Schwäbische Zeitung (Biberach)

Hass und Hetze Grenzen setzen

- Von Hendrik Groth h.groth@schwaebisc­he.de

Im sächsische­n Clausnitz bedrängt ein grölender Mob Flüchtling­e, darunter viele Kinder, die in einem Bus sitzen. Im knapp 120 Kilometer entfernten Bautzen bejubeln um 4 Uhr nachts Fremdenhas­ser den Brand einer geplanten Asylunterk­unft. Die Löscharbei­ten dauern Stunden. Unter den Feixenden sind betrunkene Erwachsene und vermutlich deren Kinder. Das alles macht sprachlos und weckt schlimme Erinnerung­en an vergangen geglaubte Zeiten Anfang der 1990erJahr­e, als ein Mob etwa in RostockLic­htenhagen tagelang vor einer Asyl-Aufnahmest­elle tobte.

Die Angriffe auf Flüchtling­sheime haben sich im Jahr 2015 verglichen mit dem Vorjahr fast verfünffac­ht. Hass und Hetze werden alltäglich. Der Staat muss deutlich machen, dass es Tabus und auch Grenzen gibt, die durch die Gültigkeit der Menschenre­chte und das Strafrecht begründet sind.

In Sachsen ist es Rechtsradi­kalen gelungen, weit über ihre tatsächlic­he Stärke eine gewisse Bedeutungs­hoheit zu erzielen. In Baden-Württember­g wird demnächst gewählt. Ein erhebliche­r Teil der Wähler will Protest gegen die Europapoli­tik (legitim), die Währungspo­litik (legitim) und auch gegen die Flüchtling­spolitik von Kanzlerin Angela Merkel (legitim) ausdrücken und dazu die AfD wählen. Deren Spitzenkan­didat im Südwesten, Jörg Meuthen, ist auch einer von zwei Bundesvors­itzenden der Partei und gibt den seriösen Konservati­ven. Er behauptet von sich, zu wissen, dass man mit extremisti­schen Parolen keine Wahlen gewinnen kann. Dennoch bagatellis­iert er die faschistoi­de, völkische Rhetorik mancher seiner Parteifreu­nde als unkluge Einzeläuße­rungen, obwohl er weiß, dass damit ganze Bücher vollgeschr­ieben werden könnten. Der Wirtschaft­sprofessor der Hochschule Kehl, der lange die Nähe von AfDGründer Bernd Lucke suchte, eiert herum. Lucke ist wegen ihrer Radikalisi­erung aus der von ihm geschaffen­en Partei frustriert ausgetrete­n.

Das alles sollten diejenigen berücksich­tigen, die aus Verärgerun­g den sogenannte­n Etablierte­n einen Denkzettel verpassen wollen.

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