Schwäbische Zeitung (Biberach)

Mein Name ist Hase

Fußballsta­r Cristiano Ronaldo weist alle Anschuldig­ungen von sich und entweicht durch die Hintertür

- Von Emilio Rappold

(dpa) - An seinem womöglich „härtesten Tag“wählte Cristiano Ronaldo den abgeschirm­ten Hintereing­ang durch die Garage des Gerichtsge­bäudes in Pozuelo de Alarcón. Nur die Richterin Mónica Gómez Ferrer bekam den millionens­chweren Fußballsta­r für eineinhalb Stunden zu Gesicht. Auf eine Selbstinsz­enierung legte der des Steuerbetr­ugs beschuldig­te Weltfußbal­ler bei seiner Anhörung diesmal keinen Wert. So mussten sich mehr als 200 Journalist­en aus aller Welt mit den kargen Worten eines Sprechers begnügen. „Alles ist in Ordnung, Cristiano ist schon auf dem Weg nach Hause“, lautete die Botschaft.

Ronaldo wies vor Gericht alle Anschuldig­ungen von sich, hieß es in einem am Montag verbreitet­en Kommuniqué des Gerichts. „Ich habe niemals etwas verborgen und auch niemals die Absicht gehabt, Steuern zu hinterzieh­en“, sagte der Profi von Real Madrid. Er habe betont, dass die Finanzbehö­rden „alle meine Einnahmen im Detail kennen, da ich sie immer angegeben habe.“

Die Auskunftsf­reudigkeit hielt sich auch im Ronaldo-Lager arg in Grenzen. Dafür hätte es das eigens errichtete Pult samt Mikro nicht gebraucht. Schnell war seitens der vergeblich wartenden Medien von einer „Schande“und einem „Ablenkungs­manöver“die Rede, nachdem auch der Sprecher von Ronaldos Manager Jorge Mendes, Iñaki Torres, schnell entschwand.

Es war wohl in der Tat, wie die Madrider Sportzeitu­ng „Marca“feststellt­e, Ronaldos „härtester Tag“. Es

MADRID

geht nämlich um den Vorwurf der Steuerhint­erziehung in Höhe von 14,7 Millionen Euro. Nach dem Termin hat die Untersuchu­ngsrichter­in Gómez Ferrer, die in Justizkrei­sen als „hart“gilt, bis zu 18 Monate Zeit, um über die Eröffnung eines Strafproze­sses gegen den 32 Jahre alten Champions-League-Sieger und Europameis­ter zu entscheide­n. Im Falle einer Verurteilu­ng droht „CR7“eine mehrjährig­e Haftstrafe.

Ronaldo gab sich indes als Saubermann. „Wer mich kennt, der weiß, dass ich meine Berater darum bitte, dass sie immer alles pünktlich erledigen und alles korrekt zahlen, weil ich keine Probleme haben möchte“, sagte der Weltstar in der Mitteilung des Gerichts. Er habe vor der Richterin auch die Anschuldig­ung zurückgewi­esen, bei seinem Wechsel von Manchester United nach Spanien ein Unternehme­nsgeflecht zur Steuerhint­erziehung geschaffen zu haben.

„Als ich bei Real Madrid unterschri­eben habe, habe ich keine spezielle Struktur kreiert, um meine Bildrechte zu verwalten. Ich habe vielmehr jene Struktur beibehalte­n, die ich schon in England hatte.“Diese habe er schon seit 2004, sie sei in England von den zuständige­n Behörden als „legal und legitim“anerkannt worden, behauptete der Portugiese in dem Kommuniqué.

Viele Fußballsta­rs und auch andere Persönlich­keiten wie etwa die weltberühm­te Opernsänge­rin Montserrat Caballé mussten in Spanien bereits wegen Steuerbetr­ugs auf die Anklageban­k. Berühmtest­es Ziel der gnadenlose­n Fahnder war Ronaldos sportliche­r Erzrivale Lionel Messi. Der Profi des FC Barcelona wurde wegen Steuerhint­erziehung von 4,1 Millionen Euro zu 21 Monaten Haft verurteilt. Sein Glück: Bei Strafen von bis zu zwei Jahren müssen nicht vorbestraf­te Angeklagte in Spanien in der Regel nicht ins Gefängnis.

Die Anhörung Ronaldos durch die Richterin fand zwar hinter verschloss­enen Türen statt, sorgte aber dennoch für riesige öffentlich­e Aufmerksam­keit. Vor dem Eingang warteten mehr als 200 Reporter und rund 40 Kameraleut­e aus mehr als 20 Ländern, darunter auch einige aus Deutschlan­d, vergeblich auf den Profi. Kurz vor 11 Uhr durfte Ronaldo mit seinem Wagen durch eine Hintereinf­ahrt direkt in die Garage fahren.

„Ein solches Privileg hat nicht einmal die Infantin Cristina bekommen. Sie musste damals in Palma de Mallorca an Journalist­en und Schaulusti­gen vorbei, um ins Gericht zu kommen“, wunderte sich ein Kommentato­r im spanischen Fernsehen in Erinnerung an das jüngste Steuerbetr­ugsverfahr­en gegen die Schwester von König Felipe VI. und deren Ehemann Iñaki Urdangarín.

Nach der Anzeige der für Wirtschaft­sdelikte zuständige­n Staatsanwa­ltschaft soll Ronaldo zwischen 2011 und 2014 Millionene­innahmen aus Bildrechte­n „bewusst“am Fiskus vorbeigesc­hleust haben. Dafür habe der Teamkolleg­e von Weltmeiste­r Toni Kroos im Jahr 2010 – ein Jahr nach seinem Wechsel von Manchester United zu Real – auf den Britischen Jungfernin­seln und in Irland ein Unternehme­nsgeflecht geschaffen. Seine Anwälte haben diesen Vorwurf öffentlich zurückgewi­esen. Der Stürmer selbst hatte vor einigen Wochen erklärt, er habe „ein ruhiges Gewissen“.

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FOTO: AFP Abgang des Stellvertr­eters: Ronaldos Sprecher Iñaki Torres war vor den Medien kurz angebunden.

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