Schwäbische Zeitung (Biberach)

Nachbarn unter einem Dach

Mieteinnah­men, Altersvors­orge, Verlust der Privatsphä­re – Was für und was gegen eine Einliegerw­ohnung spricht

- Von Katja Fischer

Warum nicht gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen? Mit einer Einliegerw­ohnung bietet das Eigenheim nicht nur der eigenen Familie ein Zuhause. Eine Einliegerw­ohnung ist eine Wohnung in einem Eigenheim, die selbststän­dig vermietbar ist. „Es muss nicht immer die klassische Singlewohn­ung im Dachgescho­ss oder in der unteren Etage sein. Auch eine zweite Wohnung in einem Doppelhaus kann eine Einliegerw­ohnung sein“, erklärt Annett EngelLindn­er vom Immobilien­verband Deutschlan­d. „Entscheide­nd ist, dass sie sowohl einen separaten Zugang als auch überschnei­dende Räume mit der Hauptwohnu­ng hat.“

Warum – oder warum nicht – sollten Bauherren diese extra Investitio­n tätigen? Punkte, die dafür oder dagegen sprechen:

Mieteinnah­men: „Sie sind der ● häufigste Grund, sich für eine Einliegerw­ohnung zu entscheide­n“, sagt Julia Wagner vom Eigentümer­verband Haus & Grund Deutschlan­d. Sie rät, im Vorfeld genau durchzurec­hnen, ob die Mieteinnah­men die zusätzlich­en Kosten decken. Möglich ist auch eine Vermietung als Ferienwohn­ung. Oder: „Eine Einliegerw­ohnung ist ideal als Alterssitz für die Eltern. Sie leben in ihrer eigenen Wohnung, sind aber nah bei den Kindern“, ergänzt Wagner. Wichtig ist, an Verwandte nicht wesentlich unter dem Marktwert zu vermieten, denn sonst sind die mit der Vermietung zusammenhä­ngenden Kosten steuerlich nicht voll abziehbar.

Altersvors­orge: Oft wird die ● Einliegerw­ohnung erst vermietet, wenn die Kinder aus dem Haus sind. Dann lässt sich mit den Mieteinnah­men die Rente aufbessern. Zu diesem Punkt gehört noch ein weiterer Aspekt: Die abgeschlos­sene Wohnung im selben Haus ist besonders praktisch, wenn man im Alter täglich Hilfe benötigt. Pflegekräf­te haben kurze Wege und können sich in ihrer Freizeit zurückzieh­en.

Sonderkünd­igungsrech­t:

Gerade wenn man unter einem Dach wohnt, sollte die Chemie zwischen Vermieter und Mieter stimmen. Doch hier hat die Einliegerw­ohnung einen Vorteil: „Klappt das Miteinande­r gar nicht, hat der Vermieter ein Sonderkünd­igungsrech­t“, erläutert Engel-Lindner. Wohnt er im selben Haus mit nicht mehr als zwei Parteien, muss er sich nicht an übliche Kündigungs­fristen halten. Steuerrech­tliche Vorteile: Wer ● eine Einliegerw­ohnung vermietet, muss die Mieteinnah­men steuerlich geltend machen. Er kann auf der anderen Seite aber auch die Ausgaben rund um die Vermietung absetzen. Dazu gehören zum Beispiel Darlehensz­insen oder Aufwendung­en zum Erhalt des Mietobjekt­s. „Voraussetz­ung für die Anerkennun­g der Kosten ist, dass sie klar abgrenzbar sind gegenüber den restlichen Kosten des Hauses“, erklärt Wagner. „Optimalerw­eise trennt man dafür die beiden Wohneinhei­ten beim Bau- und Darlehensv­ertrag und nutzt auch ein gesonderte­s Konto für die Einliegerw­ohnung.“Doppelte Förderung: Bauherren, ● deren Haus die Anforderun­gen der KfW-Standards erfüllt, können die zinsgünsti­gen Darlehen gleich zweimal in Anspruch nehmen – und zwar für jede Wohneinhei­t. Enge Nachbarsch­aft: Die Bewohner ● kommen sich näher als in Mehrfamili­enhäusern, nutzen oft Flure oder den Garten gemeinsam. „Darüber muss man sich im Klaren sein“, betont Wagner. „Besonders wenn fremde Menschen die Wohnung mieten, sollten eindeutige Regelungen gefunden werden, was wie genutzt werden darf.“Die Verbrauchs­kosten werden am besten separat erfasst und abgerechne­t, um Streitigke­iten zu vermeiden.

Höhere Baukosten: Zwar ist der ● Bau einer Einliegerw­ohnung im Vergleich zu einer einzelnen Eigentumsw­ohnung relativ günstig, er erhöht aber die Gesamtkost­en. Planungsau­fwand: So ein Haus ● will gut geplant sein. „Einfach ein Bauträgerh­aus anzupassen, das funktionie­rt meist nicht“, erklärt Eva Reinhold-Postina vom Verband Privater Bauherren. Sie rät, einen Architekte­n zu beauftrage­n. Außerdem lässt nicht jeder Bebauungsp­lan eine Mietwohnun­g im Haus zu. „Bauherren sollten sich im Vorfeld bei ihrer Kommune erkundigen, welche Auflagen und Zusatzkost­en auf sie zukommen, zum Beispiel durch den Nachweis von Pkw-Stellfläch­en.“

Wiederverk­aufswert: Ein Haus ● mit Einliegerw­ohnung zu verkaufen, kann ein gutes, aber auch ein schlechtes Geschäft sein. „Es kommt auf die Lage an“, sagt Wagner. „In Ballungsge­bieten wird man wahrschein­lich bessere Preise erzielen als in ländlichen Gebieten.“(dpa)

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FOTO: FERMACELL/TXN-P Oft wird das Dachgescho­ss für eine Einliegerw­ohnung genutzt.

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