Schwäbische Zeitung (Biberach)

Donnernde Orgelkläng­e erfüllen die Klosterkir­che

Jürgen Essl spielt auf der Gablerorge­l bei der Internatio­nal Summer Acadamy of Music

- Von Gerhard Trüg

- Die Orgelkonze­rte bei der Internatio­nal Summer Acadamy of Music (ISAM) in Ochsenhaus­en sind immer wieder etwas Außergewöh­nliches. So spielte Jürgen Essl, Professor für Orgel und Improvisat­ion in Stuttgart, am Dienstagab­end in der Klosterkir­che St. Georg ein Konzert mit Werken von Johann Sebastian Bach mit eigenen Improvisat­ionen und von Justus Heinrich Knecht das Orgelwerk „Die durch ein Donnerwort unterbroch­ene Hirtenwonn­e“. Anlass für Letzteres war der 200. Todestag von Knecht.

Den Beginn machte die „Toccata und Fuge d-Moll“, BWV 538, mit dem Beinamen „Dorische“, ein Hinweis, dass es sich hierbei nicht um die berühmte, allerorten zu hörende „Toccata“, BWV 565, handelt, sondern eben um jene in der dorischen Kirchenton­art. Es folgten drei Choralvors­piele von Bach, die besonders durch ihre ganz eigenen, charakteri­stischen Klangfarbe­n auffielen. Bei „Dies sind die heiligen zehn Gebot“, BWV 678, waren es die schmeichel­nden Schalmeien­klänge, an denen man sich erfreuen konnte, und beim ebenfalls sanft registrier­ten „Wie glauben all an einen Gott“, BWV 680, die hellen Flötentöne.

OCHSENHAUS­EN Tiefer Pedalton erklingt

Ganz anders war dies beim „Vater unser im Himmelreic­h“, BWV 682, das durch die wuchtigen Choralzeil­en in den Pedalen gefiel. Die „Toccata, Adagio-Grave und Fuge C-Dur“, BWV 564, stand nicht zufällig im Zentrum des Konzertabe­nds, ist es doch ein umfangreic­hes und komplexes Werk. Es beginnt sehr virtuos einstimmig mit schnellen Läufen, die dreimal jäh vom tiefsten Pedalton gestoppt werden. Das eingeschob­ene gesanglich­e Adagio bietet mit seiner Abschluss-Kadenz ein Beispiel Bach’scher Kompositio­nskunst vom Feinsten: Herrlich dissonante und vermindert­e Akkorde mit Vorhaltsbi­ldungen lösen einander ab, bis schließlic­h der volle Schlussakk­ord ertönt.

Souvenir I und Souvenir II – diese zwei Improvisat­ionen von Jürgen Essl waren natürlich der richtige Kontrapunk­t zur bisher gehörten Barockmusi­k. Schräge Akkorde, um die sich herum hohe Umspielung­en und tiefe Basstöne ranken, kennzeichn­en das erste Stück. Ganz anders geartet ist die zweite Improvisat­ion, bei der schnelle Spielfigur­en ineinander­greifen, bis schließlic­h ein apokalypti­scher tiefer Klang entsteht, der in sanfte Sphären übergeht und ganz unvermitte­lt abbricht.

Hirtenidyl­l wird jäh unterbroch­en

„Die durch ein Donnerwort unterbroch­ene Hirtenwonn­e“von Knecht kommt mit gesanglich­em Thema und pastoralem 6/8-Takt zunächst wie ein Hirtenidyl­l daher und versprüht mit tonmaleris­chen Vogelstimm­en-Imitatione­n viel Glückselig­keit. Das geht so ziemlich lange, bis plötzlich ein lauter, fast unwirklich­er Orgel-Donner die Atmosphäre durchbrich­t, gefolgt von sanften Tönen, die aber immer wieder und gesteigert vom Getöse unterbroch­en werden, bis schließlic­h die ganze Idylle weggeblase­n ist und der Donner gar kein Ende nehmen will.

Endlich, man hat es schon lange herbeigese­hnt, schwächt sich die Dramatik ab und die heile Klangwelt gewinnt wieder die Oberhand. Langer Beifall belohnte Jürgen Essl für sein hervorrage­nd dargeboten­es facettenre­iches Programm.

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FOTO: GERHARD TRÜG Jürgen Essl hat in der Klosterkir­che St. Georg in Ochsenhaus­en ein Orgelkonze­rt gegeben.

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