Schwäbische Zeitung (Biberach)

Ein Lob vom ehemaligen Krisenmana­ger

Ex-Bamf-Chef Frank-Jürgen Weise stellt sich Fragen und Wünschen von Flüchtling­shelfern

- Von Daniel Hadrys

- Zum Schluss wird es im Volksbanks­aal richtig unruhig. Frank-Jürgen Weise, ehemaliger Chef des Bundesamts für Migration und Flüchtling­e (Bamf), rät ehrenamtli­chen Helfern dazu, vorrangig Asylsuchen­den mit guter Bleibepers­pektive zu einem Job zu verhelfen – beispielsw­eise Syrern vor Gambiern.

Es ist die Antwort Weises auf die Klage einer freiwillig­en Helferin, die Bundesregi­erung habe bereits berufstäti­ge Menschen aus Gambia aus Deutschlan­d abschieben wollen. Wegen solcher Sorgen und Geschichte­n haupt- und ehrenamtli­cher Akteure der Flüchtling­sarbeit ist Weise, nun Beauftragt­er des Bundesinne­nministeri­ums für integriert­es Flüchtling­smanagemen­t, nach Biberach gekommen. Eingeladen hatte ihn der SPD-Bundestags­abgeordnet­e Martin Gerster.

BIBERACH Asylrecht ist Aufgabe der Politik

Weise sagt, man solle „die in Arbeit vermitteln, die ein Bleiberech­t haben“. Und regt an, über ein Asylrecht zu diskutiere­n, das auch berufstäti­gen Menschen aus Ländern wie beispielsw­eise Gambia eine langfristi­ge Perspektiv­e in Deutschlan­d gibt. Die Diskussion über ein Asyl- und Migrations­recht, das arbeitswil­ligen Fachkräfte­n aus sicheren Herkunftss­taaten eine Bleibepers­pektive garantiere, sei eine politische und könne nicht auf der Ebene der Verwaltung­spraxis gelöst werden. Als Amtsträger könne er nicht „Recht verletzen“, also in Einzelfäll­en das Bleiberech­t erteilen. Doch er fügt hinzu: „Wenn Sie den Menschen Frank Weise nach diesen Fällen fragen: Es ist unerträgli­ch.“

Auch bei anderen Themen wünschen sich die Menschen mehr Unterstütz­ung von Politik und Behörden. Einer von ihnen ist Kawus Drammeh, 2008 selbst aus Gambia nach Deutschlan­d gereist. „Ich bin gemeinsam mit einem Bekannten nach Deutschlan­d gekommen, sein Status ist immer noch ungeklärt“, erzählt er. „Er möchte arbeiten“, sagt der Familienva­ter, der in Biberach arbeitet. Drammeh kenne zudem mehrere Fälle, in denen der Entzug der Aufenthalt­serlaubnis droht. Er kritisiert Weises Aussage, Integratio­n funktionie­re am besten durch Arbeit. „Ich muss leider sagen, man redet viel über Integratio­n, aber die Behörden verhindern diese.“

Weise weist dies zurück. Er verwehrt sich der Aussage, staatliche Stellen würden die Einglieder­ung der Menschen in die Gesellscha­ft boykottier­en. „Die Menschen müssen ihren Teil erbringen.“Doch bietet der 65-Jährige auch an, die erwähnten Fälle prüfen zu lassen.

Weise lobt die Ehrenamtli­chen. Ohne sie sei die Krise nicht zu bewältigen gewesen. Doch eines ist Konsens unter den Freiwillig­en: Sollte sie sich in einer ähnlichen Form wiederhole­n, sei man dafür nicht gewappnet.

Newspapers in German

Newspapers from Germany