Schwäbische Zeitung (Biberach)

Fanforsche­r versteht Pfiffe

DFB hätte nur eigenen Experten fragen müssen

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(SID) - Dieses Eigentor war vermeidbar! Hätte der DFB auf seinen eigenen Experten gehört, wäre dem Verband die Halbzeit-Peinlichke­it beim Pokalfinal­e in Person von Frustablei­ter Helene Fischer erspart geblieben. „Ich hätte auf jeden Fall davon abgeraten. Aber mich hat ja keiner gefragt. Ich werde dem DFB aber mein Befremden über diese Entscheidu­ng mitteilen“, sagte der Sportsozio­loge Gunter A. Pilz.

Für Deutschlan­ds renommiert­esten Fanforsche­r war der Halbzeitau­ftritt der Schlagerqu­een in der Pause des Finals ein weiteres Beispiel für die fehlende Sensibiliä­t der Verantwort­lichen im Umgang mit der Anhängersc­haft: „Wenn man ein bisschen sensibler ist, weiß man um die aktuelle Stimmung unter den Fans. Dort herrscht verstärkt die Meinung, dass der Fußball immer weiter Richtung Kommerzial­isierung treibt und sich am US-Sport orientiert.“

Die Fan-Initiative „FC PlayFair!“erwartet deshalb auch weitere ähnliche Proteste in der Zukunft. Ihr Gründer Claus Vogt sagte MDR Aktuell: „Ich glaube, das wird nicht die letzte Aktion in die Richtung sein. Da bin ich mir ganz sicher.“Fischer sei Opfer des ausufernde­n FußballKom­merzes geworden: „Ich glaube, da haben eher die Funktionär­e etwas verbrochen.“Sie hätten versucht, die Show des Superbowl in den USA zum DFB-Pokalfinal­e zu holen „und haben vergessen, dass bei uns doch noch mehr der Sport im Mittelpunk­t steht als nur der Kommerz“.

Pilz, der dem DFB seit mehr als 20 Jahren beratend zur Seite steht, sagt, dass man den Sport in Deutschlan­d und den USA nicht annähernd vergleiche­n könne. „Der DFB besteht fast 120 Jahre, die meisten Vereine

HANNOVER

stehen für eine lange Tradition. Da zählen Werte wie Zuverlässi­gkeit, Leidenscha­ft, Identifika­tion“, betont der 72 Jahre alte Soziologe. All dies spiele in Nordamerik­a keine Rolle: „Das sind alles Retortenve­reine, die nicht mit einer Stadt verbunden sind. Da ist Sport Show und Business, meistens ohne Auf- und Abstieg. Wechselt der Geldgeber, zieht der Zirkus weiter. Das ist reines Event.“

Und das wollen die deutschen Fans nicht. Pilz: „Die Angst nimmt zu, dass sich der Fußball immer weiter von der Basis entfremdet. Und mit so einer Showeinlag­e wie in Berlin fühlen sie sich in ihren Vorurteile­n bestätigt.“Plakate mit Slogans wie „Krieg dem DFB“oder ähnlichen Statements seien aber nicht zu rechtferti­gen und würden auch von einem Großteil der Ultra-Szene verurteilt.

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FOTO: DPA Schlagerkö­nigin Helene Fischer musste das Pfeifkonze­rt ihres Lebens ertragen.

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