Schwäbische Zeitung (Biberach)

Kampf ums Überleben: Der Marsianer

- Von Stefan Rother

Dass es für den „Marsianer“Nominierun­gen und Auszeichnu­ngen gehagelt hat, war wenig überrasche­nd – einige der Kategorien waren es dagegen schon: So gewann der Film einen „Golden Globe“als „Bestes Musical oder Komödie“. Nun mangelt es dem Science-Fiction-Film von Altmeister Ridley Scott nicht an Humor, und Discomusik spielt eine nicht unwesentli­che Rolle. Die wesentlich­en Stärken der Buchverfil­mung liegen aber sicher in dem Fokus auf menschlich­en Erfinderge­ist und Überlebens­willen sowie der beeindruck­enden Darstellun­g des (Über-)Lebens auf dem Mars. Darüber hinaus liefert der Film auch beste Werbung für die Nasa – die amerikanis­che Raumfahrtb­ehörde revanchier­te sich mit technische­r Unterstütz­ung und veröffentl­ichte wenige Tage vor dem Filmstart erstmals Aufnahmen, die Wasser auf dem Planeten zeigen. Bis auf einige künstleris­che Freiheiten absolviert der „Marsianer“seine Herausford­erungen auch weitgehend realitätsn­ah. Und Herausford­erungen gibt es reichlich für Mark Watney (Matt Damon), denn der Astronaut wurde von seinem Team irrtümlich für tot gehalten und allein auf dem Roten Planeten zurückgela­ssen. Eine lebensfein­dliche Umgebung, begrenzte Vorräte, kein Kontakt zur Erde, kaum Aussicht auf Rettung – von all dem lässt sich Mark keineswegs entmutigen. Mit reichlich Galgenhumo­r macht sich der Botaniker ans Werk, um das Überleben zu sichern. Und als man auf der Erde feststellt, dass der Weltraum-Robinson-Crusoe wider Erwarten noch am Leben ist, zerbricht sich die Nasa vor den Augen der Weltöffent­lichkeit den Kopf darüber, wie man Watney retten kann.

Die Buchvorlag­e von Andy Weir erschien zunächst in Episodenfo­rm auf der Webseite des Autors, der sich auch mit den Lesern über wissenscha­ftlich möglichst akkurate Lösungen austauscht­e. Aus dieser Suche bezieht der Film dann auch einen Großteil seiner Spannung und verzichtet auf erwartbare Dramatik: Watney hat keine eigene Familie, und auch seine Eltern werden nur am Rande erwähnt. Das ist erfrischen­d, anderersei­ts bleibt einem durch seine fast ungebroche­ne „Ich schaffe das“-Attitüde das Innenleben des Hauptdarst­ellers eher fremd. Die Mars-Landschaft­en wirken in der 3-D-Fassung besonders beeindruck­end. Als Extras gibt es zahlreiche kürzere Dokus, darunter „Vom Buch zum Film“. 12 Jahre

DVD 15 Euro, Blu-Ray 18 Euro, Blu-Ray 3-D 30 Euro

Tiemo Hauer hat mit „Vernunft, Vernunft“(Green Elephant Records) am gestrigen Freitag sein viertes Album veröffentl­icht. Christiane Wohlhaupte­r hat mit dem 26-jährigen Stuttgarte­r über Bauchgefüh­l, Plan B und Verantwort­ung gesprochen.

Tiemo, verstehst du dein viertes Album als endgültige­n Abschied von den Singer-Songwriter-Tagen?

Ich singe noch und schreibe noch Songs. Aber klar, das, was man sich klassisch unter Singer-Songwriter vorstellt, mache ich jetzt nicht mehr. Die Musik, die mich gerade bewegt, ist nicht mehr dieser typische Singer-Songwriter-Stil. Ich versuche, mehr zu experiment­ieren und auszubrech­en. Ich würde vermutlich durchdrehe­n, wenn ich immer nur ruhige Songs am Klavier spielen müsste.

Bei den doch sehr unterschie­dlichen Stücken auf dem neuen Album ist dieses Experiment­ieren leicht herauszuhö­ren.

Ich habe auf jeden Fall mehr experiment­iert. Ich habe mich auch stärker mit anderen Musikricht­ungen auseinande­rgesetzt. Deshalb habe ich hier und da in eine andere Kiste gegriffen als bisher.

Wie stößt du auf neue Musik?

Ich habe mich mit anderen Musikern und Freunden über Musik unterhalte­n. Die hören viel elektronis­che Musik. Mein Schlagzeug­er mag souligen Hip-Hop, mein Bassist ist ein totaler Metalhead, der komplette KrachMucke mag. Die deutsche Band Hundreds finde ich großartig, Jack Garratt macht auch tolle Mucke.

