Schwäbische Zeitung (Biberach)
Gemeinden stimmen für IGI-Verband
Zweckverband soll Industriegebiet vermarkten – Regierungspräsidium plant runden Tisch
- Formeller Startschuss für den Zweckverband Industriegebiet Rißtal (IGI): Die Gemeinden Warthausen, Maselheim und die Stadt Biberach haben in ihren Sitzungen am Montagabend für die Gründung des Verbands gestimmt. Es gab nur wenige Gegenstimmen. Damit haben drei der vier beteiligten Gemeinden ihre Zustimmung erteilt, in Schemmerhofen steht das Thema am kommenden Montag, 31. Juli, auf der Tagesordnung.
Die Räte haben durch ihr Votum der Mitgliedschaft im Verband und der entsprechenden Satzung zugestimmt. Mit dem geplanten IGI wollen die Mitglieder „den Verbleib, die Wirtschaftskraft und die Arbeitsplätze der im Raum Biberach angesiedelten Industriebetriebe“sichern, wie es in der Präambel der Satzung heißt. Sitz des Verbandes soll Warthausen werden, in Biberach soll eine Geschäftsstelle entstehen. Der Verband will – sofern das Regierungspräsidium (RP) Tübingen grünes Licht gibt – das Industriegebiet planen, erschließen und vermarkten. Kosten und Einnahmen teilen sich die vier Mitglieder gleichmäßig zu je 25 Prozent.
Vermittlung am runden Tisch
Weiterhin beraten das Wirtschaftsministerium des Landes und das RP über das Zielabweichungsverfahren. Wie Warthausens Bürgermeister Wolfgang Jautz bekannt gibt, plant das RP, nun voraussichtlich im Oktober einen runden Tisch einzuberufen. Vertreter der beteiligten Gemeinden sollen dort vertreten sein und sowohl Gegner als auch Befürworter zu Wort kommen. Lob dafür kommt von Biberachs Baubürgermeister Christian Kuhlmann: „Ich finde diesen Vorschlag vernünftig, um das Konfliktpotenzial zu minimieren und gegenseitiges Verständnis zu entwickeln“, sagt er der SZ.
Kritik äußert dagegen Maselheims Bürgermeister Elmar Braun: „Jetzt im Zielabweichungsverfahren einen runden Tisch einzuberufen, halte ich für zu früh. Viele Informationen, die wir dafür benötigen, sind noch gar nicht vorhanden.“Der runde Tisch verzögere zudem das Verfahren, mit einer Entscheidung sei deshalb wohl erst im Oktober oder November zu rechnen.
Die Bürgerinitiative (BI) Schutzgemeinschaft Rißtal ist indes noch unentschlossen, ob sie an einem runden Tisch teilnimmt: „Wir haben noch nicht darüber entschieden“, sagt Vorsitzender Alfred Schlanser. Man befürchte, dort lediglich als „kleine Minderheit“auftreten zu können – gegen die Stimmen der Gemeinden. Andererseits wolle die Initiative „jede weitere Gelegenheit nutzen“.
Erst nach einer Entscheidung des RP über das Abweichungsverfahren kann auch der Zweckverband zu einer ersten konstituierenden Sitzung zusammenkommen. In der Gemeinderatssitzung in betonte Bürgermeister Wolfgang Jautz, dass die Verfahren zur Zielabweichung und zur Verbandsgründung bewusst parallel laufen: „Es gibt einen gewissen Druck aus der Wirtschaft, dass bald gebaut wird“, sagte er. Jautz legte die Satzung des Verbandes dar und betonte, das Industriegebiet sei „wichtig für die Zukunft der ganzen Region“. Eine größere Diskussion im Rat blieb indes aus. Bei zwei Gegenstimmen votierte er mit großer Mehrheit für den Beschlussantrag der Verwaltung.
Im Sitzungssaal des Rathauses waren auch zahlreiche Gegner anwesend, darunter vor allem Mitglieder der BI Schutzgemeinschaft. „Für uns bedeutet die Entscheidung heute eine Niederlage“, sagte Vorsitzender Alfred Schlanser nach der Sitzung. Nachdem Bürgermeister Jautz die Zuhörer dazu aufgefordert hatte, ihre Protestplakate unter den Sitzen zu verstauen, fand der Protest größtenteils ruhig statt. Auf den Plakaten standen Forderungen wie „Umweltschutz statt Wasserschmutz“oder „Geld kann man nicht essen!“. Auch im Gemeinderat in Biberach fielen die Beratungen zum Zweckverband relativ kurz aus. Grünen-Stadtrat Josef Weber hatte zu Beginn der Sitzung den Antrag gestellt, das Thema zu vertagen. „Es gibt keinen Grund, das jetzt durchzupeitschen“, sagte er, fand damit aber keine Mehrheit. Bei der eigentlichen Beratung gab es nur wenige Wortmeldungen. Ulrich Heinkele (Freie Wähler) sagte, dass es nicht so sei, dass die anderen Gemeinden durch Biberach „an die Wand gedrängt werden“, wie immer wieder behauptet werde. Die Arbeitsplätze der großen Biberacher Firmen garantierten Wohlstand für den gesamten Kreis. „Wir wollen, dass das so bleibt“, so Heinkele.
Josef Weber (Grüne) sprach sich gegen das IGI aus. Er verwies auf die Flächenversiegelung und damit einhergehende Überschwemmungen. Außerdem seien die Böden im Rißtal für die Landwirtschaft besonders fruchtbar. Zudem sei es „ethisch nicht okay“, wenn andere Landstriche ausbluteten, weil immer mehr Menschen durch Arbeitsplätze hierhergelockt würden. Ralph Heidenreich (Linke) äußerte Bedenken, dass der Zweckverband seine Entscheidung nicht ausreichend öffentlich und transparent treffe.
Der Verwaltungsrat tage öffentlich, sagte Baubürgermeister Kuhlmann. Eine detaillierte Geschäftsordnung werde noch erarbeitet. Bei sechs Gegenstimmen (Grünen-Fraktion und Ralph Heidenreich) votierte der Biberacher Rat für die Mitgliedschaft im Zweckverband und den Satzungsentwurf.
Der Gemeinderat Maselheim hat bei einer Gegenstimme für die Mitgliedschaft und die Satzung votiert. Die Aussprache zu dem Tagesordnungspunkt war ebenfalls kurz. Aus den Reihen der Gemeinderäte gab es Fragen zur Satzung. So wollte Wolfgang Dürrenberger wissen, weshalb nicht das Ziel formuliert worden sei, dass das IGI an den ÖPNV angeschlossen werden soll. Der ÖPNV-Anschluss sei keine Aufgabe, die in der Satzung beschrieben werde, erläuterte Bürgermeister Braun. Solche Dinge seien in der Bauleitplanung zu regeln, die Satzung lege die Zusammenarbeit der vier Kommunen fest, erklärte Hauptamtsleiter Wolfgang Späth.
Dürrenberger hakte außerdem bei den Kosten nach, die Maselheim zu tragen hat. Den Verband müsse man sich wie eine kleine Gemeinde vorstellen, er finanziere sich über Einnahmen, Zuschüsse und Kredite und trage Kosten wie etwa für Streu- und Räumdienst, antwortete Braun. Bei der Erschließung sei angedacht, einen städtebaulichen Vertrag mit Handtmann zu schließen, sodass das Ganze wie bei einer Privaterschließung ablaufe. Grundsätzliche Kritik am IGI kam von Gemeinderat David Weber. Bereits beim Tagesordnungspunkt Hochwasserschutz hatte er sich gegen die Flächenversiegelung durch das IGI gewandt.