Schwäbische Zeitung (Biberach)
Städtebau als Ausgleich für Fehlen der Umfahrung?
Beim Wahlkampfbesuch der Grünen ist die B 465 in Ingerkingen ein Hauptthema
(mad) - Wahlkampfzeiten sind immer auch Zeiten, in denen die Vertreter der Kommunen das Ohr von Politikern finden. Beim Besuch des Grünen-Landtagskandidaten Josef Weber und des stellvertretenden Vorsitzenden der Grünen-Landtagsfraktion, Andreas Schwarz, in Schemmerhofen und Ingerkingen hat Bürgermeister Mario Glaser konkrete Anliegen vorgebracht.
Hauptthema war die Bundesstraße 465 in Ingerkingen, zumal Fraktionsvize Schwarz Verkehrsthemen beackert. Er verteidigte, dass die grün-rote Landesregierung nur für Bundesstraßen mit mindestens 13 500 Fahrzeugen oder 10 00 Lastwagen pro Tag Ortsumgehungen auf ihre Vorschlagsliste für den Bundesverkehrswegeplan 2030 gesetzt hat – womit Ingerkingen durch ihr Raster fiel: „Es wäre ein Leichtes gewesen, alle Projekte weiterzumelden. Nur hilft das in der Sache nicht weiter.“
Im derzeitigen Maßnahmenkatalog stünden 160 Straßenbauvorhaben in Baden-Württemberg im Wert von elf Milliarden Euro, der Bund stelle aber jährlich nur rund 146 Millionen Euro bereit. Es würde demnach 75 Jahre dauern, alle Wünsche zu erfüllen.
Dass die B-465-Umfahrung Ingerkingen so schnell nicht gebaut wird, war Glaser und dem Ortsvorsteher Paul Haid klar. Aber Haid hätte gerne „Hoffnung für die mittlere Zukunft“.
SCHEMMERHOFEN
Schwarz erwiderte: „Die Hoffnung war nie da“, soll heißen: war eine Illusion angesichts der Zahlen. Glaser und Haid werden ihren Einsatz für die Umgehungsstraße, die der Bund ja weiter prüft, nun nicht aufgeben. Aber der Selbsteinschätzung der Grünenpolitiker, dass es sich um unpopulären Realismus handle, widersprach Glaser nicht: „Transparenz tut weh“, sagte der Rathauschef.
Glaser regt Förderung an
In dem sachlichen Gespräch wurden andere Möglichkeiten erörtert, durch das Wohnen attraktiver zu machen und die zerschneidende Wirkung der B 465 für den Ort zu lindern. Glaser regte an, das Land möge solche Nachteile durch verstärkte Förderung aus dem Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum und andere Töpfe ausgleichen helfen und so den Bürgern „Anreize und Perspektiven aufzeigen“. Der Landtagsabgeordnete Schwarz aus Kirchheim/Teck sagte: „Ein guter Hinweis.“
Für den von Schwarz ins Spiel gebrachten Flüsterasphalt bestehen bei der anstehenden Sanierung der Ortsdurchfahrt wohl gute Chancen. Haid wies indes darauf hin, dass Schachtdeckel, über die Laster rumpeln, schlimmer seien. Ein Lärmaktionsplan oder Tempo 30 sind in Glasers Augen nicht der Stein des Weisen. Schwarz regte an, verkehrslenkende Maßnahmen fachlich untersuchen zu lassen.
Wohlwollend vernahm Bürgermeister Glaser die Einschätzung des Abgeordneten, dass mittelfristig eine Maut auf allen Bundesstraßen für Lkw ab 7,5 Tonnen wahrscheinlich sei. Glaser sagte: „Dann hätten wir wenigstens den Mautausweichverkehr nicht mehr.“