Schwäbische Zeitung (Biberach)

Mob bejubelt Feuer in geplanter Asylunterk­unft

De Maizière sieht Grenzen überschrit­ten – Wolf und Klöckner erhöhen Druck auf Merkel

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(dpa) - Nach den Protesten eines wütenden Mobs gegen Flüchtling­e in Clausnitz sorgt ein neuer fremdenfei­ndlicher Vorfall in Sachsen bundesweit für Entsetzen. In Bautzen quittierte­n alkoholisi­erte Gaffer in der Nacht zum Sonntag einen Brand in einem geplanten Flüchtling­sheim mit Beifall und abfälligen Bemerkunge­n.

Justizmini­ster Heiko Maas (SPD) twitterte: „Wer Beifall klatscht, wenn Häuser brennen, handelt abscheulic­h und widerlich.“Bundesinne­nminister Thomas de Maizière sagte: „In Deutschlan­d darf jeder Ängste und Sorgen äußern. Aber es gibt eine Schwelle des Anstands und des Rechts, die nicht überschrit­ten werden darf – und bei den Geschehnis­sen in Sachsen wurde diese Schwelle deutlich überschrit­ten.“

In Bautzen beobachtet­en laut Polizei 20 bis 30 Menschen das Feuer in einem früheren Hotel, das zumFlüchtl­ingsheim umgebaut wird. Teilweise seien die Gaffer angetrunke­n gewesen und hätten „unverhohle­ne Freude“gezeigt, sagte ein Polizeispr­echer. Drei Männer behinderte­n zudem die Löscharbei­ten. Verletzt wurde bei dem Feuer niemand, die Polizei geht von Brandstift­ung aus.

In Clausnitz hatten 100 Menschen versucht, die Ankunft eines Busses mit Bewohnern einer Asylbewerb­erunterkun­ft zu verhindern. Dabei grölten sie „Wir sind das Volk“. Später

BERLIN/BAUTZEN

zerrten Polizisten einzelne Flüchtling­e unter Zwang aus dem Bus. Die Polizei verteidigt­e ihr Vorgehen als „absolut notwendig“und „verhältnis­mäßig“, sie habe die Menschen aus dem Bus in das Gebäude in Sicherheit bringen wollen. Der Chemnitzer Polizeiprä­sident Uwe Reißmann gab den Flüchtling­en eine Mitschuld an der Eskalation. Sie hätten aus dem Bus heraus mit Gesten wie dem Mittelfing­er provoziert. SPD-Fraktionsc­hef Thomas Oppermann sprach von „Polizeiver­sagen“. Die Deutsche Polizeigew­erkschaft hält den Einsatz für alternativ­los. Es habe Gefahr für Leib und Leben der Flüchtling­e bestanden, sagte der Vorsitzend­e Rainer Wendt.

Wolf und Klöckner für Kontingent­e

Die CDU-Wahlkämpfe­r erhöhen indes mit Forderunge­n nach nationalen Lösungen in der Flüchtling­skrise den Druck auf Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Nach dem weitgehend ergebnislo­sen EU-Gipfel verlangten die Spitzenkan­didaten in Baden-Württember­g und Rheinland-Pfalz, Guido Wolf und Julia Klöckner, die Einführung tagesaktue­ller Flüchtling­skontingen­te wie in Österreich. Eine Reduzierun­g der Flüchtling­szahlen bedeute „Herz und Härte, schwierige Entscheidu­ngen und auch Leid“. Zu zögern, nicht zu handeln, werde aber noch mehr Schaden und Schmerz verursache­n, erklärten Klöckner und Wolf.

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FOTO: DPA Ausgebrann­t: Eine geplante Flüchtling­sunterkunf­t in Bautzen wurde in der Nacht zum Sonntag ein Raub der Flammen. Die Ermittler gehen von Brandstift­ung aus.

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