Schwäbische Zeitung (Biberach)
„Diese Menschen sind Menschen wie wir“
Abbas Khider schreibt in seinem neuen Roman über die Situation in einem Asylbewerberheim
ber die Deutschen sehen. Sie können mit ihnen nicht richtig reden, weil sie die Sprache nicht beherrschen, sie haben keinen Zugang zur Gesellschaft. Sie treffen immer wieder dieselben Berufsgruppen: Hausmeister, Caritas-Angestellte, Polizisten. Und diese Menschen, die ständig mit den Asylbewerbern zusammen sind, sind im Laufe der Zeit fix und fertig.
Warum sind sie das?
Es gibt so viele Probleme, die man nicht lösen kann, weil jeder sagt: „So ist das Gesetz.“Ich kritisiere also nicht die deutsche Gesellschaft, sondern das Verwaltungssystem, das uns zu komischen, gelangweilten Kreaturen gemacht hat. Auf der einen Seite stehen die Einheimischen als diese Kreaturen, auf der anderen Seite Asylbewerber, die nur in Angst leben: erst um die Aufenthaltserlaubnis, dann vor dem Widerruf.
2007 erhielten Sie die deutsche Staatsbürgerschaft. Aus welcher Perspektive betrachten Sie die aktuelle Lage?
Ich bin schon so lange in Deutschland, ich fühle mich als Teil der Gesellschaft. Mein Alltag ist ein deutscher Alltag. Und ich muss auch manchmal kritisch sein, wenn mir in diesem Land etwas nicht gefällt.
Was ist am wichtigsten im Umgang mit Flüchtlingen?
Diese Menschen sind Menschen wie wir. Daran müssen wir glauben, dann ändert sich viel. Das größte Problem liegt darin, wie man einen anderen Menschen ansieht. Wenn man ihn als minderwertig betrachtet, kann man ihm alles antun, ohne schlechtes Gewissen. Und das passiert mit den Asylbewerbern.
Rechtsradikale, Pegida- und AfDAnhänger, Asylkritiker: Wie würden Sie all diese umstimmen?
Ich organisiere für sie eine Ausbildung, für eine Woche: Zwei Tage müssen sie dort leben, wo die Flüchtlinge herkommen. Zum Beispiel in einem afrikanischen Dorf oder in Syrien mit Isis. Dann zwei Tage in einem Asylbewerberheim in Bayern oder in Brandenburg. Und anschließend müssen sie zwei Tage lang bei
Doch dadurch, dass in Köln Asylbewerber unter den Tätern waren, geht die Diskussion derzeit in eine andere Richtung ...
Selbst wenn Flüchtlinge dabei waren: Die haben Scheiße gebaut, da gibt es ein Gesetz und das gilt. Für alle, Deutsche wie Migranten. Basta. Machen wir daraus kein Drama, fangen wir nicht an, plötzlich alles infrage zu stellen. Weil darunter die Hunderttausenden leiden, die nur Sicherheit suchen. Die haben sie dann nicht mehr, sie bekommen Angst vor Deutschen. Die Deutschen bekommen wiederum Angst vor ihnen. Das ist ein Teufelskreis.