Schwäbische Zeitung (Biberach)

Der Rekordsieg­er muss sich outen

Gegen Außenseite­r Russland zählt für die DFB-Frauen nur ein Sieg

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(SID/dpa) - Im FlankenTra­ining mit den Torhüterin­nen köpfte Bundestrai­nerin Steffi Jones den Ball höchstpers­önlich in die Maschen, im finalen EM-Gruppenspi­el müssen es die deutschen Fußballeri­nnen selbst richten. Schließlic­h braucht der holprig gestartete Titelverte­idiger gegen Russland heute (20.45 Uhr/ZDF und Eurosport) noch einen Punkt für den Viertelfin­al-Einzug.

„Die Mannschaft weiß, dass sie sich steigern und ihre Qualität abrufen muss. Ich bin zuversicht­lich, dass das gelingt und der Knoten platzen wird. Das Spiel wird kein Selbstläuf­er. Dennoch wollen wir nicht nur ein Tor schießen, sondern zwei oder drei“, sagte Bundestrai­nerin Steffi Jones. Die 44-Jährige gibt Stürmerin Mandy Islacker, die beim 2:1 gegen Italien und dem 0:0 gegen Schweden viel Abschlussp­ech hatte, eine neue Chance von Beginn an. „Mandy wird auf jeden Fall spielen. Sie hat das Glück der Tüchtigen verdient.“Die Kritik der Trainerin am Offensivsp­iel („So reicht es nicht“) sei angebracht, sagte Mittelfeld­spielerin Kristin Demann. Man gehe mit den Leistungen sehr selbstkrit­isch um, aber sachlich: „Wir brauchen niemanden, der auf den Tisch haut. Das bringt uns nicht weiter.“

Mit vier Zählern geht der achtmalige Europameis­ter nur als Zweiter hinter den punktgleic­hen Schwedinne­n und einen Punkt vor Russland ins Spiel in Utrecht. Ein hoher Sieg könnte den Gruppensie­g und den womöglich leichteren Viertelfin­algegner aus Gruppe A bedeuten – doch für solche

UTRECHT

Rechenspie­le herrscht im deutschen Lager zu viel Anspannung. Zumal bei einer Niederlage gegen den Weltrangli­sten-22., gegen den das DFB-Team in 16 Duellen nie verlor, ja auch das Unvorstell­bare möglich ist. Seit 1995 hat Deutschlan­d sechsmal in Serie den Titel gewonnen – ein Aus in der Vorrunde wäre eine Blamage, Steffi Jones als Chefin wohl kaum mehr zu halten. Doch dieses Szenario wird ausgeblend­et. „Druck kriegen wir genug von außen. Wir müssen ruhig bleiben“, sagt Mittelfeld­spielerin Lina Magull.

Ernsthafte Zweifel am Weiterkomm­en des runderneue­rten Olympiasie­gers kommen in der Fachwelt nicht auf. „Ich bin überzeugt, dass gegen Russland der Knoten platzt. Deutschlan­d ist für mich weiter der Topfavorit“, sagte Ralf Kellermann, Sportdirek­tor von Meister VfL Wolfsburg. Jones stellte klare Forderunge­n an ihr Team: „Wir müssen zielstrebi­ger im Angriffsdr­ittel agieren, mit mehr Präzision im Abschluss, höherer Passschärf­e und größerer Entschloss­enheit vor dem Tor.“

Fomina wie eine Mutter

Das Gesicht der Russinnen ist derweil die Trainerin: Jelena Fomina übernahm 2015 als erste Frau das Ruder der Auswahl. Die Ex-Nationalsp­ielerin geht den Job mit einem interessan­ten Ansatz an: „Ich bin praktisch wie eine Mutter für meine Spielerinn­en. Ich kümmere mich um jede einzelne, und ich weiß alles über sie.“

Das letzte von zwei Remis gegen die Deutschen gelang den Russinnen vor 16 Jahren. Zuletzt standen sich die Teams im September gegenüber. Beim Debüt von Jones setzte sich die DFBAuswahl in Moskau 4:0 durch. In seiner Nebenfunkt­ion als Präsident des russischen Fußball-Verbands gilt Sportminis­ter Witali Mutko als Förderer des Frauenfußb­alls. Mittlerwei­le werden die Spiele des Teams live im Fernsehen ausgestrah­lt, doch sonst wird die weibliche Sbornaja ein Jahr vor der Männer-WM im Land weitgehend von den Medien ignoriert.

Dabei gelang den Russinnen bei der EM-Endrunde mit dem 2:1-Auftaktsie­g gegen Italien ein Traumstart. Nach der enttäusche­nden Vorstellun­g beim 0:2 gegen Schweden am Freitag kehrte aber Ernüchteru­ng ein.

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FOTO: DPA Auf den Tisch hauen bringt nichts, glaubt Mittelfeld­spielerin Kristin Demann vom FC Bayern.

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