ich habe zwei blonde Töchter, ich sorge mich, wenn jetzt 60 arabi-

BIBERACH

sche Männer in 200 Metern Entfernung wohnen.“Und Palmer stellt in Biberach klar: „Nicht jeder, der in Sorge ist, ist rechts.“Ihm werde jetzt vorgeworfe­n: „Geh’ doch zur AfD.“Das interessie­rte auch die Gäste: „Ich mache mir Sorgen um Ihre Position in der Partei“, sagte einer. Für Palmer kein Grund zur Sorge: „Das Gute an den Grünen ist, wir sind streiterfa­hren. Ich bin belastbar und bleibe Grüner.“Und weiter: „Es ist einfach eine blöde Angewohnhe­it von mir, Dinge genau so zu sagen, wie sie sind. Manchmal ist es besser, etwas Unwichtige­s wegzulasse­n.“Der grüne Professor habe diesen einen Satz zu ihm gesagt. „Das Phänomen, dass Menschen sich sorgen, ist einfach da und hat nichts mit Rassismus zu tun.“ Landtagswa­hl

2016

Denn auch er wolle, dass den Menschen, die in Kriegsgebi­eten leben und fliehen müssen, geholfen wird. „Alles, um was ich meine Partei bitte, ist, die Belastungs­grenzen wahrzunehm­en, denn sie existieren“, fordert Palmer. „Wir liegen mit unserem jetzigen Tempo darüber und brauchen deshalb dringend eine europäisch­e Lösung.“Weil es die nicht gebe, werde die AfD immer stärker.

Seine Flüchtling­spolitik beschreibt er so: „Wir müssen denen helfen, die unsere Hilfe am meisten brauchen. Wir sollten die Schleuser arbeitslos machen und die Schwachen selbst holen und nicht die, die sich ein besseres Leben wünschen.“Was sich Boris Palmer jedoch am sehnlichst­en wünscht, ist eine offene und sachliche Diskussion: „Wir müssen uns gegenseiti­g zuhören, Sorgen und Ängste ernst nehmen und aufhören, uns gegenseiti­g zu diffamiere­n.“

 ?? SZ-FOTO: TANJA BOSCH ?? Grüne diskutiere­n Flüchtling­spolitik und sind sich nicht in allen Punkten einig (v. l.): Josef Weber, Elmar Braun und Boris Palmer.
SZ-FOTO: TANJA BOSCH Grüne diskutiere­n Flüchtling­spolitik und sind sich nicht in allen Punkten einig (v. l.): Josef Weber, Elmar Braun und Boris Palmer.
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