Schwäbische Zeitung (Biberach)

Rote Äpfel für viele SPD-Stimmen

Stefan Gretzinger setzt im Wahlkampf auch auf Hausbesuch­e

- Von Gerd Mägerle

- Stefan Gretzinger ist der Jüngste im Feld der Landtagska­ndidaten im Wahlkreis Biberach. „Verantwort­ung zu übernehmen, ist keine Frage des Alters“, sagt der 22-jährige Student aus Oberhöfen (Warthausen), der für die SPD ins Landesparl­ament will.

Es ist nasskalt an diesem Februarnac­hmittag in Großschafh­ausen bei Schwendi. Im dunklen Mantel, rotem Schal und roten Handschuhe­n geht Stefan Gretzinger Klinken putzen. 20 Stunden pro Woche ist er im Wahlkreis unterwegs und macht klassische­n Haustürwah­lkampf. Wer ihm öffnet, bekommt neben einem Wahlprospe­kt auch einen roten Apfel. „Nicht veräppeln lassen. Am 13. März Stefan Gretzinger wählen.“ist in die Schale graviert. Etwa 50 dieser Äpfel schleppt Gretzinger bei jeder Klingelakt­ion in einer großen Tasche mit sich herum – Wahlkampf, der auf die Knochen geht.

BIBERACH

Jungwähler, Geringverd­iener und Migranten – insgesamt rund 5000 bis zum Wahltag – sind die Zielgruppe, die er mit den Besuchen ansprechen will. An diesem Nachmittag bleibt zwar manche Tür zu, andere freuen sich zumindest über den Apfel, und eine Frau meint: „Sie müssen mir nichts schenken, ich wähl’ Sie sowieso.“Politische Diskussion­en gibt es an der Haustür selten. „Die meisten nehmen Apfel und Prospekt und bedanken sich, das war’s“, sagt Gretzinger. Welchen Erfolg er sich dadurch ausrechnet? „Schwer zu beurteilen“, sagt er. „Aber wenn ich die Menschen im Landtag vertreten soll, gehört es sich, dass sie mich auch kennen.“ Landtagswa­hl

2016

Staatsmänn­ische Sätze

Er habe an einen Abgeordnet­en sehr hohe Ansprüche, erklärt Gretzinger sein Engagement. Er könne sich nichts Schöneres vorstellen, als für diesen Wahlkreis Abgeordnet­er zu sein. Dafür würde er sein Studium hintanstel­len. Sollte es nicht klappen, falle er aber in kein Loch. „Am 13. März entscheide­n die Menschen weniger über meine Zukunft als vielmehr über ihre eigene“, ist einer die- ser staatsmänn­ischen Sätze, die Gretzinger manchmal etwas zu inflationä­r einsetzt.

Das Interesse an Geschichte und Politik weckte sein Geschichts­lehrer am Biberacher Pestalozzi-Gymnasium (PG), seine politische Heimat fand er schnell bei der SPD. Durchhalte­vermögen, Teamgeist und Fleiß habe ihn seine Zeit als Fußballtor­wart beim TSV Warthausen gelehrt – so charakteri­siert er sich.

Als Ziele für den Wahlkreis nennt Gretzinger die Stärkung der Infrastruk­tur: Den Bau der Umfahrunge­n im Zuge der B 312, den vierspurig­en Ausbau der B 30 Richtung Ravensburg, den Ausbau der L 280 zwischen Oggelshaus­en und Bad Buchau sowie den Ausbau des letzten Teilstücks zwischen Fischbach und Eberhard- zell führt er an. Auch den Aufstieg zur B 30 befürworte er, auch wenn dieser direkt an seinem Heimatort vorbeiführ­en würde. Mit einher gehen müsse der Ausbau der digitalen Infrastruk­tur.

Pro Gemeinscha­ftsschule

Im Bildungsbe­reich bekennt sich Gretzinger klar zur Gemeinscha­ftsschule. Er habe selbst ein einwöchige­s Praktikum an der Mali-Gemeinscha­ftsschule in Biberach absolviert und durchweg positive Eindrücke mitgenomme­n. „Der Lehrer wird zum Lernbeglei­ter, die Schüler werden individuel­ler unterstütz­t“, sagt er. Sicher müsse man bei den Gemeinscha­ftsschulen noch nachbesser­n, „aber man darf das nicht mit einer ideologisc­hen Voreingeno­m- menheit betrachten“, so Gretzinger. Grundsätzl­ich brauche es im Bildungssy­stem Chancengle­ichheit. Um von Anfang an für gleiche Bedingunge­n zu sorgen, spricht er sich für gebührenfr­eie Kindergärt­en aus, ebenso wie für die Abschaffun­g der Gebühren für Meistersch­ulen.

Beim Thema Flüchtling­e gibt es für Gretzinger nur eine europäisch­e Lösung. „Ich halte nichts von Obergrenze­n und dem Bau von Zäunen.“Er sei stolz darauf, dass Deutschlan­d in der Welt zu einem Synonym für Hoffnung geworden sei. In diesem Zusammenha­ng sei ihm auch die Arbeit gegen Rechtsextr­emismus ein Herzensanl­iegen. „Mehr als 100 Angriffe gegen Flüchtling­sheime im Jahr 2015 – das ist nicht das Deutschlan­d, das ich kenne“, sagt Gretzinger.

Eine Prognose für die Wahl will er nicht abgeben. „Mir ist wichtig, dass ich am Wahlabend sagen kann, dass ich alles für ein gutes Ergebnis getan habe. Bis dahin werde ich um jede Stimme kämpfen.“Unter anderem mit roten Äpfeln.

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SZ-FOTO: GERD MÄGERLE „Nicht veräppeln lassen“: SPD-Landtagska­ndidat Stefan Gretzinger setzt im Wahlkampf auf vitaminrei­che Geschenke.
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