Schwäbische Zeitung (Biberach)
Ein „Servus“zum Einstand STUTTGART
Holger Badstuber will beim VfB angreifen, benötigt aber noch Zeit, um fit zu werden
(dpa/SID) - Sein Image als Bundesliga-Pechvogel will Holger Badstuber in Stuttgart endgültig ablegen. In den rot-grauen Trainingsklamotten des VfB saß der langjährige FC-Bayern-Profi am Montag im neuen Presseraum im Untergeschoss des Clubzentrums und wollte von seiner Krankenakte und deren Folgen nichts mehr wissen. „Ich bin jetzt seit einem Jahr gesund“, klagte der 28-Jährige über die „alte Leier“: „Andere fragen, wird er wieder der, der er früher war? Ich bin nicht mehr der, der ich früher war. Ich bin reifer geworden, ich bin erfahrener geworden, ich kenne meinen Körper besser.“Momentan muss der Verteidiger aber selbst einräumen, dass er nicht auf Anhieb eine Stütze für die wackelige Defensive des Aufsteigers sein wird. „Ich brauche Training, Training, Training. Es benötigt noch Zeit, bis man sich fit fühlt“, so der 31malige Nationalspieler. „Man muss von Woche zu Woche schauen, wann der Zeitpunkt kommt, ins Spielgeschehen einzusteigen.“
Bei Bayern München, wo er außer einem halben Jahr Ausleihe an Schalke 04 ganze 15 Jahre unter Vertrag stand, sah der Verteidiger auch wegen Carlo Ancelotti keine Zukunft mehr. „Ich habe bei dem Trainer nicht das Vertrauen gesehen. Ich hätte natürlich schon bei Bayern bleiben können, aber ich habe Bock zu kicken“, sagte der im oberschwäbischen Rot an der Rot aufgewachsene Badstuber. Daher startet der ehemalige VfB-Jugendspieler in seiner früheren Heimat einen Neuanfang. Mit voller Überzeugung habe er sich für Stuttgart entschieden und Angebote aus dem Ausland abgelehnt. Nach dem ersten Training mit der Mannschaft grüßte Badstuber mit einem „Servus“, sprach von „Visionen“der Club-Verantwortlichen und einer neuen „Herausforderung“beim Aufsteiger. „Ich hatte das Gefühl, dass mich der ganze Verein wollte.“
Bis zur Länderspielpause Anfang September wird er bei den Stuttgartern aber wohl vor allem Reservist sein. Trainer Hannes Wolf will den Routinier behutsam aufbauen. Beim Pokal-Spiel in Cottbus, zum SaisonStart bei Hertha BSC und im ersten Heimspiel gegen den FSV Mainz 05 wird der Neue damit zum Anpfiff fehlen. Auf Kurzeinsätze dürfe Badstuber aber hoffen, sagte Wolf.
Badstubers Liste von Verletzungen ist immens. Zwei Kreuzbandrisse, insgesamt vier Operationen am Gelenk warfen ihn immer wieder zurück. Zudem bremsten ihn zwei schwere Verletzungen im Oberschenkel und ein Bruch des Sprunggelenks aus. „Mein Körper funktioniert gut, ich habe Vertrauen in ihn. Ich gehe in jeden Zweikampf, als ob es mein letzter wäre“, so Badstuber. „Klar ist meine Geschichte speziell.“
Am turbulenten Freitag hatte Badstuber seinen Einjahresvertrag bei den Schwaben unterschrieben. Die Gespräche hatte er außer mit Wolf auch mit Jan Schindelmeiser geführt, der beim ersten offiziellen Foto mit Badstuber schon nicht mehr Sportvorstand war. Für Badstuber kein Grund zur Aufregung: „So ist Fußball. Es ist ein Tagesgeschäft“. Schindelmeisers Nachfolger Michael Reschke kennt er dagegen bereits vom FC Bayern: „Meine Einschätzung ist, dass er sehr professionell
„Ich brauche Training, Training, Training. Es benötigt noch Zeit, bis man sich fit fühlt.“Holger Badstuber
und hart arbeitet und vom Fußball viel versteht. Ich glaube, dass er dem VfB gut tut.“
Das soll auch Badstuber langfristig der jungen VfB-Abwehr, die in der Zweitliga-Spielzeit die Schwachstelle war und die Routine aus etlichen Bundesliga-Einsätzen für den FC Bayern, aus Champions-League- und Länderspielen dringend gebrauchen kann. Kontakt zum Bundestrainer Joachim Löw habe er derzeit nicht, sagte Badstuber, fügte zum Thema Nationalmannschaft aber hinzu: „Ich schließe nie etwas aus.“
In Stuttgart will Badstuber Verantwortung übernehmen und für junge Kollegen eine Mentorenrolle einnehmen. Wenn er fit wird, könnte der Verteidiger neben Torhüter RonRobert Zieler ein Schlüsselspieler werden. Die Frage, ob sein Körper hält, wird aber wohl immer wieder mal mitschwingen. „Ich befinde mich immer noch auf dem Weg, an mein gewünschtes Potenzial heranzukommen“, sagte Badstuber. Und ergänzte: „Das geht nicht von heute auf morgen.“