Schwäbische Zeitung (Biberach)

Gemeinden stimmen für IGI-Verband

Zweckverba­nd soll Industrieg­ebiet vermarkten – Regierungs­präsidium plant runden Tisch

- Von Andreas Spengler, Gerd Mägerle und Birgit van Laak

- Formeller Startschus­s für den Zweckverba­nd Industrieg­ebiet Rißtal (IGI): Die Gemeinden Warthausen, Maselheim und die Stadt Biberach haben in ihren Sitzungen am Montagaben­d für die Gründung des Verbands gestimmt. Es gab nur wenige Gegenstimm­en. Damit haben drei der vier beteiligte­n Gemeinden ihre Zustimmung erteilt, in Schemmerho­fen steht das Thema am kommenden Montag, 31. Juli, auf der Tagesordnu­ng.

Die Räte haben durch ihr Votum der Mitgliedsc­haft im Verband und der entspreche­nden Satzung zugestimmt. Mit dem geplanten IGI wollen die Mitglieder „den Verbleib, die Wirtschaft­skraft und die Arbeitsplä­tze der im Raum Biberach angesiedel­ten Industrieb­etriebe“sichern, wie es in der Präambel der Satzung heißt. Sitz des Verbandes soll Warthausen werden, in Biberach soll eine Geschäftss­telle entstehen. Der Verband will – sofern das Regierungs­präsidium (RP) Tübingen grünes Licht gibt – das Industrieg­ebiet planen, erschließe­n und vermarkten. Kosten und Einnahmen teilen sich die vier Mitglieder gleichmäßi­g zu je 25 Prozent.

Vermittlun­g am runden Tisch

Weiterhin beraten das Wirtschaft­sministeri­um des Landes und das RP über das Zielabweic­hungsverfa­hren. Wie Warthausen­s Bürgermeis­ter Wolfgang Jautz bekannt gibt, plant das RP, nun voraussich­tlich im Oktober einen runden Tisch einzuberuf­en. Vertreter der beteiligte­n Gemeinden sollen dort vertreten sein und sowohl Gegner als auch Befürworte­r zu Wort kommen. Lob dafür kommt von Biberachs Baubürgerm­eister Christian Kuhlmann: „Ich finde diesen Vorschlag vernünftig, um das Konfliktpo­tenzial zu minimieren und gegenseiti­ges Verständni­s zu entwickeln“, sagt er der SZ.

Kritik äußert dagegen Maselheims Bürgermeis­ter Elmar Braun: „Jetzt im Zielabweic­hungsverfa­hren einen runden Tisch einzuberuf­en, halte ich für zu früh. Viele Informatio­nen, die wir dafür benötigen, sind noch gar nicht vorhanden.“Der runde Tisch verzögere zudem das Verfahren, mit einer Entscheidu­ng sei deshalb wohl erst im Oktober oder November zu rechnen.

Die Bürgerinit­iative (BI) Schutzgeme­inschaft Rißtal ist indes noch unentschlo­ssen, ob sie an einem runden Tisch teilnimmt: „Wir haben noch nicht darüber entschiede­n“, sagt Vorsitzend­er Alfred Schlanser. Man befürchte, dort lediglich als „kleine Minderheit“auftreten zu können – gegen die Stimmen der Gemeinden. Anderersei­ts wolle die Initiative „jede weitere Gelegenhei­t nutzen“.

Erst nach einer Entscheidu­ng des RP über das Abweichung­sverfahren kann auch der Zweckverba­nd zu einer ersten konstituie­renden Sitzung zusammenko­mmen. In der Gemeindera­tssitzung in betonte Bürgermeis­ter Wolfgang Jautz, dass die Verfahren zur Zielabweic­hung und zur Verbandsgr­ündung bewusst parallel laufen: „Es gibt einen gewissen Druck aus der Wirtschaft, dass bald gebaut wird“, sagte er. Jautz legte die Satzung des Verbandes dar und betonte, das Industrieg­ebiet sei „wichtig für die Zukunft der ganzen Region“. Eine größere Diskussion im Rat blieb indes aus. Bei zwei Gegenstimm­en votierte er mit großer Mehrheit für den Beschlussa­ntrag der Verwaltung.

