Schwäbische Zeitung (Biberach)
Tschechisches Raumwunder
Mit dem Facelift rückt der Skoda Octavia Kombi näher an seinen großen Bruder Superb heran
FVon Andreas Knochür die tschechische Marke Skoda ist es das Erfolgsmodell schlechthin: der Octavia. In Deutschland war der Grenzgänger zwischen Kompakt- und Mittelklasse 2016 erneut der beliebteste Importwagen, in Europa sogar der meistverkaufte Kombi.
Vor diesem Hintergrund hätten sich die Manager und Ingenieure in Mlada Boleslav die Modellpflege an ihrem millionenfach verkauften Bestseller eigentlich sparen können. Doch mit gestrafften Linien, mehr Komfort und aktualisierter Technik wollte man den Octavia fit für die zweite Lebenshälfte machen und den Abstand zum ebenfalls frisch renovierten Konzernbruder Golf verkürzen. Behutsame Renovierung Beim Erstkontakt fällt äußerlich vor allem die neu gestaltete Frontpartie ins Auge. Skoda hat dem Octavia ein Vier-Augen-Gesicht spendiert, wobei die Hauptscheinwerfer mit LEDTechnologie geordert werden können. Bei den Tagfahrlichtern ist diese serienmäßig verbaut. Auch am Heck setzt Skoda auf LEDs und ordnet diese in einer C-förmigen Leuchtengrafik an.
Nichts geändert hat sich hingegen an der Länge. Mit knapp 4,7 Metern ist der Kombi ein Riese geblieben. Vor allem der Stauraum überzeugt in puncto Volumen und Nutzbarkeit. Er fasst 610 bis 1740 Liter und damit fast so viel wie der zehn Zentimeter längere und deutlich teurere VW Passat Variant (650 bis 1780 Liter). Dank der umklappbaren Beifahrersitzlehne ist selbst der Transport sperriger Güter mit einer Länge von fast drei Metern kein Problem. Dabei beeinträchtigt das üppige Ladevolumen keineswegs das Platzangebot für die Passagiere. Fahrer und Beifahrer genießen in alle Richtungen reichlich Bewegungsfreiheit, und auch im Fond geht es relativ geräumig zu. Etwas beschwerlich ist einzig der Ausstieg – wenn Mann oder Frau über das europäische Körpergrößenmittel hinausgewachsen ist.
Den Innenraum hat Skoda behutsam renoviert. Die Materialien sind einen Hauch hochwertiger geworden, und es finden sich clevere Details wie ein Universalhalter für Multimediageräte, ein Tickethalter an der Windschutzscheibe und eine Heckklappe, die jetzt auch elektrisch schließt. Deutlich mehr Aufmerksamkeit haben die Skoda-Ingenieure dem Infotainmentsystem geschenkt. Das kommt in der Neuauflage des Kombi in einem hochwertigen Glasdesign daher und wirkt, dank fein entspiegelter Scheibe, so edel wie ein iPad. Auch die Bedienung lässt kaum Wünsche offen – neue Prozessoren sorgen dafür, dass das System superfix reagiert. Und natürlich ist der Octavia permanent online.
Ordentliche Fahrleistungen
Unter der Motorhaube werkelt im Testwagen ein Zweiliter-Diesel. In Anbetracht der aktuellen Debatte über die Zukunft des Selbstzünders hinterlässt das zunächst einmal ein mulmiges Gefühl beim Fahrer – trotz Euro-6-Norm. Gleichwohl sorgen die 150 PS in Verbindung mit einem Doppelkupplungsgetriebe für ordentliche Fahrleistungen. Allenfalls im Drehzahlkeller fällt es dem Kombi etwas schwer, in die Gänge zu kommen.
Die Palette der Assistenzsysteme hat Skoda um einige aus dem Superb erweitert. Gegen Aufpreis gibt es einen Anhängerassistenten, der beim Rückwärtsfahren die Lenkung übernimmt. Ein Heckradar liefert Daten an den Totwinkelwarner und erkennt beim Spurwechsel oder Ausparken den kreuzenden Verkehr hinter dem Auto. Auch der Einparkassistent und der Frontwarner mit CityNotbremsfunktion wurden überarbeitet. Das an Ampeln mitunter abrupte Abbremsen, wenn die Octavia-Sensoren links oder rechts ein Fahrzeug registrierten, haben die Skoda-Ingenieure damit offensichtlich behoben.
Gleichwohl bringen sich die elektronischen Helfer mitunter recht aufdringlich in Erinnerung. Vor allem der Spurhalteassistent greift zum Teil rigoros in die Lenkung ein. Positiv hingegen fällt die adaptive Fahrwerksregelung auf, die ab der Ausstattungsvariante Ambition gegen Aufpreis erworben werden kann und den Kombi deutlich komfortabler macht.
Unter dem Strich hat Skoda mit dem Facelift des Octavia Kombi kein ganz neues, aber ein noch besseres Auto auf die Straße gestellt. Allerdings hat das inzwischen seinen Preis: Mit knapp 31 000 Euro Grundpreis für den Testwagen in gehobener Ausstattungsvariante liegen die Tschechen nicht mehr weit unter dem, was für einen vergleichbaren Golf Variant aufgerufen wird.