Schwäbische Zeitung (Biberach)
Dieses Hochhaus ist bald Geschichte
Das markante Justizgebäude an der Olgastraße in Ulm wird ab Mai abgerissen
(sz) - Mehr als 50 Jahre stand das markante Justizhochhaus an der Ulmer Olgastraße direkt gegenüber dem Landgericht. Doch bald wird der gewohnte Anblick verschwunden sein. Ein Bauzaun ist rings um das Gebäude herum gezogen, eine Seite der Fassade ist mit einer Matte gegen herabfallende Teile geschützt, ein Container steht für den Schutt bereit. Der in die Jahre gekommene „Paragrafensilo“, in dem die Staatsanwaltschaft Ulm lange Zeit untergebracht war, wird dem Erdboden gleich gemacht. „Im Mai fängt der Abriss an“, sagte Wilmuth Lindenthal, Leiter des Amts Ulm des Landesbetriebs Vermögen und Bau Baden-Württemberg.
Zunächst wird das kleinere Nebengebäude an der Olgastraße 107 abgerissen. Es wurde zuletzt ebenfalls von der Staatsanwaltschaft genutzt und ist in einem noch schlechteren Zustand als das Hochhaus. Sobald dieser erste Schritt erledigt ist, wird das eigentliche Justizgebäude Stück für Stück beseitigt. „Das wird den Sommer über dauern“, schätzt Lindenthal. Das 1961 fertiggestellte Haus ist 33,5 Meter hoch und hat neun Stockwerke. Mit schwerem Gerät
ULM
werden es Bauarbeiter in den nächsten Wochen abbrechen. Bereits vor Jahren hatte das Land Baden-Württemberg beschlossen, es durch einen Neubau zu ersetzen. Denn Gutachter waren zu dem Schluss gekommen, dass eine Sanierung fast so viel kosten würde wie ein Neubau. Die Arbeitsbedingungen in dem Gebäude waren im Laufe der Zeit immer schlechter geworden. Die Fassade bröckelte. Die Sanitäranlagen waren veraltet. Manche Fenster ließen sich nicht mehr öffnen, andere nicht mehr schließen. Modernen Sicherheitsanforderungen für eine Anklagebehörde entsprach es schon lange nicht mehr.
Inzwischen sind die Staatsanwälte in einen deutlich niedrigeren, fünfstöckigen Neubau gezogen, der direkt hinter dem Hochhaus gebaut wurde. Dort gibt es einen kontrollierten Eingangsbereich, gesicherte Fenster und Türen und genügend Platz für die etwa 70 Mitarbeiter der Anklagebehörde. Größter Brocken des Umzugs waren tonnenweise Akten, die im Untergeschoss des Altbaus lagerten und teilweise noch viele Jahre aufbewahrt werden müssen. Die alte Einrichtung konnten die Dezernenten zurücklassen. Im Neubau gibt es für sie auch neue Möbel. Neben der Staatsanwaltschaft als Hauptnutzer mussten auch andere Mieter des „Paragrafensilos“ausziehen, beispielsweise die Flussmeisterei des Regierungspräsidiums Tübingen oder die schulpsychologische Beratungsstelle. Sie wurden laut Lindenthal in anderen Liegenschaften untergebracht. Denn der Neubau ist ganz der Staatsanwaltschaft vorbehalten. Das Gebäude hat neun Millionen Euro gekostet und soll im November feierlich übergeben werden.
Der Platz davor, an dem heute noch das Justizhochhaus steht, wird dann leer geräumt sein. Eigentlich sollte dort ein zweiter Neubau entstehen, um ein neues Justizzentrum an der Olgastraße komplett zu machen. So sieht es auch der Entwurf des Büros „Schulz & Schulz“aus Leipzig vor, der aus einem Architektenwettbewerb als Sieger hervorging. Dort könnten Teile des Amtsgerichts Ulm untergebracht werden, das über Platznot klagt. Die könnte sich mit der Notariatsreform, die zum 1. Januar 2018 greift, zusätzlich verschärfen. Doch das Problem ist: Für den zweiten Bauabschnitt gibt es derzeit kein Geld. Das hat Justizminister Guido Wolf (CDU) erst kürzlich bei einem Besuch in Ulm bekräftigt. Die Fläche vor dem Neubau bleibt daher vorerst frei. Lediglich ein paar zusätzliche Bäume in Pflanztrögen werden aufgestellt. Dieses Provisorium bleibt so lange bestehen, bis sich möglicherweise doch noch etwas in Sachen Justizzentrum tut.