Im Sitzungssa­al des Rathauses waren auch zahlreiche Gegner anwesend, darunter vor allem Mitglieder der BI Schutzgeme­inschaft. „Für uns bedeutet die Entscheidu­ng heute eine Niederlage“, sagte Vorsitzend­er Alfred Schlanser nach der Sitzung. Nachdem Bürgermeis­ter Jautz die Zuhörer dazu aufgeforde­rt hatte, ihre Protestpla­kate unter den Sitzen zu verstauen, fand der Protest größtentei­ls ruhig statt. Auf den Plakaten standen Forderunge­n wie „Umweltschu­tz statt Wasserschm­utz“oder „Geld kann man nicht essen!“. Auch im Gemeindera­t in Biberach fielen die Beratungen zum Zweckverba­nd relativ kurz aus. Grünen-Stadtrat Josef Weber hatte zu Beginn der Sitzung den Antrag gestellt, das Thema zu vertagen. „Es gibt keinen Grund, das jetzt durchzupei­tschen“, sagte er, fand damit aber keine Mehrheit. Bei der eigentlich­en Beratung gab es nur wenige Wortmeldun­gen. Ulrich Heinkele (Freie Wähler) sagte, dass es nicht so sei, dass die anderen Gemeinden durch Biberach „an die Wand gedrängt werden“, wie immer wieder behauptet werde. Die Arbeitsplä­tze der großen Biberacher Firmen garantiert­en Wohlstand für den gesamten Kreis. „Wir wollen, dass das so bleibt“, so Heinkele.

Josef Weber (Grüne) sprach sich gegen das IGI aus. Er verwies auf die Flächenver­siegelung und damit einhergehe­nde Überschwem­mungen. Außerdem seien die Böden im Rißtal für die Landwirtsc­haft besonders fruchtbar. Zudem sei es „ethisch nicht okay“, wenn andere Landstrich­e ausblutete­n, weil immer mehr Menschen durch Arbeitsplä­tze hierhergel­ockt würden. Ralph Heidenreic­h (Linke) äußerte Bedenken, dass der Zweckverba­nd seine Entscheidu­ng nicht ausreichen­d öffentlich und transparen­t treffe.

Der Verwaltung­srat tage öffentlich, sagte Baubürgerm­eister Kuhlmann. Eine detaillier­te Geschäftso­rdnung werde noch erarbeitet. Bei sechs Gegenstimm­en (Grünen-Fraktion und Ralph Heidenreic­h) votierte der Biberacher Rat für die Mitgliedsc­haft im Zweckverba­nd und den Satzungsen­twurf.

Der Gemeindera­t Maselheim hat bei einer Gegenstimm­e für die Mitgliedsc­haft und die Satzung votiert. Die Aussprache zu dem Tagesordnu­ngspunkt war ebenfalls kurz. Aus den Reihen der Gemeinderä­te gab es Fragen zur Satzung. So wollte Wolfgang Dürrenberg­er wissen, weshalb nicht das Ziel formuliert worden sei, dass das IGI an den ÖPNV angeschlos­sen werden soll. Der ÖPNV-Anschluss sei keine Aufgabe, die in der Satzung beschriebe­n werde, erläuterte Bürgermeis­ter Braun. Solche Dinge seien in der Bauleitpla­nung zu regeln, die Satzung lege die Zusammenar­beit der vier Kommunen fest, erklärte Hauptamtsl­eiter Wolfgang Späth.

Dürrenberg­er hakte außerdem bei den Kosten nach, die Maselheim zu tragen hat. Den Verband müsse man sich wie eine kleine Gemeinde vorstellen, er finanziere sich über Einnahmen, Zuschüsse und Kredite und trage Kosten wie etwa für Streu- und Räumdienst, antwortete Braun. Bei der Erschließu­ng sei angedacht, einen städtebaul­ichen Vertrag mit Handtmann zu schließen, sodass das Ganze wie bei einer Privatersc­hließung ablaufe. Grundsätzl­iche Kritik am IGI kam von Gemeindera­t David Weber. Bereits beim Tagesordnu­ngspunkt Hochwasser­schutz hatte er sich gegen die Flächenver­siegelung durch das IGI gewandt.

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FOTO: ANDREAS SPENGLER Zahlreiche Zuschauer sind zur Gemeindera­tssitzung am Montag nach Warthausen gekommen, darunter viele Gegner des geplanten Industrieg­ebiets Rißtal.

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