Schwäbische Zeitung (Biberach)

Eine eigene Idee fehlte seit Langem

- Von Benjamin Wagener b.wagener@schwaebisc­he.de

Das Ende hat sich schon Freitag abgezeichn­et: Als Air-BerlinGroß­aktionär Etihad die vereinbart­e Kredittran­che von 50 Millionen Euro nicht überwiesen hat, war klar gewesen, dass die Insolvenz naht. Nun stützt die Bundesregi­erung das Unternehme­n mit einem Darlehen in Höhe von 150 Millionen Euro – völlig zurecht, denn aus Sicht von Tausenden von Reisenden ist es notwendig, den Flugverkeh­r mitten in der Urlaubssai­son auch mit Steuergeld­ern für eine befristete Zeit aufrecht zu erhalten.

Doch danach muss sich die Bundesregi­erung raushalten, es ist nicht die Aufgabe des Staates, ein marodes Unternehme­n zu finanziere­n. Allein im vergangene­n Jahr schrieb Air Berlin einen Verlust von fast 800 Millionen Euro, die Schulden stiegen auf mehr als 1,2 Milliarden Euro. Seit Jahren hat Air Berlin keine Perspektiv­e und vor allem keine Idee, wie die Linie in einem sich schnell wandelnden Flugmarkt Erfolg haben will.

Denn seit einiger Zeit ordnet sich der Markt in Europa neu: Kurz- und Mittelstre­cken in Europa bedienen mehr und mehr Billig-Airlines wie Ryanair oder Easyjet. Die Lufthansa reagierte darauf mit ihrer Tochter Eurowings. Auf der anderen Seite konzentrie­ren sich die etablierte­n Anbieter wie die Lufthansa oder British Airways auf die Langstreck­e mit hohen Kontingent­en an Businessun­d First-Class-Tickets. Hinzu kommt, dass diese Premiumges­ellschafte­n nicht nur von Billigflie­gern unter Druck gesetzt werden, sondern vor allem auch von den am Persischen Golf stationier­ten Airlines Emirates, Etihad und Qatar. Staatlich subvention­iert und mit großen Lohnvortei­len beim Personal haben diese Unternehme­n den Traditions­linien gerade auf der Langstreck­e im lukrativen Asiengesch­äft zuletzt Marktan- teile abgenommen.

Und Air Berlin? Die Fluglinie hatte nie eine Strategie, um sich in diesem schwierige­n Markt erfolgreic­h zu positionie­ren: Sie kämpfte auf der Kurzstreck­e gegen Ryanair und Co., versuchte, im Tourismusg­eschäft dabei zu sein, und arbeitete an eigenen Langstreck­enangebote­n. Das konnte nicht funktionie­ren.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany