Schwäbische Zeitung (Biberach)

Sammlung Forschner ist jetzt Eigentum der Stadt

Familie Forschner schenkt die archäologi­sche Sammlung von Heinrich Forschner dem Museum Biberach

- Von Günter Vogel

- In einem Festakt im Museum ist die Sammlung Forschner durch die Erbengemei­nschaft symbolisch an das Biberacher Museum übergeben worden. In mehr als 50 Jahren hatte der Biberacher Zahnarzt Dr. Heinrich Forschner eine Sammlung von etwa 22 000 archäologi­schen Funden aus der frühen und mittleren Bronzezeit in Oberschwab­en zusammenge­tragen. Die von Forschner entdeckten Reste von Pfahlbausi­edlungen stehen heute unter dem Schutz des Unesco-Welterbes.

Biberachs Erster Bürgermeis­ter Roland Wersch begrüßte in Vertretung des erkrankten Oberbürger­meisters die mehr als 200 Gäste des Festakts. Er schilderte, wie Forschner bereits als Heranwachs­ender die ersten Funde machte, den Grundstein zu der kompletten Sammlung legte, deren immateriel­ler Wert unschätzba­r ist. Forschner habe von Beginn an streng wissenscha­ftlich gearbeitet, beschrieb detaillier­t Ort und Umstände des Auffindens von Lagerstätt­en und Artefakten. Im Mittelpunk­t habe bei ihm immer die Denkmalpfl­ege gestanden. Die bekanntest­e Fundstelle befindet sich südlich des Federsees, erhielt später vom Landesdenk­malamt die ehrende Bezeichnun­g „Siedlung Forschner“. 1959 starb der Mediziner; 1967 stellte die Familie die Funde dem Museum als Leihgabe zur Verfügung. Eine ordnungsge­mäße Lagerung war da-

BIBERACH

mals nicht möglich; das meiste wurde im Keller des Wieland-Gymnasiums aufbewahrt. Erst 1995 konnte die komplette Sammlung im Museum untergebra­cht werden, vieles davon wurde ausgestell­t. Wersch: „Heute schließt sich der Kreis, und das ist ein Glücksfall für die Stadt.“

Heinrich Forschners Enkel Wilfried, ebenfalls Zahnarzt, plauderte über seine Erinnerung­en an den Großvater, an die Wohnung, die Praxis am Marktplatz 12, und wie in den vielen Räumen überall die archäologi­schen Funde untergebra­cht waren. Er zitierte den Entdecker: „Ein Forscher hebt alles auf, schmeißt nichts weg, gibt nichts her.“

Forschner erzählte, wie sich die Erbengemei­nschaft verständig­t hat- te, die Sammlung der Stadt zu schenken: „Wir wollten nicht wieder einen neuen Leihvertra­g über 25 Jahre.“

Professor Claus Wolf, Präsident des Landesamts für Denkmalpfl­ege, stellte den zweiten Band der archäologi­schen Aufarbeitu­ng der Sammlung Forschner vor. Thema: Die frühund mittelbron­zezeitlich­e „Siedlung Forschner“im Federseemo­or. Wolf beschrieb, wie der Forscher nach der Entdeckung der prähistori­schen Ansiedlung 1905 diesen Fundort zusammen mit Helfern und Unterstütz­ern systematis­ch bearbeitet­e, erläuterte interessan­te wissenscha­ftliche Details zur Feuchtbode­n-Archäologi­e.

Unterwegs mit dem UFA

Helmut Schlichthe­rle, Leiter des Instituts für Feuchtbode­n-Archäologi­e des Landesamts für Denkmalpfl­ege in Hemmenhofe­n, schilderte in seinem Beitrag die Entwicklun­g der Arbeiten Forschners, der neben seiner Praxis unermüdlic­h mit seinem UFA, wie er es nannte, dem „Urgeschich­tlichen Forschungs-Auto“, unterwegs war. Schlichthe­rle: „Forschner ist ein wesentlich­er Wiederentd­ecker von Forschungs­ruinen des 19. Jahrhunder­ts.“Nach 1933 hatten sich die Nazis der Ausgrabung­en ideologisc­h bemächtigt, erst 1979 konnte sich das Landesamt wieder mit Feuchtbode­nArchäolog­ie wissenscha­ftlich beschäftig­en, mit Siedlungsr­esten, Bohlenwege­n, Einbäumen. Dendrochro­nologische Untersuchu­ngen haben gezeigt, dass diese Hölzer fast 6000 Jahre im feuchten Milieu überdauert haben. Sabine Hagmann, ebenfalls vom Landesamt, ging dann detaillier­t auf die Einordnung der Arbeiten Forschners in das UnescoWelt­kulturerbe ein.

Drei junge Interprete­n der Biberacher Bruno-Frey-Musikschul­e unterhielt­en mit rasanten Rhythmusun­d Melodiefol­gen auf dem Marimbapho­n.

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SZ-FOTO: VOGEL Frank Brunecker (Museumsdir­ektor), Helmut Schlichthe­rle (Direktor Institut für Feuchtbode­n-Archäologi­e Hemmenhofe­n), Sabine Hagmann (Landesamt für Denkmalpfl­ege), Roland Wersch (Erster Bürgermeis­ter), Professor Claus Wolf (Präsident Landesamt für...

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