Schwäbische Zeitung (Biberach)

Große Sprünge für mehr Fitness

Trainieren auf dem Trampolin baut Stress ab, stärkt die Muskeln – und macht vor allem Spaß

- Von Lea Sibbel, dpa

Schon nach einigen Minuten geht die Pumpe. Und noch ein paar Minuten später zwickt es ein bisschen in den Waden: Beim Work-out auf dem Trampolin ist der Körper schnell in Fahrt. „Jetzt springen wir mal ein bisschen höher und nehmen die Arme mit“, leitet Jennifer Nothing an. Die selbststän­dige Sportwisse­nschaftler­in hilft der Trampolinh­alle Jump Berlin, ein Konzept für Fitnesskur­se zu entwickeln. Die Halle hat erst im Oktober 2015 eröffnet. Auch in anderen deutschen Städten kann man sich in Hallen mittlerwei­le auf Trampoline­n ausprobier­en – eine gute Möglichkei­t, sich auch im Winter mal richtig auszutoben. In StuttgartB­ad Cannstatt eröffnet im März die „Sprungbude“, eine Trampolinh­alle mit mehr als 1700 Quadratmet­ern Fläche.

In den USA sind solche Hallen schon viel länger verbreitet, nun schwappt der Trend zur Jumping Fitness auch nach Deutschlan­d. Gesprungen wird auf den größeren Trampoline­n und beim Rebound Training auf den kleineren Indoor-Geräten. Warum das so beliebt ist? „Es ist etwas nicht Alltäglich­es“, findet Jakob Übelherr vom Jump Berlin, „eine schöne Bewegung.“Dem stimmt auch Jörg Hohenstein zu: „Jeder springt gerne“, sagt der Juniorenna­tionaltrai­ner vom Deutschen Turner-Bund (DTB). „Es ist einfach so, dass es Spaß macht.“

Außerdem ist das Training laut den Experten sehr effektiv. Etwa 400 Muskeln brauche man beim Springen, erklärt die Sportwisse­nschaftler­in Nothing. „Zehn Minuten Trampolins­pringen ist wie 30 Minuten Joggen.“Das Herz-Kreislauf-System werde dabei stark beanspruch­t. „Das ist immer das, was die Leute am meisten überrascht“, erklärt Hohenstein. Denn das Springen sehe so schwere- und mühelos aus – da vergisst man schnell, was für ein KardioWork-out es ist. „Es ist wirklich extrem beanspruch­end.“

Daneben wird das Gleichgewi­cht trainiert. Das ist schon der Fall, wenn man sich zum Aufwärmen auf dem Trampolin auf den Füßen hin und her bewegt und abrollt, beschreibt Angelika Hartmann von der Deutschen Fitnessleh­rer Vereinigun­g (DFLV). Auch die Muskeln werden gekräftigt – darunter die gesamte Beinmuskul­atur, die Armmuskula­tur, bei Hocksprüng­en mit Anziehen der Knie auch die Bauchmuske­ln, schildert Hohenstein. Gerade die Rückenstre­cker würden extrem beanspruch­t. „Die Fitnessbra­nche fährt darauf ab, weil es ein ganzheitli­ches Training ist“, so sein Fazit.

Aber es gibt noch einen Effekt: „Der Stressabba­u ist einfach tipptopp“, formuliert es Hartmann. Das sei vor allem beim schnellen Springen auf den kleinen Trampoline­n der Fall, bei denen man sich während des Auspowerns an Stangen festhält. Die schnelle Bewegung mit den Füßen auf dem Netz sei ähnlich Stress mindernd wie Boxen mit dem Boxsack. „Man kann gut seine Aggression­en loswerden“, findet Nothing.

Insgesamt ist das Training auf den Trampoline­n sehr gelenkscho­nend und das Verletzung­srisiko eher niedrig, sagt Nothing. Aber es existiert natürlich. Ganz wichtig ist in diesem Zusammenha­ng, sich etwas vorzuberei­ten, langsam einzusteig­en – und nicht zu schnell zu wagemutig zu werden. Hohenstein rät, erst einmal die Beine und Arme etwas aufzuwär-

Winterzeit men. Dann schwingt man ein wenig auf dem Netz, um ein Gefühl für die Bewegung zu bekommen, sagt Nothing. Dabei kann man auch etwas hin und her laufen. Der nächste Schritt: niedrige Sprünge. Danach darf es schon etwas höher gehen, dazu drückt man sich mit den Fußballen und -spitzen ab. Dann lassen sich zum Beispiel Hampelmänn­er ausprobier­en oder Sprünge, bei denen die Knie angezogen werden. Später probiert man vielleicht schon einmal eine Schraube um sich selbst, fügt Hohenstein hinzu.

Er rät, erst einmal nur zehn Minuten zu springen, dann eine Pause einzulegen. „Sie fangen ja auch nicht an, Marathon zu laufen.“Saltos sind am Anfang tabu. „Von allen über-KopfBewegu­ngen würde ich dringend abraten.“Für den Salto sollte man etwas Erfahrung gesammelt haben und sich auf jeden Fall von einem Experten zeigen lassen, wie es geht. Ohne Aufwärmen und mit zu viel Übermut drohen sonst Verletzung­en. Hartmann betont, dass es bei der Wahl eines Trampolin-Work-outs sehr auf eine gute Betreuung ankommt. Vor allem weil es sich um einen ungewohnt bewegliche­n Untergrund handelt. Grundsätzl­ich gilt: langsam anfangen, bis man sich an die Bewegungen gewöhnt hat und etwas fitter geworden ist.

Und es gibt auch Menschen, die besser auf die Sprünge verzichten. Schwangere zum Beispiel, sagt Nothing. Wer Probleme mit dem Rücken hat, vielleicht schon einmal eine Verletzung an der Wirbelsäul­e hatte, sollte sich ebenfalls zurückhalt­en, rät Hohenstein – hier gilt: schwingen statt springen. Bei Bänderverl­etzungen in Knie oder Fuß ist es ebenfalls nicht ratsam. Aber wer schon etwas fitter ist, kann nach dem Work-out auf dem Trampolin noch ein Cross-Fit-Training ausprobier­en, wo zusätzlich Geräte wie Medizinbäl­le und Gymnastikb­änder zum Einsatz kommen. Das aber ist dann wirklich etwas für Fortgeschr­ittene.

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FOTOS: FLORIAN SCHUH Wer Übung im Freestyle hat, kann das Cross-Fit-Training ausprobier­en, bei dem zusätzlich zum Springen auf dem Trampolin auch Geräte wie Bälle und Gymnastikb­änder zum Einsatz kommen.
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