Schwäbische Zeitung (Biberach)
Was Temposünder wissen sollten
In Ausnahmefällen kommen Autofahrer um Punkte oder ein Fahrverbot herum
m falschen Ort zu viel Gas gegeben: Das kann teuer werden, wenn man geblitzt wird. Doch was ist, wenn man nicht selbst gefahren ist? Oder wenn man geblitzt wurde, aber lange kein Bescheid kommt? Was Autofahrer unbedingt wissen sollten:
Angebot der Behörde:
Bescheide mit einem Verwarnungsgeld (unter 60 Euro) sind ein Angebot der Behörde zur Verfahrensverkürzung, sagt Frank Häcker, Verkehrsrechtsexperte aus Aschaffenburg. „Darauf muss man nicht antworten, wenn man damit nicht einverstanden ist, selbst wenn auf dem Dokument eine Frist von einer Woche steht.“Allerdings kommt beim Ignorieren des Briefs sehr wahrscheinlich irgendwann ein Bußgeldbescheid, der zusätzlich zum Verwarnungsgeld noch eine Verfahrensgebühr von mindestens 25 Euro aufschlägt. Gegen diesen Bescheid kann man dann binnen zwei Wochen per Fax oder Brief Einspruch einlegen. Wer sich allerdings seiner Schuld zweifelsfrei bewusst ist, akzeptiert besser schon im Vorfeld den ersten Bescheid.
Verjährungszeit von Blitzer-Vergehen:
Die Verjährungszeit beträgt drei Monate. „So lange hat die Polizei Zeit, um den Fahrer zu ermitteln“, sagt Häcker, der in der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht beim Deutschen Anwaltverein (DAV) tätig ist. Dafür sei der Eintrag in der Akte maßgeblich und nicht der Zeitpunkt, an dem die Benachrichtigung an den Fahrer geschickt wurde. „Wenn man nur Halter war und nicht gefahren ist, muss die Polizei im Zweifel den Fahrer ermitteln.“
Manchmal entscheiden nur wenige km/h darüber, ob es ein Fahrverbot gibt oder nicht. Bei standardisierten Verfahren wie Starenkästen oder Laserpistolen sind Karenzen von drei bis fünf Prozent schon eingerechnet. Bei nicht
Karenzen überprüfen:
standardisierten Verfahren, zu denen zum Beispiel Videoaufnahmen hinterherfahrender Polizeifahrzeuge zählen, hängt die Karenz von verschiedenen Faktoren ab, erläutert der Experte. Wie groß war der Abstand zwischen den Autos? Wann wurde der Tacho des Polizeiwagens zuletzt geeicht? Die Karenz beträgt in diesen Fällen bis zu 20 Prozent. „Allgemein kann man mit der Überprüfung der angewandten Verfahren die Karenz manchmal noch so weit drücken, dass der Fahrer um mögliche Punkte oder Fahrverbote herumkommt“, erklärt Häcker. Das lohne sich aber in der Regel nur, wenn es um sehr geringe Temponuancen geht.
Verschonter Autofahrer:
Mitunter ist man geblitzt worden, doch es kommt kein Bescheid. Dann hat man unter Umständen von der sogenannten Opportunitätstoleranz profitiert, weiß Häcker. Diese beschreibt eine Grenze, ab welcher Geschwindigkeitsverstöße verfolgt werden. Ob es so eine Toleranz gibt und wie hoch diese ausfällt, ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Sie liegt in Berlin und Niedersachsen bei fünf km/h, in Baden-Württemberg bei sechs km/h, in Sachsen-Anhalt sogar bei maximal zehn km/h. Das heißt konkret: Zu schnelles Fahren beispielsweise in der 30er-Zone wird etwa in Berlin in der Regel erst ab 36 km/h verfolgt. Mitunter sind Blitzer bereits so eingestellt, dass sie erst über der Toleranzgrenze auslösen. „Ansonsten wird in der Behörde ausgesiebt“, sagt Häcker. (dpa)