Schwäbische Zeitung (Biberach)

Die Cornflakes sind alle

Salzburger Festspiele: Andrea Breth inszeniert Harold Pinters „Die Geburtstag­sfeier“

- Von Barbara Miller

- Große Namen sind keine Garantie für einen großen Erfolg. Bei den Salzburger Festspiele­n setzt Andrea Breth, Spezialist­in für literarisc­hes Theater, „Die Geburtstag­sfeier“des Nobelpreis­trägers Harold Pinter mit sechs exquisiten Schauspiel­ern in einem eindrucksv­ollen Bühnenbild in Szene. Das Ergebnis ist gepflegte Langeweile.

Ein Seebad in England. Meg (Nina Petri) und Petey (Pierre Siegenthal­er) betreiben eine herunterge­kommene Strandpens­ion, in die schon der Dünensand eingeriese­lt ist. Zum Schluss ragt ein Schiffsrum­pf in den schäbigen Salon hinein. Es gibt nur einen Gast. Er heißt Stanley (Max Simonische­k) und sieht ähnlich fertig aus wie sein Quartier. Pianist soll er mal gewesen sein. Muss er sich verstecken? Seine Herkunft bleibt im Unklaren. Hat er ein Verbrechen begangen? Kennt Stan die beiden neuen Gäste, die plötzlich in der Tür stehen? Goldberg (Roland Koch) und McCann (Oliver Stokowski) jedenfalls

SALZBURG

spielen sich als Agenten auf, die offenbar den Auftrag haben, Stan von hier wegzubring­en. Alles kulminiert in einer wilden Geburtstag­sparty für Stan, bei dem der Nachbarin Lulu (Andrea Wenzl) übel zugesetzt wird. Goldberg geht ihr an die Wäsche und Stan an die Gurgel.

Sich wiederhole­nde Dialoge

Pinters Stück arbeitet mit dem Austausch von sinnfreien Allerwelts­floskeln und der liebevolle­n Wiederholu­ng absehbarer Dialoge. Die Eingangssz­ene mit dem Cornflakes mümmelnden Petey und der nervenden Meg, die ihn beim Zeitungles­en stört, ist eine Beckett-Szenerie und wird gleich dreifach serviert. Beim dritten Mal sind dann die Cornflakes endlich alle. Aber all das präsentier­t das exzellente Ensemble wie Sachertort­e mit Schlagober­s.

Andrea Breths Personenre­gie ist ausgeklüge­lt, Martin Zehetgrube­rs Bühnenbild eine Wucht. Aber das versandet an diesem Abend. Die Besucherre­ihen lichten sich, das Knarzen der Flüchtigen ist die Hintergrun­dmusik zum zähen Spiel auf der Bühne, bis zur Pause.

Starke Stücke über starke Frauen wollte Bettina Hering in ihrer ersten Saison als Schauspiel­chefin der Salzburger Festspiele zeigen. Hauptmanns „Rose Bernd“und Horvaths „Kasimir und Karoline“passen in dieses Konzept. Pinters „Geburtstag­sfeier“ist in einem solchen Programmzu­schnitt eine Nullnummer.

Der Text des 2005 mit dem Nobelpreis ausgezeich­neten britischen Dramatiker­s stammt von 1957. Er kommt aus der Zeit des absurden Theaters. Stücke von Ionesco und Beckett eroberten damals die Bühnen. Aber zur britischen Theatertra­dition gehören damals auch noch die Theatergru­ppen, die mit Shows und Komödien von Seebad zu Seebad reisen. Harold Pinter selbst zog als junger Schauspiel­er mit einer solchen Truppe von Stadt zu Stadt. „Die Geburtstag­sfeier“kann als Parodie auf dieses Boulevardt­heater gesehen werden. Aber ein Publikum, das diese Vorlage nicht kennt, kann auch die Parodie darauf nicht verstehen.

 ?? FOTO: BERND UHLIG ?? Starke Schauspiel­er und ein beeindruck­endes Bühnenbild – trotzdem langweilt die Salzburger Inszenieru­ng von Harold Pinters Stück „Die Geburtstag­sfeier“.
FOTO: BERND UHLIG Starke Schauspiel­er und ein beeindruck­endes Bühnenbild – trotzdem langweilt die Salzburger Inszenieru­ng von Harold Pinters Stück „Die Geburtstag­sfeier“.

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