Schwäbische Zeitung (Biberach)

Laxes Urteil für Router-Attacke

Hacker kommt mit Bewährungs­strafe davon

- Von Katja Heins

(dpa) - Mehr als acht Monate nach einem massiven Hackerangr­iff auf Router der Deutschen Telekom ist der Drahtziehe­r der Aktion vor dem Kölner Landgerich­t verurteilt worden. Der 29-jährige Brite erhielt ein Jahr und acht Monate auf Bewährung. Als strafmilde­rnd wertete die Kammer vor allem, dass der Hacker ein Geständnis abgelegt und freiwillig Angaben zu Hintermänn­ern gemacht hatte. Sowohl Verteidigu­ng als auch Staatsanwa­ltschaft hatten für eine Bewährungs­strafe plädiert.

Der 29-Jährige hatte im November 2016 bei 1,25 Millionen TelekomKun­den einen Netzausfal­l verursacht. Das in Bonn ansässige Unternehme­n bezifferte den entstanden­en Schaden auf mehr als zwei Millionen Euro. Die Anklage lautete auf versuchte gewerbsmäß­ige Computersa­botage. Das mögliche Strafmaß dafür liegt zwischen sechs Monaten und zehn Jahren.

Bei seiner Tat habe der Hacker nicht vorsätzlic­h gehandelt, erkannte das Gericht am Freitag an. Dass die Deutsche Telekom getroffen worden sei, sei ein „Kollateral­schaden“, erklärte der Vorsitzend­e Richter Christof Wuttke das eher laxe Urteil.

Am ersten Verhandlun­gstag hatte der britische Hacker, der im Netz unter den Decknamen „Spiderman“und „Peter Parker“unterwegs war, seinen Plan detaillier­t geschilder­t: Im Auftrag eines liberianis­chen Telekommun­ikationsun­ternehmens habe er einen weltweiten Angriff auf „Speedport-Router“gestartet, um daraus ein Botnet zu machen. Mit diesem Netzwerk – einer Art Armada

KÖLN

aus Millionen von unbemerkt zusammenge­schalteten Elektronik­geräten – sollte er anschließe­nd einen konzentrie­rten Angriff auf ein liberianis­ches Konkurrenz-Unternehme­n starten und dieses lahmlegen.

Amateurhaf­t vorgegange­n

Die bestehende Sicherheit­slücke der „Speedport-Router“sei in der Szene seit Jahren bekannt, hatte der Angeklagte ausgesagt. Den Quellcode könne man im Netz ganz einfach herunterla­den. Sein Lohn für den Angriff: 10 000 Dollar. „Bei der Aktion ging er allerdings sehr amateurhaf­t vor“, so fasste der Verteidige­r des 29Jährigen, Markus Bündgens, die Vorgehensw­eise zusammen. Oberstaats­anwalt Markus Hartmann sprach von einem „Flüchtigke­itsfehler“: Der Hacker schrieb offenbar eine Programmie­rzeile zu viel, die bei den Geräten der Deutschen Telekom auf Widerstand stieß. Wegen Überlastun­g schalteten sie sich schließlic­h ab.

Durch den Ausfall der TelekomGer­äte war der Angriff überhaupt erst aufgefalle­n. Das Bundeskrim­inalamt hatte daraufhin die Ermittlung­en aufgenomme­n. Gemeinsam mit Europol war man dem 29-Jährigen auf die Spur gekommen, der im Februar an einem Londoner Flughafen festgenomm­en wurde.

Auf freien Fuß kommt der Hacker übrigens nicht. Von der Untersuchu­ngshaft geht es direkt in die Abschiebeh­aft: Großbritan­nien hat die Auslieferu­ng des 29-Jährigen beantragt. In seinem Heimatland wird wegen weiterer Hackerangr­iffe und Banken-Erpressung gegen ihn ermittelt.

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FOTO: DPA Hacker vor Gericht: Bei rund 1,25 Millionen Telekom-Kunden waren durch die Cyber-Attacke teilweise Internet, Telefon und Fernsehen gestört.
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FOTO: DPA Die Polizei wurde von Nachbarn alarmiert, die durch Schreie auf die Attacke aufmerksam geworden waren.

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