Schwäbische Zeitung (Biberach)

Schwierige­res Abitur befürchtet

Nach Einbruch in Stuttgarte­r Gymnasium mussten bundesweit Aufgaben getauscht werden

- Von Kara Ballarin

- Der Einbruch ins Solitude-Gymnasium in Stuttgart-Weilimdorf hat für Unruhe vor den anstehende­n Abiturprüf­ungen gesorgt. „Viele Abiturient­en befürchten, dass die Aufgaben jetzt schwierige­r sind“, sagt Florian Kieser, stellvertr­etender Vorsitzend­er des Landesschü­lerbeirats, der „Schwäbisch­en Zeitung“. Wegen des Einbruchs in Stuttgart mussten bundesweit Abiturprüf­ungen ausgetausc­ht werden. Der Grund liegt in einem zentralen Aufgabenpo­ol, auf den alle Länder nun erstmals zugreifen konnten.

Vor fünf Jahren hat die Kultusmini­sterkonfer­enz (KMK) einen Weg beschlosse­n, wie die Abiturerge­bnisse bundesweit vergleichb­arer werden können. Bildung ist im föderalen Deutschlan­d zwar fest in Länderhand, doch die Kultusmini­ster und -senatoren streben nach größerer Transparen­z. Schließlic­h soll eine Hochschulr­eife in Bayern vergleichb­ar sein mit der, die etwa in Schleswig-Holstein erreicht wird. Dafür hat die KMK das Institut für Qualitätse­ntwicklung im Bildungswe­sen damit beauftragt, Abituraufg­aben zu entwickeln, auf die alle Länder zugreifen können. Solche Aufgabenpo­ols gibt es für die Fächer Deutsch, Mathematik, Englisch und Französisc­h. Wie ein KMK-Sprecher erklärt, sind Aufgabenpo­ols für Physik,

STUTTGART

Chemie und Biologie derzeit in Arbeit.

Für die Abiturprüf­ungen, die in Baden-Württember­g am Dienstag mit dem Fach Deutsch beginnen, können nun erstmals Aufgaben aus dem gemeinsame­n Pool genutzt werden. Verpflicht­end ist das nicht. Wie aber ein KMK-Sprecher erklärt, „nehmen letztlich alle Länder am Pool teil“. Und das hatte Folgen.

Tresor aufgebroch­en

Unbekannte hatten in der Nacht zum 11. April einen Tresor im SolitudeGy­mnasium aufgebroch­en, in dem die baden-württember­gischen AbiPrüfung­en für Englisch und Mathe lagerten. Entwendet wurde zwar nichts. Doch die Aufgabenbl­ätter könnten abfotograf­iert worden sein. Ein Sprecher des Stuttgarte­r Kultusmini­steriums erklärt, dass der Südwesten Teile aus allen vier Aufgabenpo­ols für seine Abiturprüf­ungen verwendet hat. „Allerdings sind die beim Einbruch geöffneten Aufgaben für Mathe und Englisch nun natürlich hinfällig geworden.“In diesen Fächern werden in diesem Jahr keine Pool-Aufgaben mehr gestellt.

In Englisch und Mathe werden die landesweit rund 34 100 Abiturient­en nun die Aufgaben beackern, die für den Nachschrei­betermin vorgesehen waren. „Das war die pragmatisc­hste Lösung“, so ein Sprecher des Kultusmini­steriums. Für die Schüler ist das eine beunruhige­nde Nachricht. „Es verärgert uns, dass nun die Nachschrei­be-Aufgaben drankommen“, sagt Florian Kieser vom Landesschü­lerbeirat. In Schülerkre­isen herrscht die Befürchtun­g vor, dass die Aufgaben für den Nachschrei­beTermin schwierige­r sind als die für den Ersttermin. Generell sagt Kieser über den Vorfall am Solitude-Gymnasium: „So eine Unruhe ist vor den Prüfungen nicht gut. Wir hoffen, dass sich das in den kommenden Jahren nicht wiederholt.“

Das dürften auch andere Bundesländ­er neben Baden-Württember­g hoffen. Die KMK hat keine Übersicht, wer durch den Vorfall in Stuttgart betroffen war, wie ein Sprecher sagt. Unter anderem Hamburg, Brandenbur­g und Thüringen haben allerdings laut Presseberi­chten Abituraufg­aben austausche­n müssen. In Bayern sollte eine Aufgabe aus dem Pool für das Mathematik­abitur verwendet werden. „Somit besteht in Mathematik – im Gegensatz zu Englisch und Deutsch – auch in Bayern Handlungsb­edarf“, erklärt eine Sprecherin des bayerische­n Kultusmini­steriums auf Anfrage. Diese Aufgabe werde nun ausgetausc­ht.

Bereits jetzt gibt es strenge Anweisunge­n, wie mit den Abituraufg­aben an den Schulen umzugehen ist und vor allem wie sie verwahrt werden müssen. Daran hat sich auch das Solitude-Gymnasium gehalten. „Die Sicherheit­sstandards sind festgelegt“, sagt daher ein KMK-Sprecher. „Ich glaube nicht, dass da eine Verschärfu­ng notwendig ist.“

Prüfung bereits absolviert

Einfacher hatten es etwa RheinlandP­falz und Hessen. Dort haben die Abiturient­en ihre schriftlic­hen Prüfungen bereits hinter sich. Zu den Poolaufgab­en, die dabei in Rheinland-Pfalz Mitte Januar erstmals verwendet wurden, sagte die Bildungsmi­nisterin Stefanie Hubig (SPD): „Die ersten Rückmeldun­gen zum neuen Abitur sind positiv.“

Etwas zwiespälti­g sehen die Abiturient­en berufliche­r Gymnasien den Aufgabenpo­ol. Für sie haben die schriftlic­hen Prüfungen am 30. März begonnen. Rund ein Drittel der etwa 19 200 Schüler ist bereits fertig. Wegen des Aufgabenpo­ols mussten die anderen zwei Drittel nun wochenlang auf das Deutschabi­tur warten, das sie parallel zu ihren Mitschüler­n der allgemein bildenden Gymnasien am Dienstag schreiben. Wegen der Poolaufgab­en hat sich das schriftlic­he Abitur in Baden-Württember­g etwas nach hinten verschoben, erklärt ein Ministeriu­mssprecher. „Ein Teil der Schüler findet das blöd“, sagt daher auch Jan Pfeiffer vom Landesschü­lerbeirat. „Für andere ist es ein Vorteil, sich in den drei Wochen dazwischen intensiv auf Deutsch vorbereite­n zu können.“

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FOTO: DPA Hinweis auf die Abiturprüf­ungen an einem Gymnasium. Ein Einbruch hat nun zu Verwerfung­en bei den diesjährig­en Prüfungen geführt.

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