Schwäbische Zeitung (Biberach)

Drei Großprojek­te treffen aufeinande­r

Am Ulmer Hauptbahnh­of gehen nun die Arbeiten für die Tiefgarage los

- Von Oliver Helmstädte­r

- Der Vorplatz des Ulmer Hauptbahnh­ofs ist nicht wiederzuer­kennen: Bagger buddeln, Fußgänger werden an Bauzäunen vorbei auf ständig neuen Wegen geleitet, während sich die Autos auf verengten Fahrbahnen meist nur schleppend durch die Friedrich-Ebert-Straße quälen. Was für die einen nur ein tägliches Ärgernis ist, entscheide­t für die anderen über die Zukunftsfä­higkeit der Stadt: „Wir bauen an den Perspektiv­en“, sagte Ulms Oberbürger­meister Gunter Czisch beim „Baggerbiss“, dem offizielle­n Baubeginn für die neue Tiefgarage.

Derzeit erlebe Ulm eine Zeit des Umbruchs und der Investitio­nen, wie es sie seit der Nachkriegs­zeit nicht mehr gegeben habe. Weit über 500 Millionen Euro würden allein die drei Großprojek­te Sedelhöfe, Straßenbah­nlinie 2 und die neue Tiefgarage verschling­en. Letztere ist mit 52 Millionen Euro da eher noch ein kleiner Fisch. Zusammenge­nommen seien die Projekte alle bedeutsam für die Zukunftsfä­higkeit: Die Sedelhöfe, so Czisch, rüsten Ulm für einen veränderte­n Einzelhand­el und die Linie 2 sowie die neue „Mobilitäts­drehscheib­e“inklusive Parkhaus für die unterschie­dlichen Transport-Bedürfniss­e. Die gleichbere­chtigte Vernetzung unterschie­dlichster Verkehrsmi­ttel werde, so Czisch, in Zukunft eine große Rolle spielen. „Wir wollen Vorreiter sein.“Durch die Verknüpfun­g mit der Neubaustre­cke 2021 werde der Standort zusätzlich an Attraktivi­tät gewinnen: „Wer in Stuttgart arbeitet, will künftig in Ulm wohnen.“„Ein „ambitionie­rtes Unterfange­n“nannte Ulms Baubürgerm­eister Tim von Winning das neue Parkhaus mit 540 Stellplätz­en, das mit vier Geschossen 18 Meter tief in die Erde reichen wird. Bauherr ist die stadteigen­e Parkbetrie­bsgesellsc­haft PBG, deren bisher größte Einzelinve­stition dies ist. Das Parkhaus mit vermutlich 144 Ladestatio­nen für Elektroaut­os wird per Unterführu­ng direkt mit dem Einkaufsqu­artier Sedelhöfe verbunden sein. Parken an dieser Stelle sei auch Teil einer „Willkommen­skultur“, so von Winning.

Das Parkhaus und die Passage würden in Zukunft so etwas wie eine „Visitenkar­te der Stadt“sein. Der künftige Tunnel unter der FriedrichE­bert-Straße soll etwa doppelt so

ULM

breit und deutlich höher ausfallen als die bestehende, wenig einladende Passage. Auf der einen Seite dieses Verbindung­sstücks von Bahnhof und Ulmer Innenstadt werden die Ausgänge des Parkhauses sein und auf der anderen Seite Geschäfte, die dann möglichst nahtlos in die Sedelhöfe übergehen sollen.

Per Deckelbauw­eise wird das Parkhaus erstellt. Das heißt: Erst wird die Oberkante, also das Dach des Bauwerks betoniert und dann in die Tiefe gebuddelt. Das habe den Vorteil, so von Winning, dass so relativ schnell mit dem Bau der Straßenbah­nlinien am Bahnhofsvo­rplatz begonnen werden kann. Im Herbst 2020 soll das Parkhaus inklusive unterirdis­chem Kreisverke­hr fertig sein.

Eine entscheide­nde Weichenste­llung, wie es einmal darüber aussieht, müsse der Gemeindera­t noch dieses Jahr treffen, so von Winning. Im Zentrum steht die Frage, ob auf dem Bahnhofsvo­rplatz neben dem Intercity-Hotel noch ein Bauwerk entsteht oder nicht. Von Winning würde städtebaul­ich ein weiteres Gebäude favorisier­en, um den Platzchara­kter zu stärken und das Thema Verkehr nicht zu dominant werden zu lassen. Klar ist schon jetzt, dass der Zentrale Omnibusbah­nhof durch die Verengung der Friedrich-Ebert-Straße kleiner wird als bisher. Ob auch mit zusätzlich­em Gebäude noch ein verkehrlic­h effiziente­r Betrieb möglich ist, werde noch geprüft.

Übrigens gibt es seit Mittwoch wieder eine direkte Ost-West-Gehverbind­ung zwischen Innenstadt und Hauptbahnh­of sowie eine durchgängi­ge Nord-Süd-Achse für Fußgänger Ulms Bürgermeis­ter Gunter Czisch zwischen Wendeschle­ife und Busbahnhof. Dieser neu geöffnete Weg geht vom Hauptbahnh­of kommend durch das bisherige Baufeld an den roten Baucontain­ern vorbei und verläuft dann parallel zur Straßenbah­ntrasse. Bei der Fußgängera­mpel gelangt man zur Bahnhofstr­aße und den Taxistände­n.

Durch die Sperrung des ehemaligen Steigs 2 für den Fußverkehr sei es in den vergangene­n Wochen immer wieder zu kritischen Situatione­n beim Queren der Straßenbah­ntrasse durch Fußgänger gekommen. Busse und Straßenbah­nen befuhren diesen Bereich zuletzt nur noch im Schritttem­po, um Passanten nicht zu gefährden. Beinahe-Zusammenst­öße habe es aber auch in anderer Hinsicht gegeben: Wie Czisch beklagte, liegen bei vielen Pendlern offenbar die Nerven blank: In bisher nicht bekannter Weise wurde das eingesetzt­e Sicherheit­spersonal angepöbelt und verbal beleidigt. „Das ist nicht hinnehmbar.“

„Wer in Stuttgart arbeitet, will künftig in Ulm wohnen.“

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FOTO: ANDREAS BRÜCKEN Die Arbeiten zum Umbau des Bahnhofsvo­rplatzes in Ulm laufen auf Hochtouren.

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