Schwäbische Zeitung (Biberach)
Klimaversicherung als Schutz gegen Hunger
Aus Ostafrika gehen dramatische Bilder von Millionen Hungernden um die Welt. Doch die Staatengemeinschaft zögert, Hilfen für die Dürregebiete zu geben. Die Vereinten Nationen bitten um 4,4 Milliarden US-Dollar – erst ein Fünftel der Summe wurde bisher zugesagt. Künftig soll es für die Katastrophenhilfe auch einen anderen Weg der Finanzierung geben: Versicherungen gegen Klimarisiken.
Wetterextreme nehmen durch die Erderwärmung zu. Also sollen sich Länder in Afrika oder der Karibik gegen Dürren, Überflutungen, Starkregen und Wirbelstürme versichern können. Die G7-Staaten brachten dazu 2015 die Initiative InsuResilience auf den Weg. Deutschland stellte dafür 190 Millionen Euro (209 Millionen US-Dollar) Risikokapital bereit.
Das Besondere der Policen: Ob der Versicherungsfall eintritt, wird nach Parametern wie Windgeschwindigkeiten oder Niederschlag gemessen. Es sind objektive Indikatoren, die anhand von Satellitendaten gemessen werden können. Eine Zahlung kann also schnell erfolgen, wenn zu wenig Regen fällt – oder zu viel.
In einigen Fällen hat das funktioniert: So erlebte Mauretanien 2014 die schlimmste Dürre seit 15 Jahren. Im Januar des Folgejahres kam das Geld: Die Versicherung African Risk Capacity (ARC) zahlte 6,3 Millionen Dollar an den westafrikanischen Sahelstaat. Seine Prämie hatte 1,4 Millionen Dollar betragen.
Arme Staaten, die eine Police zeichnen, werden jedoch nicht aus ihrer Pflicht zur Vorsorge entlassen, und müssen Notfallpläne für den Katastrophenfall vorlegen. Bisher haben 100 Millionen Menschen einen Versicherungsschutz gegen Klimarisiken. Bis 2020 sollen es 500 Millionen sein. Die Bundesregierung will beim G20-Gipfel am 7./8. Juli in Hamburg auch Schwellenländer wie China dafür gewinnen, weiteres Risikokapital bereitzustellen.
Auch Privatunternehmen sollen eingebunden werden. Der Münchner Konzern Munich Re, der am Risikopool solcher Klimaversicherungen beteiligt ist, sieht Nachholbedarf. „In Schwellen- und Entwicklungsländern ist der allergrößte Teil der Schäden aus Naturkatastrophen nicht versichert“, erklärt Peter Höppe, der die Geo-Risiko-Forschung des Unternehmens leitet. „Der fehlende Versicherungsschutz führt dazu, dass der Wiederaufbau gerade in den ärmeren Ländern erst verzögert einsetzt.“
Bei der Hungerkrise in Ostafrika wirkt leider kein Versicherungsschutz: Die unter Dürre leidenden Länder, Äthiopien, Kenia, Südsudan, Somalia und Uganda haben sich in diesem Jahr nicht versichert. Und es sind auch kriegerische Konflikte, die die Not mitverursachen.
Wunder kann eine Klimaversicherung ohnehin nicht bewirken. Die Klima-Expertin von „Brot für die Welt“, Sabine Minninger, warnt vor Euphorie: „Gegen den Anstieg des Meeresspiegels gibt es keine Versicherung.“(epd)