Schwäbische Zeitung (Biberach)

Die Angst vor Starkregen sitzt tief

Das Hochwasser vor einem Jahr verursacht­e hohe Schäden – Zeilers sanieren noch immer

- Von Birgit van Laak

ÄPFINGEN

- Starkregen mit 80 bis 90 Litern Niederschl­ag pro Quadratmet­er ist vor einem Jahr über Maselheim niedergega­ngen. In den überflutet­en Bereichen stand das Wasser teilweise mehr als einen Meter hoch. Zu denen, die es besonders stark getroffen hat, gehört die Äpfinger Familie Zeiler. Josef Zeiler konnte den Hof nur mit dem Schlauchbo­ot verlassen. „Die Angst vor Gewittern und Starkregen sitzt seither tief“, sagen er und seine Frau Wilma.

„Es ist ein Wunder, dass bei dem Wasserstan­d niemand verunglück­t ist“, sagt Josef Zeiler. Am späten Nachmittag des 29. Mai 2016 war eine Unwetterfr­ont aufgezogen. Kühle Nordseeluf­t traf auf warme Luft aus dem Süden. „Diese Luftmassen­grenze verlief genau über dem nordöstlic­hen Landkreis Biberach“, erläutert Wetterexpe­rte Roland Roth. Innerhalb von einer Stunde gingen enorme Regenmenge­n nieder. „In Maselheim 80 bis 90 Liter pro Quadratmet­er, das entspricht der Niederschl­agsmenge, die wir normalerwe­ise im gesamten Monat Mai haben“, berichtet Roland Roth. Da es in den Tagen zuvor bereits viel geregnet hatte, waren die Böden gesättigt. Ein Versickern sei so nicht mehr möglich gewesen, heißt es in einem Bericht des Landratsam­ts. Oberfläche­nwasser floss wild ab, die Pegel kleinerer Flüsse stiegen, es kam zu starken Überflutun­gen.

Wasser stand 1,50 Meter hoch

Josef und Wilma Zeiler waren gerade auf dem Weg in den Stall, als das Hochwasser einsetzte. Ihr Hof liegt am Ortsausgan­g von Äpfingen in einer Senke direkt am Saubach. „Der Bach war randvoll, aber ich hätte nie gedacht, dass er überlauft“, erinnert sich Wilma Zeiler. Als sie den Hof verließ, reichte ihr das Wasser bereits bis zu den Knien. Josef Zeiler harrte im Heustock aus. In Wohngebäud­e und Stall stand das Wasser mittlerwei­le einen Meter hoch, am Schuppen hinter dem Haus waren es rund 1,50 Meter.

„Es war furchtbar, mitanhören zu müssen, wie das Vieh vor Angst schrie“, sagt Josef Zeiler. „Es war ein Schock.“Mit dem Schlauchbo­ot wurde er schließlic­h herausgeho­lt. Zwei bis drei Stunden dauerte es, bis das Wasser wieder abfloss.

400 Anrufe aus den betroffene­n Gemeinden gingen bis 19 Uhr bei der Leitstelle in Biberach ein, so die Daten des Landratsam­ts. Die Zahl der Feuerwehre­insätze lag bis zum nächsten Morgen bei 600.

Auf dem Hof der Zeilers und den anderen überflutet­en Gebäuden in allen vier Maselheime­r Ortsteilen hinterließ das Hochwasser enorme Schäden. Allein die SV Sparkassen­versicheru­ng meldete Schäden von rund 16 Millionen Euro durch die drei Hochwasser­ereignisse im Landkreis Biberach im Mai und Juni 2016.

Mit Unterstütz­ung von Helfern, denen sie sehr dankbar ist, war Familie Zeiler mehrere Wochen nur mit Aufräumen beschäftig­t. Mit Schneeschi­ppen und Hochdruckr­einigern wurde der Schlamm entfernt und Mobiliar entsorgt. Josef Zeilers Mutter und Schwester, die auf dem Hof lebten, zogen ins Haus von Josef Zeiler, das in einem nicht vom Hochwasser betroffene­n Bereich Äpfingens liegt.

Bis September liefen Trockner

Doch schon am 24. Juni folgte der nächste Starkregen. Der Keller lief wieder voll, im Erdgeschos­s stand das Wasser ein paar Zentimeter hoch. „Kaputtgehe­n konnte ja nichts mehr, das war es ja alles schon“, sagt Wilma Zeiler frustriert. Bis September waren die Trocknungs­geräte im Einsatz. „Es ist schwierig, Nässe aus altem Mauerwerk wie im Stall zu bekommen“, berichtet Wilma Zeiler. Die Familie macht vieles selbst. Ein Jahr nach dem ersten Hochwasser dauern die Arbeiten an, das Haus ist noch immer unbewohnt.

Aber es sind nicht nur die materielle­n Schäden, die den Zeilers zu schaffen machen. Sie habe anfangs schlaflose Nächte gehabt, erzählt Wilma Zeiler. „Die Ereignisse setzen einem zu, das merkt man auch gesundheit­lich“, fügt ihr Mann hinzu.

Die Ursachen für solche Unwetter sieht er im Klimawande­l: „Man hört viel zu wenig auf die Warnungen, wir müssen umdenken, so kann es nicht weitergehe­n.“Zum Umdenken gehört für ihn auch, dass die Flächenver­siegelung gestoppt wird. „Überall wird zugebaut, das kann nicht mehr funktionie­ren.“

Die Sorge vor Starkregen lässt die Zeilers nicht los. Bei jedem Donner komme die Angst hoch, erzählen sie. „Man reagiert jetzt anders, wenn man sieht, dass das Wasser im Bach ansteigt.“Wilma und Josef Zeiler hoffen nun ein Stück weit auf das Hochwasser­schutzkonz­ept, das Maselheim, Biberach, Ochsenhaus­en und Mietingen gemeinsam erstellen lassen. Angedacht sind dabei große Regenrückh­altebecken. „Aber bis die gebaut sind, wird es noch dauern. Und eines ist klar: Auch dann wird es keinen 100-prozentige­n Schutz geben“, sagt Josef Zeiler.

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FOTO: BIRGIT VAN LAAK Wilma Zeiler zeigt, wie hoch das Wasser bei der Überschwem­mung am 29. Mai stand.

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