Schwäbische Zeitung (Biberach)
„Zwischen Zonen“regt zum politischen Denken an
Museum Marta in Herford zeigt mehrere Künstlerinnen aus dem arabisch-persischen Raum
Tunesien. Die Tunesier diskutierten gerade, ob und wie die Verfassung geändert werden soll. Im Kostüm des Comic-Helden „Superman“sind sie und andere junge Tunesier in der Performance „Super-Tunisian“zu sehen. Sie hinterfragen die tunesische Politik, animieren zum Protest. Ein Video davon gibt es zu sehen.
„Wir hatten während der Performance mehrmals Besuch vermutlich von der Zivilpolizei“, erzählte Fedhila. Später bekam sie Morddrohungen. „Es war gruselig“, berichtete sie. Aufhören wollte sie nicht: „Das war meine Zeit, um etwas für die Demokratie in Tunesien zu tun“, sagte sie. Ihr Vorbild bei der Arbeit hatte sie ständig vor Augen: die Komikertruppe Monty Phyton.
Fotos aus der Wüste
Weniger humorvoll, eher sinnlich ansprechend sind die Fotografien von Sama Alshaibi. Sieben Jahre lang hat sie sich immer wieder in der Wüste aufgenommen. Alshaibi ist mit sieben Jahren aus dem Irak geflohen, mit 13 kommt sie in Amerika an. Dazwischen zieht die Familie von Land zu Land. „Die Wüste interessiert mich, weil sie keine Grenzen akzeptiert und ihre Form verändern kann“, sagte sie.
Es ist eine sehr vielfältige Ausstellung, welche die Kuratoren zusammengetragen haben. „Nach der Flüchtlingskrise hatten wir den Anspruch, Kunst aus dem arabischen Raum vorzustellen“, sagte Kurator Kröger. Dass das Museum nur Künstlerinnen zeigt, lag an der Fragestellung: „Uns hat interessiert: Wie operieren Frauen in der arabischen Kunst?“
Erkenntnis und Missverständnis
Das Machen der Ausstellung wurde dann für die Kuratoren zu einer Entdeckungsreise – mit vielen neuen Erkenntnissen, aber auch mit Missverständnissen. Kröger gibt ein Beispiel: Die Künstlerin Arwa Abouon zeigt eine Fotografie, auf der ein älteres Paar zu sehen ist - ihre Eltern. Der Mann kniet vor seiner Frau, sie küsst ihn auf den Kopf. Als Kröger die Arbeit im Netz fand, hielt er sie für ein starkes, feministisches Statement.
Als Abouon vor Ort war, stellte sich heraus: Sie wollte mit dem Foto der harmonischen Ehe ihrer Eltern ein Denkmal setzen. Feministisches Statement? Von der Künstlerin jedenfalls nicht beabsichtigt. „Überhaupt haben wir in der Ausstellung wenig explizit feministische Positionen“, erklärte er.
Man kann an der Ausstellung bestimmt Kritik üben: Wie groß ist der Erkenntnisgewinn, wenn man Künstlerinnen aus so unterschiedlichen Ländern – sie kommen etwa aus Iran, Jordanien und dem Libanon – und mit so verschiedenen Positionen zeigt? Man habe nicht den Anspruch, Aufklärungsarbeit zu leisten, sagte Kröger dazu. „Wir hoffen, dass wir neugierig machen.“Das gelingt den Machern der Ausstellung auf jeden Fall.