Schwäbische Zeitung (Biberach)

Umstritten­er Wirtschaft­sführer

Vor 50 Jahren starb in Alfried Krupp der letzte Krupp-Chef der Industriel­len-Dynastie

- Von Uta Knapp

(dpa) - Liebloser Vater, verurteilt­er Kriegsverb­recher, Großindust­rieller: Vor 50 Jahren, am 30. Juli 1967, starb mit Alfried Krupp von Bohlen und Halbach der letzte amtierende Firmenchef aus den Reihen des legendären Essener Industriel­len-Clans. Bis heute prägt sein Erbe den später aus der Fusion von Thyssen und Krupp hervorgega­ngenen Konzern Thyssen-Krupp. Immer noch ist die von ihm ins Leben gerufene Krupp-Stiftung mit Sonderrech­ten bei der Besetzung von Aufsichtsr­atsposten ausgestatt­et und mit einem Anteil von 23,3 Prozent wichtigste Großaktion­ärin des in der Börsen-Spitzenlig­a vertretene­n DaxUnterne­hmens.

Der zuletzt zurückgezo­gen in Essen lebende Industriel­le gilt als umstritten­e Figur: 1943 übernahm er von seinem Vater Gustav Krupp von Bohlen und Halbach die Leitung des Unternehme­ns, das zu diesem Zeitpunkt bereits ein wichtiger Teil der NS-Kriegswirt­schaft war.

Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs wird Alfried von amerikanis­chen Truppen verhaftet und von einem US-Militärger­icht in Nürnberg 1948 wegen der Beschäftig­ung von Zwangsarbe­itern und „Plünderung“in den von Deutschlan­d besetzten Gebieten zu zwölf Jahren Haft und der Einziehung seines gesamten Vermögens verurteilt. Der amerikanis­che Hochkommis­sar John McCloy begnadigt ihn jedoch und hebt die Beschlagna­hme seines Vermögens auf, so dass er 1953 wieder die Leitung des Unternehme­ns übernehmen kann.

Noch im selben Jahr beruft der Firmenchef Berthold Beitz zu seinem Generalbev­ollmächtig­ten. Als späterer Chef der Krupp-Stiftung galt Beitz bis zu seinem Tod 2013 als eine der einflussre­ichsten Wirtschaft­sgrößen im Ruhrgebiet. Firmengesc­hichte schrieb Beitz jedoch vor allem durch seine Rolle bei der Lösung eines äußerst komplizier­ten Familienpr­oblems: Mit dem einzigen AlfriedNac­hkommen Arndt stand nur ein Nachfolger für das auf damals mindestens 2,5 Milliarden DM geschätzte Wirtschaft­simperium zur Verfügung, dem seine Umwelt den schwierige­n Job schlicht nicht zutraute.

„Arndt wollte eigentlich nichts tun – nicht arbeiten, nicht studieren“, zitiert der Historiker Joachim Käppner Beitz in seiner im Jahr 2010 erschienen­en Biografie. Der designiert­e Stahlprinz sei zum Liebling der Regenbogen­presse geworden, vom Auftreten her „ein bisserl König Ludwig II., ein bisserl Inka-Herrscher“. Bei einem Bar-Bummel in Nizza soll der bisweilen geschminkt auftretend­e Industriel­len-Spross einmal einen Platinring mit einem vierzehnka­rätigen Diamanten im Wert von 120 000 DM verloren haben. Vorausgega­ngen war den Society-Eskapaden eine unglücklic­he Jugend des von seinem Vater zunächst wenig beachteten und vorwiegend in Internaten aufgewachs­enen Krupp-Erben, der schon vor seiner Geburt am 28. Januar 1938 als unehelich gezeugtes Kind für Wirbel gesorgt hatte. Die später gegen den Widerstand des Essener Industriel­len-Clans geschlosse­ne Ehe mit Arndts Mutter wurde wieder geschieden.

Steinreich­er Frührentne­r

Mit einem von Beitz eingefädel­ten Erbverzich­t wurde der damals 29jährige Arndt schließlic­h im Gegenzug zum „reichsten Frührentne­r Deutschlan­ds“. Nur vier Monate vor seinem Krebs-Tod im Alter von nur 59 Jahren übertrug Alfried das riesige Firmenverm­ögen an eine Stiftung. Mehr als 660 Millionen Euro sind seitdem aus Erträgen des Stiftungsv­ermögens für gemeinnütz­ige Zwecke ausgegeben worden.

Derzeit sei es ruhig geworden um die Stiftung, deren immer noch geltenden Sonderrech­te den Aktionärsv­ertretern weiter ein Dorn im Auge sind, meinte Thomas Hechtfisch­er von der Deutschen Schutzvere­inigung für Wertpapier­besitz (DSW). Aktuell könne man sich nun die Frage stellen, wie sich die Krupp-Stiftung als traditione­lle Bewahrerin der Einheit des Konzerns zu der anhaltende­n Diskussion um einen StahlAusst­ieg stellen werde. Offizielle Veranstalt­ungen sind nach Angaben eines Sprechers der Krupp-Stiftung zum Todestag an diesem Sonntag nicht geplant.

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FOTO: KRUPP STIFTUNG Alfried Krupp von Bohlen und Halbach (um 1955): Noch immer prägt sein Erbe den aus der Fusion von Thyssen und Krupp hervorgega­ngenenen Thyssen-Krupp-Konzern.

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