Schwäbische Zeitung (Biberach)
Stadt stockt Stellen für Streetworker auf
Zahl der Jugendlichen in schwierigen Lebensbedingungen hat sich seit 2014 verdoppelt
- Die mobile Jugendarbeit (Streetwork) wird ab 2018 befristet auf drei Jahre von 2,0 auf 2,75 Stellen aufgestockt. Das hat der Gemeinderat beschlossen. Grund dafür ist, dass die Zahl Jugendlicher in schwierigen Lebensbedingungen, um die sich die Streetworker kümmern, in Biberach seit 2014 um das Doppelte angestiegen ist.
In Biberach ist der Verein Jugend Aktiv im Auftrag der Stadt für die mobile Jugendarbeit zuständig. In 179 Fällen hatten es die Streetworker im Jahr 2014 mit Jugendlichen zu tun, die sich schwer damit tun, sich im Leben zurechtzufinden. Gründe sind problematische Familienverhältnisse, fehlende Schulabschlüsse, Verschuldung, Arbeitslosigkeit, Suchtverhalten oder Gewalt. Seit 2014 hat sich laut Jugend Aktiv die Zahl der Fälle verdoppelt – Tendenz steigend. Als neue Themen sind die Integration
BIBERACH
junger Flüchtlinge sowie die Radikalisierung von Jugendlichen hinzugekommen. Um darauf mit entsprechenden Angeboten reagieren zu können, hat der Gemeinderat den Stellenumfang für die Streetworker um eine 0,75-Stelle erhöht. Der städtische Zuschuss für die mobile Jugendarbeit steigt damit ab 2018 von rund 108 000 auf 150 000 Euro. Enthalten sind darin auch steigende Verwaltungsund Betriebskosten. Ein Zuschuss beim Land ist beantragt, vom Landkreis wünscht sich die Stadtverwaltung ebenfalls eine Beteiligung. Begründung: Die Stadt nehme Aufgaben der Daseinsvorsorge wahr, die das Jugendhilfeangebot des Landkreises ergänzen. Befristet ist die Erhöhung auf drei Jahre, anschließend soll es einen Evaluationsbericht durch Jugend Aktiv geben.
Die Stadtverwaltung hatte die Erhöhung des Streetwork-Anteils zunächst auf unbestimmte Zeit beantragt, auf Antrag der CDU wurde er nun auf drei Jahre begrenzt. Dies sei sinnvoll, sagte CDU-Rätin Elisabeth Jeggle. Es gelte auch, darauf zu achten, dass keine Doppelstrukturen unterschiedlicher Träger in diesem Bereich entstünden. „Wir wissen, dass in Biberach eine tolle Jugendarbeit gemacht wird und wollen das nicht missen.“
Auch die SPD schätze die Arbeit von Jugend Aktiv, so Rudolf Metzger. Die geforderte Evaluation trage dem Anliegen der SPD-Fraktion Rechnung, die Arbeit nachvollziehbar zu machen, denn mobile Jugendarbeit sei ein schwieriges Feld.
Je früher, umso besser die Prognose
Den Freien Wählern sei eine niederschwellige Jugendarbeit wichtig, sagte Marlene Goeth. „Ordnungshüter können das nicht leisten.“Je früher Jugendliche aufgefangen würden, umso besser sei ihre Sozialprognose. Eine Evaluierung fordere ihre Fraktion nicht: „Die Sozialarbeiter sollen sich um Menschen kümmern, nicht um Daten.“Einen Zuschuss des Landkreises würden die Freien Wähler begrüßen.
Aufgrund der gestiegenen Fallzahlen sei die Aufstockung sinnvoll, sagte Manfred Wilhelm (Grüne), „auch um Tendenzen des Extremismus entgegen zu wirken“. Die Befristung trage seine Fraktion mit, auch die abschließende Evaluation. „Wir hoffen aber nicht, dass sie zu viel personelle Ressourcen in Anspruch nimmt.“
„Die Befristung und die abschließende Evaluation machen es uns leichter, dem zuzustimmen“, sagte Alfred Braig (FDP). Seine Fraktion sei zufrieden mit der Arbeit der Streetworker, nicht aber mit den Organisationsstrukturen. Statt beim Verein Jugend Aktiv wäre die mobile Jugendarbeit in einem städtischen Jugendamt oder beim Amt für Bildung, Betreuung und Sport besser angesiedelt, so der FDP-Stadtrat.