Schwäbische Zeitung (Biberach)
„Tage der Schande“in Sachsen
Drei fremdenfeindliche Vorfälle in vier Tagen – Polizei in der Kritik
- (dpa) - Ein rechter Mob umringt einen Bus mit völlig verängstigten Flüchtlingen. Molotowcocktails fliegen gegen eine Asylbewerberunterkunft. Fremdenfeinde bejubeln den Brand in einem noch nicht fertiggestellten Flüchtlingsheim und behindern die Löscharbeiten. Clausnitz, Löbau, Bautzen – drei Orte in Sachsen. Vier Tage. Drei rassistische Vorfälle. Der CDULandtagsabgeordnete Marko Schiemann spricht von „Tagen der Schande“. Die Liste der Orte, die sich durch fremdenfeindliche Krawalle und Anschläge ins Gedächtnis einbrennen, wird immer länger. Man erinnere sich an Heidenau, Freital, Freiberg, Meerane – und nun eben auch Clausnitz und Bautzen.
DRESDEN
Ermittler reden von Brandstiftung
„Das sind keine Menschen, die sowas tun. Das sind Verbrecher“, meint Ministerpräsident Stanislaw Tillich mit Blick auf die jüngsten Vorfälle. Der Hass gegen Ausländer sei unerträglich, sagt auch sein Innenminister Markus Ulbig (beide CDU). „Wir stehen vor einer großen gesamtgesellschaftlichen Aufgabe, diesen Hass aus den Köpfen der Menschen zu bekommen.“
In Bautzen gehen die Ermittler von Brandstiftung aus. Spuren von Brandbeschleuniger wurden in dem Gebäude entdeckt. Wer das Feuer gelegt hat, ist offen. Als Anschlag auf den Ruf und die Offenheit der Stadt wird auch das Verhalten mehrerer Schaulustiger gesehen, die in der Nacht die Flammen bejubelten. Die Polizei spricht von 20 bis 30 teils betrunkenen Menschen. Auch Kinder seien darunter gewesen, berichtet die „Sächsische Zeitung“unter Berufung auf Augenzeugen. „Wir wollen keine Asylantenheime“soll vom rechten Mob gegrölt worden sein. Der Antifaschismusexperte der Linken in Sachsen, Silvio Lang, sieht die Vorfälle in Bautzen als Folge der Ereignisse im erzgebirgischen Clausnitz zwei Nächte zuvor. Dort hatte ein Mob aus rund 100 Fremdenfeinden einen Bus mit 20 neu ankommenden Flüchtlingen blockiert.
Ein Video davon hatte im Internet für Entsetzen gesorgt. Es zeigt verstörte Menschen. Im Bus weinen Frauen und Kinder. Draußen skan- diert die Menge „Wir sind das Volk“und „Holt sie raus!“. Ein Bundespolizist zerrte schließlich einen verängstigten Teenager mit Gewalt aus dem Fahrzeug.
Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, spricht von „Polizeiversagen“. Seine Grünen-Kollegin Katrin Göring-Eckardt tat dies ebenfalls. „Es nicht zu benennen, ist eine Katastrophe“, twitterte sie.