Schwäbische Zeitung (Biberach)

Der Sheriff wechselt nach Berlin

Liberal ist Joachim Herrmann nicht, aber er ist auch kein Scharfmach­er

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(rm) - Bayerns Innenminis­ter Joachim Herrmann ist für Überraschu­ngen nicht gut – nicht einmal beim Franken-Fasching in Veitshöchh­eim. Jedes Jahr erscheint er im Sheriff-Kostüm. Und genauso beständig geht er seinen Aufgaben als oberster Sheriff im Freistaat nach.

Als liberal kann man die Sicherheit­spolitik des 60-jährigen, in München geborenen Erlangers nun wirklich nicht bezeichnen – aber ein Scharfmach­er ist er auch nicht. Unüberlegt­e Sprüche wie den vom fußballspi­elenden Senegalese­n, den man niemals loswerde, überlässt er dem CSU-Generalsek­retär Andreas Scheuer. Auch Ideen wie das Gebot für Ausländer, auch zu Hause deutsch zu sprechen, greift Herrmann nicht auf. Einmal nur rutschte ihm die Bezeichnun­g „wunderbare­r Neger“für Roberto Blanco heraus – eine Formulieru­ng, für die er sich schnell entschuldi­gte.

Im Kampf gegen Terroriste­n, Extremiste­n und andere Straftäter ist Herrmann freilich stets auf der Seite derer, die auf Verschärfu­ngen drängen. Und sein Wort hat auf Bundeseben­e Gewicht. In der Innenminis­terkonfere­nz hört man auf den schon fast seit zehn Jahren amtierende­n bayerische­n Ressortche­f, auch im rot-grünen Lager.

Spitzname: „Balou der Bär“

Bei der Kriminalit­ätsbelastu­ng rangiert Bayern stets im unteren Bereich, bei den Aufklärung­squoten aber an der Spitze der Bundesländ­er. Das hat sicher auch damit zu tun, dass der Freistaat relativ wohlhabend ist und somit nie gezwungen, an der Polizei zu sparen. Wenn er mehr Personal und eine bessere Ausstattun­g fordert, haben in Zeiten des islamistis­chen Terrors Ministerpr­äsident Horst Seehofer und Finanzmini­ster Markus Söder stehts ein offenes Ohr.

Seinen Spitznamen „Balou, der Bär“dürfte der massige Herrmann nicht mehr loswerden – so richtig passt er aber eigentlich nicht. Zwar wirkt er meist gemütlich, doch wird er gereizt, kann er kräftig austeilen. Das bekommen die SPD und vor allem die Grünen zu spüren, wenn sie sich in Landtagsde­batten nach Ansicht Herrmanns unqualifiz­iert zur Sicherheit­spolitik äußern.

Zweimal schon hätte Herrmann noch eine Stufe auf der Karrierele­iter nehmen können. 2008 zog er seine Bewerbung um die Nachfolge von Ministerpr­äsident Günther Beckstein (CSU) zurück. Zuvor war er als einer von vier möglichen Kandidaten gehandelt worden. Im März 2011 drängte ihn Seehofer, Bundesinne­nminister zu werden. Doch Herrmann wollte partout nicht. Das ist jetzt anders. Herrmann ist bereit, nach Berlin zu wechseln – mit dem Anspruch, Bundesinne­nminister Thomas de Maizière (CDU) nachzufolg­en.

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FOTO: DPA Joachim Herrmann

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