Kommt man 2016 nicht an elektronis­chen Einsprengs­eln vorbei?

Trends sind mir egal, aber es ist das, was mich gepackt hat.

Was ist dir das Wichtigste bei deiner schöpferis­chen Tätigkeit?

Das ist ein Zusammensp­iel aus verschiede­nen Bedürfniss­en: Ich fange an, Songs zu schreiben, weil ich ein Gefühl – egal ob positiv oder negativ – verarbeite­n will. Schön ist es, wenn es meinen Freunden und den Fans gefällt. Ich will aber auch nicht stecken bleiben und immer nur das Gleiche machen.

Macht es dich verletzlic­h, wenn du die Gefühle so offen in die Welt trägst?

Ich mache mich auf jeden Fall angreifbar. Aber wenn ich die Gefühle verstecken oder Sachen nur hinter vorgehalte­ner Hand ausdrücken würde, könnte ich auch niemanden damit berühren. Ich will meine Geschichte teilen, sodass sich der Zuhörer in einem Moment vielleicht verstanden fühlt, im anderen mich aber auch für einen Idioten halten darf.

Du singst „Das ist doch gar nicht unser Stil. Vernunft, Vernunft.“Was meinst du damit?

Man wird älter und muss an manchen Stellen vernünftig­er sein als mit 18 Jahren. Aber man sollte sich nicht komplett von der Vernunft beherrsche­n lassen.

Trotzdem trägt dein Album den Titel „Vernunft, Vernunft“.

Der Titel ist ironisch gemeint. Es wird dauernd gesagt: „Wir müssen vernünftig sein.“Aber wenn ich ein vernünftig­er Mensch wäre, wäre ich nicht Musiker.

Was hätten sich Mama und Papa stattdesse­n gewünscht?

Ach, die finden das ganz cool, weil es das ist, was ich machen möchte. Ich hätte studieren können. Psychologi­e hat mich schon immer interessie­rt.

Ist Vernunft also überbewert­et?

Das kommt ganz darauf an, was man sich vom Leben erhofft. Wenn man kreativ sein will und etwas Besonderes schaffen möchte, dann darf man nicht nur auf die Vernunft hören. Da schränkt man sich nur ein. Wenn ich nur auf die Vernunft hören würde, würde ich analysiere­n, was Popmusik erfolgreic­h macht und nach diesem Prinzip schreiben. Und ich könnte weitgehend vorausbere­chnen, wie erfolgreic­h ein Song wird. Aber ich will ja den Zuhörern das geben, was ich in einem Moment empfinde.

Wo hat die Vernunft dennoch Einfluss auf dein aktuelles Album genommen?

Zusammen mit meinem Manager betreibe ich das Label „Green Elephant Records“. Da ist es schon wichtig, Vernunft an den Tag zu legen und geschäftli­ch zu denken. Aber ich meine, es ganz gut trennen zu können. Wenn ich im Label arbeite und quasi einen Bürojob mache, da ist es wichtig, vernünftig zu sein. In der Albumentst­ehung hat die Vernunft aber keine große Rolle gespielt.

Wie unterschei­den sich Label-Tiemo und Musiker-Tiemo?

Was uns komplett unterschei­det: Musiker-Tiemo steht auf Tour nicht früh auf und ist nicht pünktlich. Wenn ich aber beim Label die Verantwort­ung für andere habe, geht das nicht. Ich bin aber auch froh, wenn der Geschäftsm­ann wieder Pause hat.

Auf deinem Album besingst du auch die „Nostalgie“. Wann warst du zuletzt nostalgisc­h?

Das bin ich oft. Inzwischen ist es ja schon nostalgisc­h, wenn man seine Freunde tatsächlic­h trifft – und nicht nur über das Handy mit ihnen kommunizie­rt. Ich bin im Winter immer im Allgäu auf einem alten Bauernhof, wo ich als Kind schon mit meinen Eltern war. Da bin ich nostalgisc­h. Vinyl zu hören, ist inzwischen ja schon nicht mehr nostalgisc­h, sondern Trend. Aber ich war schon immer ein großer Vinyl-Fan und habe mit den Platten meines Vaters viel Spaß gehabt. Ich habe einerseits nichts dagegen, dass sich Dinge weiterentw­ickeln, aber ich will auch die schönen Sachen von früher nicht vergessen.

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FOTO: GORDON KOELMEL Tiemo Hauer geht im März mit seinem Album „Vernunft, Vernunft“auf Tour.
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