Schwäbische Zeitung (Biberach)

Junge Musiker fasziniere­n mit großen Klängen

Landesjuge­ndorcheste­r mit seinen 70 Musikern konzertier­t im Bräuhaussa­al in Ochsenhaus­en

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(vo) - Das Landesjuge­ndorcheste­r unter Johannes Klumpp hat Musik von Eichberg, Strauss und Beethoven im Bräuhaussa­al in Ochsenhaus­en interpreti­ert. Zwischen 13 und 22 Jahre alt sind die etwa 70 Musiker, die ihr Dirigent zu hervorrage­nden Leistungen führte.

Das Konzert begann mit der Moderne, mit „Endorphin“, 2011 komponiert von Søren Nils Eichberg. Endorphine sind die sogenannte­n Glückshorm­one, und diese flirren sofort zu Beginn in allerbeste­r Stimmung aus den Tutti. Der Dirigent und sein Orchester interpreti­eren „disziplini­erte Unordnung“mit Wechseln zwischen Staccati der kurzen Achtel und sanften Adagiofigu­ren der tiefen Streicher. Dann löst sich das Harmoniege­webe aus den konvention­ellen Figuration­en, konstruier­t aufwühlend­e, disharmoni­sche Bilder. Das Werk ist angenehm anzuhörend­e Musik.

Mit 18 Jahren schrieb Richard Strauss, dessen Vater Franz Strauss einer der angesehens­ten Hornisten seiner Zeit war, 1882 sein erstes Hornkonzer­t op. 11. Solist war Felix Klieser, ein Musiker, der ohne Arme geboren wurde. Klieser lernte bereits mit fünf Jahren, die Ventile mit den Zehen des linken Fußes zu bedienen, entwickelt­e dann diese Technik für sich so perfekt, dass er alle in der Hornlitera­tur bekannten Anforderun­gen an die Geläufigke­it souverän beherrscht. Er erarbeitet­e sich auch eine individuel­le Ansatztech­nik.

Nach einem herrischen Einstieg in das Konzert entwickelt sich aus wunderbar tragenden gleichmäßi­gen Tönen, angesetzt mit untadelige­r Intonation, eine feine lyrische Melodie, die von zupackende­m Forte abgelöst wird. Das mittelsätz­ige Andante ist große Landschaft­sschilderu­ng mit innerer harmonisch­er Beziehung zur 33 Jahre später uraufgefüh­rten „Alpensinfo­nie“des Komponiste­n. Klieser gestaltet den Solopart mit Innerlichk­eit, ästhetisch­er tonaler Gestaltung­skraft und sinnlicher Empfindung.

Publikum ist zurecht begeistert

Ludwig van Beethovens dritte Sinfonie in Es-Dur „Eroica“zeugt von der Auseinande­rsetzung ihres Komponiste­n mit einer Symbolgest­alt der europäisch­en Aufklärung, mit „Prometheus“. Er legte dem Finale eine Melodie aus seiner ein Jahr zuvor 1801 uraufgefüh­rten Ballettmus­ik „Die Geschöpfe des Prometheus“zugrunde: Das Werk startet nach zwei scharfen Tuttischlä­gen sofort mit dem ersten. Lyrische Phrasierun­gen bahnen horngeführ­t einen Empfindung­sweg in die Pastoralsi­nfonie. Im „Marcia funebre“stimmen die Violinen einen dunklen Gesang über rollenden Bässen an. Das „Allegro vivace“ ist ein großes Scherzo, traditions­gemäß im Dreiertakt der noch bei Haydn und Mozart an diese Stelle gesetzten Menuette. Das „Allegro molto“-Finale ist dann eine groß angelegte Variations­form.

Das begeistert­e Publikum erhielt als Zugaben zwei Reißer der Musikliter­atur, von Johannes Brahms die „Ungarische­n Tänze“eins und fünf. Der musikalisc­he Leiter Johannes Klumpp dirigiert mit dem ganzen Körper, aus dem er mit manchmal ballettöse­r Eleganz die Musik holt, in die Taktstocks­pitze bündelt und von dort über sein Orchester versprüht.

Klumpp malt und tanzt Musik. Die hochbegabt­en Instrument­alisten nehmen alles auf und transponie­ren die Verinnerli­chungen wie die Exaltation­en eines außergewöh­nlichen Dirigenten mit expliziter Gestaltung­skraft in die Klangwelte­n ihrer Instrument­e.

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FOTO: GÜNTER VOGEL Felix Klieser (links), der ohne Arme geboren wurde, lernte mit fünf Jahren, die Ventile mit den Zehen des linken Fußes zu bedienen.

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